Köln – Leer und kalt steht das Zeughaus da, geschlossen sind die Türen des Kölnischen Stadtmuseums. Der Kölsche Boor und der Ford Taunus 17 m, Jahrzehnte lang bestaunte Objekte der Dauerausstellung, lagern längst im Depot. Eingehaust in Stellwände wartet im Erdgeschoss allein ein Stadtmodell auf Besucher: das ruinierte Köln zu Kriegsende – eine Stadt auf Abbruch, eine Stadt im Aufbruch. Damals lag auch das Zeughaus in Trümmern, ausgebrannt, allein die Außenmauern standen noch. Ein Gebäude ohne Kern – so könnte es bald wieder kommen.
Köln 1945. Alltag in Trümmern
Der Corona-Lockdown traf das Museum eine Woche vor Eröffnung der Sonderausstellung „Köln 1945. Alltag in Trümmern“. Ursprünglich sollte sie am 14. Februar enden – also einen Tag vor der erhofften Wiedereröffnung der Kölner Museen. Wäre es so gekommen, die fertig aufgebaute Ausstellung hätte nie ein Besucher gesehen.
Nun ist sie bis 18. April verlängert. Zur Überbrückung ist sie schon mal im Netz zu sehen. In 15 Kurzfilmen erzählen Museumsdirektor Mario Kramp und Kuratorin Yvonne Katzy vom Leben der Kölner in der ruinierten Stadt. Nach dem 18. April soll „Karneval auf Abstand“ folgen, die letzte Sonderausstellung im alten Haus.
Im Herbst wird das Museum von der Zeughausstraße über die Nordsüdfahrt ins Haus Sauer in der Minoritenstraße ziehen und damit näher an die Besucherströme der Altstadt. Den Abschied vom Zeughaus „und die damit verbundene Wende in der Geschichte des Museums will die Stadt gemeinsam mit den Kölnern feiern“, kündigt die Stadtverwaltung an. Es wird eine Feier mit gemischten Gefühlen werden.
Haus Sauer fordert digitale Präsentationsformen
Im Haus Sauer gibt es keine Räume für Sonderausstellungen. Da das Stadtmuseum bis zur Eröffnung der „Historischen Mitte“ voraussichtlich 2028 im Interim bleiben wird – falls der Stadtrat den Bau beschließen sollte –, müssen Direktoren und Kuratoren deshalb über andere Präsentations- und Vermittlungsformen nachdenken. Turadj Zarinfar, Vorsitzender des Vereins der Freunde des Kölnischen Stadtmuseums, spricht von einem Paradigmenwechsel durch Digitalisierung.
„Denkbar sind mehr Internetangebote, aber auch die Präsenz des Museums in Schulen und Bildungseinrichtungen. Die Dauerausstellung sollte immer wieder ausgetauscht werden. Sonderausstellungen könnten auch in anderen Museen und Kultureinrichtungen unterkommen.“ In jedem Falle müsse das Museum zukünftig hinaus in die Stadt, ob digital oder mit eigenen museumspädagogischen Angeboten in den Stadtteilen.
Zukunft des Zeughauses ungewiss
Und was wird aus dem Zeughaus? „Das wüsste ich auch gerne“, sagt Zarinfar. Ihm sei von der Stadt erklärt worden, es gäbe zur Zeit schlicht keine personellen Kapazitäten, die Zukunft des Hauses voranzutreiben. Im Juni 2017 machte ein Wasserschaden das älteste Backsteingebäude Kölns unbewohnbar.
Arbeiter fanden Asbest in den Wänden. Für die Sanierung wurden 2018 rund 93 Millionen Euro veranschlagt. Die Stadtverwaltung prüfe derzeit verschiedene Nachnutzungen, heißt es: „Eine Kostenschätzung vorzunehmen für eine Sanierung für eine mögliche Nachnutzung, dies ist leider nicht möglich.“
Zollhaus könnte entkernt werden
Bei einer Podiumsdiskussion im Zeughaus nannte Baudezernent Markus Greitemann 2019 verschiedene Optionen, unter anderem die kulturelle Nutzung oder ein Public-private Partnership. Platz wäre für mehrere Mieter, insbesondere für Kultureinrichtungen.
Das Haus verfügt über zwei Eingänge und mit der Alten Wache über einen attraktiven Ausstellungsraum. Es könnte zum Beispiel dem Festkomitee und dem Karnevalsmuseum einen zentralen Ort bieten. Die Frage ist, ob das Gebäude sogar komplett entkernt und für eine neue Nutzung neu entworfen werden muss.
2000 Jahre Stadtgeschichte unter dem Dom
Zurzeit ist das Kölnische Stadtmuseum auf dem Roncalliplatz präsent – mit einer Tafelausstellung auf dem Bauzaun vor dem Dom-Hotel. Eine Zeitreise durch die bewegte Geschichte des Platzes, an dem das Museum selbst im Jahr 2028 präsent sein soll: im Museumsensemble „Historische Mitte“.
Der Neubau, den Stadt und Domkirche dort gemeinsam errichten und nutzen wollen, soll neben Römisch-Germanischem Museum und Dom 2000 Jahre Stadtgeschichte und 1700 Jahre Bistumsgeschichte erlebbar machen.
Neubau trotz Steuerausfällen?
Aber wird es dazu kommen? Im nächsten Jahr soll die von Kirche und Stadt gemeinsam gegründete GbR dem Stadtrat die Vorlage für den Baubeschluss liefern. Die Gesamtkosten sind auf 144 Millionen Euro kalkuliert, der städtische Anteil auf 116 Millionen.
Bislang gehen die GbR-Gesellschafter davon aus, dass der Stadtrat für den Bau stimmt – obwohl die Corona-bedingten Steuerausfälle und die wegfallenden Landeszuweisen bis 2024 der Stadt möglicherweise ein Minus von 1,25 Milliarden Euro bescheren.
Rückkehr ins Zeughaus ausgeschlossen
Da eine Rückkehr des Stadtmuseums ins Zeughaus ausgeschlossen wird, braucht es in jedem Falle einen Neubau. Je länger der ausbleibt, desto teurer wird es. Über die Miethöhe im Haus Sauer will sich das Presseamt nicht äußern. „Zu vertraulichen Vertragsinhalten äußert sich die Stadtverwaltung grundsätzlich nicht.“ Gutinformierte wollen wissen, dass die Stadt für die Immobilie eines Düsseldorfer Konsortiums rund 600.000 Euro im Jahr zahlt – dazu kommen Umzugs- und Umbaukosten. Bis 2028 kommt also einiges zusammen. „Diverse Kosten der Herrichtungsmaßnahmen gehen zu Lasten des Eigentümers“, heißt es.
Bleibt die Frage, was geschieht, wenn die Stadt kein Geld für einen Neubau in der Historischen Mitte hat. Wird das Stadtmuseum dann, so sagte es einmal der ehemalige stellvertretende Museumsdirektor Michael Euler-Schmidt, im Haus Sauer "versauern"?