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„Klimawende Köln“Initiative will trotz hoher Kosten kompletten Umstieg auf Ökostrom

Lesezeit 4 Minuten

Klimaforscher Niklas Höhne beim Start des Bürgerbegehrens am Alter Markt.

  1. Die Initiative „Klimawende Köln“ fordert, dass die Rhein-Energie bis 2030 ihren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie produzieren soll.
  2. „Wir müssen komplett aus Kohl, Gas und Öl aussteigen“, sagt Niklas Höhne, Professor an der Universität Wageningen und Leiter des New-Climate Institute. „Die Rhein-Energie wäre nicht das erste Stadtwerk, das auf erneuerbare Energien umsteigt“.
  3. Das wäre eine klimapolitische Revolution, die laut Stadt und Rhein-Energie aber teuer werden könnte.

Köln – Die Kölner Energiewende könnte auf dem Alter Markt beginnen. Hier haben Mitglieder der Initiative Klimawende Köln am Samstag vier Solarpanels und eine Palette mit einer Tonne Steinkohle aufgebaut. „Diese vier Solarpanels erzeugen so viel Strom wie die Steinkohle“, erläutert Markus Steinkötter von Klimawende Köln. „Beide können einen Haushalt versorgen, aber Solarenergie ist viel sauberer und billiger.“ Kollege Tim Petzoldt ergänzt: „Wenn wir in der Stromversorgung nicht die Wende schaffen, fliegt uns das Klima um die Ohren.“ Die Forderung der Initiative: Die Rhein-Energie muss bis 2030 ihren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie produzieren und handeln.

Niklas Höhne, Professor an der Universität Wageningen in den Niederlanden und Leiter des New-Climate Institute, warnte auf der Bühne ebenfalls vor den Folgen des Klimawandels. Erreiche die Internationale Gemeinschaft nicht die Ziele des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius bis Ende des Jahrhunderts zu begrenzen, drohten deutliche Konsequenzen – unter anderem Hitzewellen und Dürren. „Wir müssen komplett aus Kohl, Gas und Öl aussteigen“, sagt Höhne. Der Stromsektor habe eine zentrale Bedeutung bei der Energiewende, Deutschland müsse Vorreiter sein. „Die Rhein-Energie wäre nicht das erste Stadtwerk, das auf erneuerbare Energien umsteigt“, so Höhne.

25 000 Unterschriften müssen gesammelt werden

Damit das gelingt, startete Klimawende Köln am Samstag mit der Auftaktveranstaltung auf dem Alter Markt ein Bürgerbegehren. 25 000 Unterschriften muss das Bündnis in Köln sammeln, damit sich der Rat mit dem Thema beschäftigt. Die Bürger auf dem Alter Markt sind unterschiedlicher Meinung. „Auf jeden Fall sollten wir jetzt auf Ökostrom umstellen“, sagt Rentnerin Ursel Cremer (80). Dafür wäre sie auch bereit, mehr Geld zu bezahlen. „Die Stadt hat bei der Klimawende lange geschlafen“, sagt Softwareentwickler Jens Schulze (47). Ein anderer Passant, der nicht genannt werden will, fragt sich dagegen, ob man eine Millionenstadt wie Köln tatsächlich ausschließlich mit Wind- und Sonnenenergie versorgen könnte.

Es wäre eine klimapolitische Revolution, die laut Stadt und Rhein-Energie aber teuer werden könnte. Ein Ausstieg würde nach ihren Berechnungen ab 2030 insgesamt 236 Millionen Euro pro Jahr (Szenario 1) kosten. Defizite würden durch die teure Beschaffung von Ökostrom (95 Millionen Euro) und den Ausstieg aus den mit Erdgas betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) entstehen (104 Millionen Euro). In einem zweiten Szenario („Grüngas“) geht die Rhein-Energie von Kosten in Höhe von 579 Millionen Euro pro Jahr aus.

Ein Ausstieg würde nach den Berechnungen der Rhein-Energie ab 2030 insgesamt 236 Millionen Euro pro Jahr kosten.

Dass die beiden Schätzungen so weit auseinanderliegen, hat vor allem mit der Wärmeproduktion zu tun, sagt Rhein-Energie-Sprecher Frank Bender. Diese sei mit der Produktion von Strom in den KWK-Anlagen der Rhein-Energie untrennbar verbunden. Sein Unternehmen könne nun auf verschiedene Weisen auf das Problem reagieren. Entweder lege man die KWK-Anlagen still und produziere Wärme über Heizkessel. Diese würden aber mit Erdgas gespeist und verfügten über eine niedrige Effizienz. Unter dem Strich würde möglicherweise kein klimaschädliches CO2 eingespart. Andererseits könnte die Rhein-Energie auf alternative, aber teure Brennstoffe (Grüngas, Szenario 2) für ihre KWK-Anlagen ausweichen. Das Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt, Energie, die die Rhein-Energie bei der Studie betreut hat, bringt noch eine dritte Variante ins Spiel. Die Rhein-Energie könnte die Versorgung mit Wärme einfach aufgeben – und somit viele Millionen Euro einsparen.

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Das Thema ist auch an anderen Stellen komplex, was Unsicherheiten in die Berechnung bringt. So müssen Firmen, die CO2 verursachen, entsprechende Zertifikate kaufen, um die Umweltbelastung auszugleichen – derzeit 25 Euro pro Tonne CO2 . Während die Rhein-Energie einen Preis von 31 Euro für 2030 annimmt, geht das Wuppertal-Institut von 89 Euro aus. Bei einem höheren Preis wäre es aber deutlich attraktiver, auf erneuerbare Energien zu setzen. Im Dissens liegen die Rhein-Energie und das Institut bei der Frage, wie sich die Preise für Windenergie bis 2030 entwickeln – daran hängen Kosten von 57 Millionen Euro. Unklar ist auch, ob ein Steinkohle-Kraftwerk in Rostock, an dem die Rhein-Energie zu 49 Prozent beteiligt ist, 2030 stillgelegt ist oder nicht. Falls ja, müsste das Unternehmen Einnahmeausfälle von 37 Millionen Euro pro Jahr verkraften.