„Unerträglich“Kirche schließt Kölner Kita – Wie es für Kinder und Erzieher weitergeht
Köln-Zollstock – Die Stimmung bei den Familien und Mitarbeitenden der evangelischen Kita in Zollstock ist schlecht. Die vergangenen zwei Monate waren extrem belastend, wie einige der Beteiligten im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ schildern: „Wir sind mit den Nerven durch“, sagt ein Erzieher. „Die Situation für uns Familien war unerträglich“, berichtet eine Mutter. Im Mai hatte die evangelische Kirchengemeinde Zollstock überraschend angekündigt, ihre Kindertagesstätte im Sommer 2023 aus finanziellen Gründen zu schließen.
Die Empörung bei betroffenen Familien, aber auch vielen anderen Menschen in Zollstock war riesig. Die Einrichtung, die seit 1954 existiert, gilt als besonders familiär und ist fester Bestandteil des Gemeindelebens und des Stadtteils. Kritisiert wurde vor allem die Kommunikation der Gemeindeleitung, die Eltern und Mitarbeitende vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Viele fühlten sich getäuscht, da noch kurz zuvor Verträge mit Eltern abgeschlossen worden waren, deren Kinder ab Sommer neu in die Kita kommen sollten.
Zollstocker Kita nur noch im Notbetrieb
Doch sämtliche Proteste, Unterschriftenaktionen und Versuche, das Aus für die Einrichtung abzuwenden, haben nichts gebracht. Die Befürchtung der Eltern, der Betrieb der Kita könne schon deutlich früher enden, bewahrheitete sich. Mitarbeitende haben nach der Bekanntgabe der Schließung gekündigt, daher befindet diese sich fast durchgehend im Not- oder Wechselbetrieb: An einem Tag konnten die Kinder der einen Gruppe, am nächsten die der anderen Gruppe kommen. Mitunter konnten wegen Personalmangel nur die Hälfte der insgesamt 40 Kinder betreut werden, häufig galten deutlich verkürzte Öffnungszeiten.
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„Ich hoffe, dass nach den Sommerferien etwas Ruhe einkehrt“, sagt eine Mutter, die sich bereits seit 2016 im Elternrat engagiert. Die Stadt teilt dazu auf Anfrage mit: „Es ist sichergestellt, dass für alle betroffenen Kinder ein reibungsloser Wechsel in eine städtische Kita oder eine Kita in freier Trägerschaft gewährleistet wird.“ Die Eltern konnten ihr Kind entweder ab August für einen der freien Plätze in einer anderen Kita in Zollstock und Umgebung anmelden oder ihr Kind bleibt vorerst in der evangelischen Kita oder es wechselt in eine neue Kita der Arbeiterwohlfahrt (Awo), die voraussichtlich gegen Ende des Jahres öffnet. Nach Aussage einer Stadtsprecherin werde diese Awo-Kita 40 Plätze haben.
Kinder müssen in andere Kitas wechseln
22 Kinder werden in die Awo-Kita wechseln. „Für uns ist das die beste Lösung in dieser Situation“, sagt die Mutter einer Vierjährigen. Doch letztlich fehlten diese Plätze dann anderen Kindern. Viele Eltern täten sich immer noch schwer damit, vor vollendete Tatsachen gestellt worden zu sein. „Wir haben das Gefühl, dass wir nichts ausrichten konnten,“ sagt die Mutter. Es sei weiterhin schwer nachzuvollziehen, „dass ein so wichtiger Bereich des Gemeindelebens einfach geschlossen wird“. Einerseits begründe die evangelische Kirche die Schließung finanziell, gleichzeitig investiert sie 44 Millionen Euro für den Neubau des „Campus Kartause“ in der Südstadt.
In der Mitarbeiterschaft ist die Stimmung gespalten. Mindestens zwei Fachkräfte werden ebenfalls zur neuen Awo-Kita wechseln, andere wollen das „auf keinen Fall“. Sie arbeiten seit mehr als 20 Jahren in der evangelischen Kita, teilweise noch länger in kirchlicher Anstellung. „Am Ende des Berufslebens möchte ich nicht noch mal bei einem anderen Träger neu anfangen“, sagt eine Person, die aus Sorge vor Konsequenzen anonym bleiben möchte. „Die Situation ist sehr unbefriedigend, die Entwicklung noch sehr ungewiss“, heißt es. In einer Stellungnahme hatte die Kirche allen Mitarbeitenden eine Perspektive zu „gleichen Tarifgrundlagen“ zugesichert. Doch nicht alle wollen das glauben – zu viel Vertrauen ist offenbar zerstört. „Es ist bitter, dass die Kirche einfach damit durchkommt.“