Höchsttemperaturen zu Jahresbeginn, Hitzewellen zum Sommerstart – und ganz viel Regen. Wir haben analysiert, wie das Jahr 2023 in puncto Klima zu bewerten ist.
Klima- und WetterbilanzZu warm und zu nass – Klimawandel zeigt sich 2023 in Köln deutlich
Frühlingshafte Temperaturen zu Jahresbeginn, ein mildes, aber nasses Frühjahr, Hitzewellen im Juni und Juli – und danach gefühlt nur noch Regen: Wir wollen einen Blick zurückzuwerfen auf die vergangenen zwölf Monate und eine Klimabilanz ziehen für Köln und die Region – und den Rest der Welt.
Bevor wir nun ins Detail gehen, lässt sich bereits an dieser Stelle sagen: Das Jahr 2023 war zu warm und zu nass. Daran ist jedoch nicht nur der Klimawandel Schuld, sondern auch ein besonderes natürliches Phänomen.
Jahresbeginn in Köln: Temperaturen von fast 18 Grad Celsius an Neujahr
Doch fangen wir von vorne an: „Der Winter 2022/2023 war 2,7 Grad zu warm und damit der zwölfte zu warme Winter in Folge“, heißt es in einer Auswertung des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Besonders aufgefallen ist das zum Jahreswechsel: Die Rekordtemperaturen in Köln erreichten in der Spitze fast 18 Grad Celsius – 13,5 Grad mehr als der langjährige Mittelwert der offiziellen Referenzperiode 1961 bis 1990.
Hinzu kam: jede Menge Regen. Nordrhein-Westfalen war im Winter 2022/23 die nasseste Region. In Köln fielen im Januar fast 74 Liter pro Quadratmeter – rund 20 Prozent mehr als im Schnitt der Vergleichsperiode 1961 bis 1990.
Nass ging es auch im Frühling weiter: „So brachte der März 2023 so viel Niederschlag wie seit 2001 nicht mehr. Und auch der April war in diesem Jahr so verregnet wie zuletzt vor 15 Jahren“, resümiert der DWD. Mit einer mittleren Temperatur von 8,7 Grad Celsius waren die Frühlingsmonate nach NRW-Auswertung zudem 1,0 Grad Celsius wärmer als die international gültige Referenzperiode.
Sommerwetter in Köln: Erst zu nass, dann zu regnerisch
Während es im Frühjahr zeitgleich zu warm und zu nass war, zeigte sich der Sommer 2023 in Köln zweigeteilt: Erst war es deutlich zu warm – so wie übrigens jeder Sommer in Deutschland seit 27 Jahren – dann deutlich zu nass. „Wieder können wir den Klimawandel live erleben,“ kommentierte Uwe Kirsche, Pressesprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD), die Sommerbilanz.
Warm und nass ging es dann auch im Herbst weiter: Der Herbst 2023 ist nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Deutschland der zweitwärmste seit Messbeginn 1881. Die größtenteils zu milde Herbstwitterung 2023, angeführt vom wärmsten September und viertwärmsten Oktober, ließ das Temperaturmittel in NRW auf 12,4 Grad Celsius steigen – der Referenzwert liegt bei 9,4 Grad Celsius. Der Niederschlag summierte in den drei Monaten auf ungewöhnlich nasse 325 Liter je Quadratmeter – ein Plus von rund 56 Prozent im Vergleich zur Referenzperiode.
Für Köln steht bereits jetzt so gut wie fest, dass sich das Jahr 2023 damit in die Top 10 der nassesten Jahre seit 1958 einreihen dürfte.
2023 wird das wärmste Jahr seit Beginn der Messungen
Was auch feststeht: dass 2023 das wärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Messungen im Jahr 1881 werden dürfte. Bis Ende November lag die Durchschnittstemperatur in Deutschland bei 11,2 Grad Celsius. Zum Vergleich: Mit einer Jahresmitteltemperatur von 10,5 Grad Celsius war 2022 gemeinsam mit 2018 bislang das wärmste Jahr in Deutschland seit 1881.
