Karte downloadenStadtmuseum erinnert an zehn Stationen an die Nachkriegsjahre in Köln
Köln – Ein Foto und ein kurzer Text – mehr passt nicht auf die kleinen Plakate, die das „Kölnische Stadtmuseum“ kürzlich in der Innenstadt aufgehängt hat. Doch dahinter stehen große Geschichten, Schicksale, Untergänge und aufkeimende Hoffnungen.
Die Bilder zeigen Menschenmassen auf Trümmerhaufen, kriegsversehrte Jünglinge auf dem Schwarzmarkt und provisorische Rheinbrücken – den ganzen Irrsinn der unmittelbaren Nachkriegszeit eben. Schätzungsweise 1,5 Millionen Bomben hatten die Stadt in Schutt und Asche gelegt, zuletzt hausten nur noch 40.000 Menschen in den Trümmern. Mittendrin der Dom, der nur auf den ersten Blick unbeschädigt blieb.
Kölner Museum setzt auf digitales Ersatzprogramm
„Wir bekommen viel persönliches Feedback“, sagt Yvonne Katzy vom Kölnischen Stadtmuseum über die Ausstellung „Köln 1945. Alltag in Trümmern“, zu der die Plakate gehören: „Viele Leute erzählen, wie sie wieder nach Köln zurückgekommen sind und wie sie Köln erstmals zerstört erlebt haben.“ Doch das alles passiert derzeit nur auf digitalen Kanälen: Wegen der Corona-Pandemie können die Exponate seit November nicht gezeigt werden.
Einen Eindruck von den historischen Bildern und Objekten vermitteln derzeit nur kurze Videos auf der Internetseite des Museums, die Kuratorin Katzy und Museumsdirektor Mario Kramp beim Rundgang durch das Zeughaus und der Alten Wache daneben zeigen. Eines der Highlights der Ausstellung ist ein fünfmal fünf Meter großes Modell der zerstörten Innenstadt, das für den schwedischen Kinofilm „Über die Unendlichkeit“ gefertigt wurde.
Rundgang aus zehn Stationen
Zusätzlich zum digitalen Ersatzprogramm will das Museum das emotionale Thema auf die Kölner Straßen tragen, dorthin, wo sich die Dramen des Zweiten Weltkriegs und der folgenden Jahre tatsächlich abgespielt haben. Die Plakate markieren einen Rundgang aus zehn Stationen, an denen sich zwischen 1945 und 1948 Wichtiges ereignete und wo der Krieg bis heute Spuren hinterlassen hat. In der Altstadt gehört der Notausstieg eines privaten Luftschutzraums dazu, am Kaiser-Wilhelm-Ring das Gebäude der Allianz-Versicherung, das die Kölner Besatzer in das erste Rathaus nach dem Krieg verwandelten.
Hier die Karte für den Rundgang durch Köln downloaden:
Am Rheinufer hängen gleich mehrere Plakate. Eines erinnert an die erste Behelfsbrücke, die die Amerikaner im Mai 1945 errichteten, weil alle anderen Brücken in Trümmern lagen. In den ersten Monaten kehrten rund 2000 Kölner pro Tag in ihre Heimatstadt zurück, viele überquerten den Rhein über die Holzkonstruktion, nachdem sie zuvor in Deutz entlaust wurden. „Es gab nicht genug zu essen, nicht genug Wohnraum. Weil viele Häuser zerstört waren, konnten sich die Heimkehrer oft nicht orientieren“, sagt Yvonne Katzy.
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Ein paar Meter daneben erinnert ein Plakat an den Schwarzmarkt der Frankenwerft, wo der illegale Handel blühte. In der Ausstellung wäre zu diesem Thema das Haushaltsbuch von Willi Rees zu bestaunen gewesen, in dem er von 1945 bis 1947 seine gesamten Schwarzmarktgeschäfte vermerkte. An der Frankenwerft erwarb er zum Beispiel Möbel für seine Eltern und einen Verlobungsring für seine Freundin, dafür zahlte er mit geschmuggelten Zigaretten aus Frankreich. „Das ist ein einzigartiges Objekt“, schwärmt Yvonne Katzy über die Aufzeichnungen aus der Schattenwirtschaft.
Mahnmal für Homosexuelle Opfer der Nationalsozialisten
Neben der Hohenzollernbrücke verweist ein Plakat auf das Mahnmal, das dort 1995 für die homosexuellen Opfer der Nationalsozialisten errichtet wurde. „Unzählige Homosexuelle wurden verurteilt durch die NS-Justiz und auch deportiert“, erläutert Yvonne Katzy. Genaue Opferzahlen seien jedoch schwer zu recherchieren, viele Dokumente seien vernichtet worden.Am Dom führt der Stadtspaziergang zurück in das Jahr 1948, als die Kölner 700 Jahre zurückliegende Grundsteinlegung der Kathedrale feierten.
Die große Schreinsprozession verfolgten die Menschen auf den Trümmern, die noch immer die Stadt dominierten. Doch es ist auch der Auftakt für einen Neuanfang. Unterm Strich habe die Kölner Nachkriegszeit viele schöne und erschreckende Geschichten zu bieten, sagt Historikerin Katzy: „Das ist ein Thema, an das sich viele Leute erinnern.“ Die Ausstellung sei mittlerweile bis zum 18. April verlängert worden. Sollte eine Öffnung der Museen in noch weitere Ferne rücken, sei eine weitere Verlängerung denkbar.