Köln – Das Beste ist rund 100 Jahre alt. Der Sänger und Büttenredner Thomas Cüpper hat sich den Traum erfüllt, Lieder von Willi Ostermann mit einem Orchester einzuspielen. So ähnlich wie auf der CD „Thomas Cüpper singt Willi Ostermann“ muss es geklungen haben, als der Großmeister selbst auf den Bühnen gestanden hat. Aus Zillas „Höhnerfarm“ wird ein Operetten-Stück, aus „Heimweh noh Kölle“ ein Salon-Orchester-Schlager und „Dröm loss mer noch jet schunkele“ als Tanzpalast-Walzer wiederentdeckt.
Doch auch unter den echten Neuerscheinungen sind kleine, feine Geschichten ohne stumpfsinniges Ballermann-Gestampfe zu entdecken: „Fott wie e Pääd“ von Kölschraum ist ein Beispiel, genau wie der „Einfache Jung“ von der Kölschfraktion.
Ob man davon viel in Kölner Sitzungssälen hören kann, ist fraglich, denn die meisten Programme werden weiterhin über anderthalb Jahre gebucht. Da dominieren die, die man blind buchen kann: Mit Bläck Fööss, Höhnern, Brings, Paveiern und Räubern riskiert man nichts – ähnlich wie mit der Bläsertruppe Querbeat, die nicht nur mit ihrer neuen Single „Stonn op un danz“ viel Spaß machen wird. Die Bläck Fööss haben ein für den Karneval ungewohnt kritisches Liedchen gemacht. „Keine Minsch, dä es perfekt“ ist klasse. Die neuen Nummern der Höhner sind die gelungenen Duette mit Stefan Raab („Ävver et Hätz bliev he en Kölle“ , „Schenk noch jet in“). Wenn die Höhner sie ohne den Fernsehstar präsentieren, fehlt jedoch der letzte Kick.
Brings singt den „Arsch huh“-Song „Stell die Stadt op d’r Kopp“ und geht mit dem rockigen Schlager „Die Nacht ist nicht zum Schlafen da“ auf Nummer sicher. Nicht ohne Anspruch präsentieren sich in diesem Jahr die Räuber, die textlich mehr zu bieten haben, als ihr Albumtitel „Kölle Alaaf you“ vermuten lässt. Ganz in der Tradition echter Volksmusik schlagen sie sich bei „Immer nur op die Kleine“ auf die Seite der einfachen Leute, und mit „Tolerant“ – hier wird ein verstorbener holländischer Liedermacher gecovert – ist Karl-Heinz Brand feine Ironie gelungen. Auch die Paveier haben ein neues Album gemacht und gehen gleich mit zwei starken Schlagern über das Leben und die Liebe an den Start („Saach niemols nie“, „Wenn du wills“).
Die vielleicht eindrucksvollste Neuerscheinung der Session kommt von Cat Ballou, die mit einer Hymne für den Kneipenkarneval zum Endlosweitersingen („Et jitt kei Wood“) ebenso wie die Senkrechtstarter Kasalla („Immer noch do“) als Favoriten auf den Sieg bei Loss mer singe gehandelt werden. Cat Ballou zeigt, dass eine Köln-Hymne auch mit Humor, nicht zu viel Pathos und mit frischer Popmusik überzeugen kann.
Gegenbeispiele gibt es auch in dieser Session wieder viele. So dürfte „Meine Liebe, meine Stadt und mein Verein“ von den Domstürmern in den Sälen trotz oder gerade wegen des fast peinlichen Textes zünden („Kölle, du verstehst mich. Et ess schön, dat et dich jitt.“). Da kommen die Klüngelköpp mit einem neu interpretierten, fünf Jahre alten Lied der Rheinrebellen („Wä einmol Kölle sing Heimat nennt“) deutlich charmanter durch die Heimattümelei. Wicky Junggeburth, ewiger Streiter für kölsche Tön im Fastelovend, hat einem über dreißig Jahre alten Marsch von Josef Dahmen neue Strophen verpasst und singt nun gegen die Krisenstimmung an: „Wer weiß, wie lang m’r dat noch künne.“
Ansonsten gibt’s viel Samba- Klänge zum Festkomiteemotto – von Marie-Luise Nikuta bis zum Dreigestirn wird „Samba em Bloot“ besungen. Manchmal tanzen Schönheiten von Show-Tanzgruppen dazu. Original-Samba-Klänge haben es trotz des Festkomitee-Mottos schwer. Die zahlreichen kölsch-brasilianischen Musik- und Tanzgruppen der Stadt haben vergeblich auf Buchungen gewartet.