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Prinzenproklamation 2020Volker Weininger liefert einen überragenden Auftritt

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Volker Weininger (1)

Volker Weininger lieferte eine überragende Rede.

Köln – „Et Schönste, wat m'r han, schon all die lange Johr, es unser Veedel“. Der Klassiker der Bläck Fööss sowie eine überragende Rede von „Sitzungspräsident“ Volker Weininger prägten die Prinzenproklamation im Gürzenich.

Die Veedels-Hymne wurde zum Auftakt von den Fööss mit dem Jugendchor St. Stephan und dem KVB-Orchester sowie den 1300 geladenen Gästen aus Karneval, Kirche, Politik und Wirtschaft, darunter die Landesminister Yvonne Gebauer, Ursula Heinen-Esser und Peter Biesenbach, FC-Präsident Werner Wolf und Kardinal Rainer Woelki, gesungen.

Prinz Christian II. in der jecken Menge im Gürzenich.

Denn mit dem 1973 auf einer Schallplatte als B-Seite veröffentlichen Titel hatten die Fööss eigentlich schon das Lied zum aktuellen Motto „Et Hätz schleiht em Veedel“ vorweggenommen.

Die Moderation: Bettina Böttinger an der Seite von Kuckelkorn

Zum zweiten Mal hat sich Kuckelkorn für die Anmoderationen eine Frau an die Seite geholt: Bettina Böttinger, gebürtige Düsseldorferin, und eine der erfahrensten Moderatorinnen des WDR. Die langjährige Wahlkölnerin („Aus der Südstadt zieh’ ich nicht mehr weg“), die die Proklamation bislang nur aus dem Fernsehen kennt, findet stets den richtigen Ton.

Bettina Böttinger moderierte mit FK-Präsident Christoph Kuckelkorn.

Da darf dann auch ein Lob für den Kölner Karneval dabei sein: „Offen, tolerant, lebensbejahend und grenzenlos beziehungsfähig.“ Man merkt, dass sie weiß, wovon sie spricht.

Die Oberbürgermeisterin: Das sagte Henriette Reker

Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker ging in ihrer erfreulich kurzen Ansprache auf das Motto ein: „Mir es et janz wichtig, dat ihr Drei dobei de Veedelskultur unger dat jecke Volk brängt. Im Veedel jon mer hätzlich miteinander öm. Mir sin uns noh, mir tredde förenander in, un bei uns heeß et ald immer: mer halde zesamme, ejal wat och passeet!!“ Dann proklamierte sie das Trifolium und überreichte die Insignien der Macht: die Pritsche an den Prinzen, die Stadtschlüssel an den Bauern und den Spiegel an die Jungfrau. Um 22.16 Uhr hatte Köln ein neues Dreigestirn.

Das Dreigestirn kommt aus Poll, Longerich und Eschweiler

Nach 35 Jahren kommt das Kölner Dreigestirn erstmals wieder aus den Reihen des Reiterkorps Jan von Werth. Christian Krath (57), Frank Breuer (48) und Ralf Schumacher (52) sind jetzt Prinz Christian II., Bauer Frank und Jungfrau Griet. Auch diese drei passen zum Motto: Der Prinz stammt aus Poll, der Bauer wohnt in Longerich und die Jungfrau kommt aus Köln-Eschweiler angereist. Letzteres lassen wir mal so eben durchgehen.

Die Gäste von der KG Jan von Werth feierten ihr Dreigestirn.

Passend dazu sang die Jungfrau dann auch kurz „Mir sin Kölsche us Kölle am Rhing“ an, während der Bauer das „Veedel“-Lied und der Prinz den „Stammbaum“ ausgewählt hatte, ehe alle drei gemeinsam sangen. Zur Melodien von „Phänomen“ von Helene Fischer hatte Breuers Lebensgefährtin Sandra Scheltenbach einen kölschen Text geschrieben: „Mir sin et Dreijesteen“.Dann griffen die Drei zum Säbel und tanzten auch noch – den schwierigen Reitertanz mit den Freunden von Jan von Werth.