Eine Entwicklung, die sich nicht nur in Deutschland, sondern auch global zeigt: 2023 wird weltweit nach Einschätzung des EU-Klimawandeldienstes Copernicus das wärmste je gemessene Jahr und gleichzeitig das erste, in dem die weltweite Durchschnittstemperatur eines Tages mehr als zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau lag. Der EU-Klimawandeldienst Copernicus verkündete vor wenigen Wochen, dass die Temperatur am 17. November nach vorläufigen Daten den Durchschnitt des Zeitraums von 1850 bis 1900 für diesen Tag um 2,06 Grad übertroffen habe.
Der EU-Klimawandeldienst betont aber zeitgleich: „Es ist wichtig klarzustellen, dass dies keinen Verstoß gegen das Pariser Abkommen darstellt, sondern unsere Nähe zu den international vereinbarten Grenzwerten unterstreicht.“
Auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris war vereinbart worden, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf unter zwei Grad zu begrenzen, möglichst sogar auf 1,5 Grad. Dabei geht es allerdings explizit nicht um einzelne Tage, Monate oder Jahre, sondern um längerfristige Werte. Eine Überschreitungen wie diese sei wegen der Erderwärmung zu erwarten gewesen, erklärte Copernicus-Direktor Carlo Buontempo. Zeitgleich warnte er jedoch: „Globale Temperaturrekorde werden in alarmierender Regelmäßigkeit gebrochen.“
Ein Temperaturrekord wird wohl auch in Köln in diesem Jahr gebrochen werden, wie vorläufige Daten zeigen: Das Jahr 2023 dürfte das wärmste seit Beginn der Messungen am Flughafen Köln/Bonn im Jahr 1958 werden. Die jährliche Durchschnittstemperatur wird voraussichtlich mehr als 1,5 Grad über dem langjährigen Vergleichswert liegen.
Dass in diesem Jahr besonders viele Temperaturrekorde geknackt wurde, bestätigt auch Guido Halbig, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst. „Die globale Erwärmung in diesem Jahr war ungewöhnlich hoch“, sagt er. Daran ist jedoch nicht nur der menschengemacht Klimawandel Schuld – sondern auch ein natürliches Phänomen: El Niño.
Wie die Jahreszeiten ist El Niño ein normales Phänomen im Klimageschehen. Es tritt etwa alle zwei bis sieben Jahre auf und dauert im Schnitt etwa zwölf Monate. In dieser Zeit bildet sich im Ostpazifik eine Wärmeanomalie, die das globale Klima beeinflusst.
Was war der Grund für den vielen Regen in Köln?
„Ob El Niño durch den Klimawandel verstärkt wird oder nicht, kann man nicht genau sagen“, sagt DWD-Experte Halbig. Zudem sei nicht ganz klar, wie stark der El-Niño-Effekt das Klima in Deutschland beeinflusst habe. „Das, was wir dieses Jahr gesehen haben, kann man keinem bestimmten Phänomen zuordnen“, erklärt Guido Halbig und ergänzt: „Dass es in diesem Jahr so feucht war, wurde aber durch den Jetstream (ein Starkwind, der rund um den Globus von Westen nach Osten weht und sich auf das Wetter in Europa auswirkt, Anm. d. Red.) beeinflusst, der wiederum durch den Klimawandel verändert wird.“
Dass der Klimawandel, der sonst für Dürren und Waldbrände verantwortlich gemacht wird, zeitgleich an mehr Regen Schuld sein soll, mag auf den ersten Blick verwundern. Was widersprüchlich klingt, lässt sich physikalisch erklären – mit dem sogenannten Clausius-Clapeyron-Gesetz. Dieses besagt, dass die Atmosphäre pro ein Grad Celsius Temperaturerhöhung etwa sieben Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Langfristig führt diese zusätzliche Feuchte zu höheren Niederschlagsmengen, insbesondere bei Starkregen.
Halbig betont: „Dieses Phänomen gilt auf globaler Ebene, das kann man nicht auf eine lokale Ebene runterbrechen.“ Der viele Regen in Köln lässt sich also nicht eins zu eins mit dem Klimawandel belegen, die Tendenz ist jedoch klar: „Langfristig erwarten wir, dass die Niederschlagsmenge im Jahreverlauf zwar konstant bleibt“, sagt Halbig. Allerdings sei damit zu rechnen, dass es künftig im Sommer weniger Niederschlag gebe, dafür sonst umso stärkere Regengüsse.