Die Redner des Abends

Hier trennte sich die Spreu vom Weizen. Während Putzfrau Achnes Kasulke, die eigentlich Annette Esser heißt und vom Niederrhein stammt, zwar den ein oder anderen guten Witz brachte, der Vortrag aber eher mau ausfiel, kam Volker Weininger als „Sitzungspräsident“ in die Bütt – oder besser gesagt an den Biertisch – und brachte den Saal nicht nur zum Zuhören, sondern mit der vielleicht besten Rede seit vielen Jahren förmlich zum Toben. Er witzelte über die Garderobe der Gäste und des Präsidenten („Kuckelkorn trägt immer einen schwarzen Anzug. Da weiß man nie, kommt der von einer Beerdigung oder einer Gala-Sitzung. Aber da sind die Übergänge ja oft fließend“).

„Sitzungspräsident“ Volker Weininger bot einen überragenden Auftritt.

Auf der Suche nach einem Dreigestirn für sein Provinznest irgendwo im Bergischen schreckte er auch vor den Promis nicht zurück: „Toni Schumacher, sie wären mein idealer Prinz, sie haben doch jetzt Zeit.“ Oder doch lieber einen Kölner Ex-Prinz? „Kein Problem, wir nehmen auch B-Ware. Und beim zweiten Mal machen sie es vielleicht besser – Frau Reker kandidiert doch auch noch mal.“

Weininger, der mehr als 90 Prozent seiner Pointen eigens für diesen Abend geschrieben hat, bekam stehende Ovationen. Mit einem perfekten Vortrag ist er endgültig in der Spitzengruppe der kölschen Redner angekommen. Da hatte es anschließend Jörg P. Weber schwer. Aber der reagierte prompt, verlegte sich vom Reden auf die Musik und konnte mit seinem virtuosen Flitsch-Spiel („Kölsche Jung“)punkten.

Die Bühnendekoration

Wohl inspiriert vom Lied der Fööss, ziert die Bühnenmitte ein Kiosk, über dem mittels LED-Konstruktion in Leuchtschrift die Stadtteile wechseln. So wird aus dem „Bickendorfer Büdchen“ schnell mal eins aus Nippeser oder Mülheim. Schon auf den Treppen hinauf zu Kölns guter Stube trugen 86 Kinder der zahllosen Tanzgruppen in ihren Kostümen Ortsschilder für jedes Veedel – ein herrliches Bild.

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Die Film-Einspieler

Schon Wiederholungstäter ist Marc Metzger als Außenreporter. Er trifft etwa im Vringsveedel auf Kabarettist Wilfried Schmickler, in Nippes auf die Bürgerwehr. Für die Fernseh-Übertragung mag das funktionieren, den da kommt ja alles über den Bildschirm, aber für den Saal war das schlichtweg Kappes, auch wegen eines denkbar unlustigen Metzger – immerhin eine Möglichkeit, einmal die Toiletten aufzusuchen.

Die Musik: Bläck Fööss treten zwei Mal auf

Bei den Bläck Fööss war auch Bömmel Lückerath (links hinten) nach seinem Schlaganfall wieder dabei. Die Band hatte gleich zwei Auftritte.

Nach dem Veedels-Lied traten die Bläck Fööss, die ihr 50-jähriges Bestehen feiern, noch ein zweites Mal auf. Da begeistern sie mit ihrem aktuellen Song „Die nächste Rund“ und der Hymne „Du bes die Stadt“, bei der Prinz Christian II. den Dudelsack-Part übernahm.

Zuvor präsentierten sich neben den Paveiern („Sieben Tage lang in Amsterdam“) zwei Newcomer (Wüst: „Ich will diesem Publikum auch zeigen, was es an neuen Bands so gibt“)mit je einem Titel: Die Bands Stadtrand mit Sänger Roman Lob („Original“) und Pläsier („Ihrefeld“) . Und mit den Höhnern und Brings zum Finale kann man als Programmgestalter sowieso nichts falsch machen.