Wegen psychischer ErkrankungKölner zwingt Mutter zu sexuellen Handlungen – Freispruch
Köln – Als freier Mann verlässt Adnan S. (39, Name geändert) das Gerichtsgebäude, nachdem das Gericht ihn freigesprochen und den Unterbringungsbefehl aufgehoben hat. In den Händen ein Karton mit Habseligkeiten, die sich in den vergangenen Monaten während seiner zwangsweisen Unterbringung in der Psychiatrie angesammelt haben. Er nimmt ein Taxi, das ihn in seine Wohnung bringt, die er seit zehn Jahren allein bewohnt.
Nach Überzeugung des Gerichts hatte Adnan S. im September 2018 seine Mutter in ihrer Wohnung im Zustand der Schuldunfähigkeit zum Oralsex gezwungen und anschließend drei Stunden nicht aus ihrer Wohnung gelassen. Bei der Tat habe S. „unter einer verzerrten Wahrnehmung und Realitätsverlust gestanden“, heißt es in der Urteilsbegründung.
Köln: Schwere sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung
Schwere sexuelle Nötigung und Freiheitsberaubung nahm die Kammer an, verzichtete gleichwohl auf eine Bestrafung, wie es zuvor schon die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer gefordert hatte. Auch sie hatte eine Schuldunfähigkeit mangels Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit bei dem Beschuldigten angenommen – so wie es Ärzte und Gutachter bescheinigt hatten.
Denn Adnan S. ist so schwer psychisch krank, dass er strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Bereits vor 15 Jahren wurde bei ihm eine paranoide Schizophrenie festgestellt, seitdem war er mehrfach wegen Selbstgefährdung zwangsweise untergebracht worden. Beispielsweise, als er fast nackt auf der Mülheimer Brücke stand, um ins Wasser zu springen und von der Feuerwehr sofort in eine Klinik gebracht wurde.
Kölner wurde immer wieder in Psychiatrie untergebracht
Immer wieder wurde Adnan S. zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht, aber kaum war er draußen, setzte er die Medikamente, die ihm zwar halfen, den Alltag allein zu bewältigen, aber nachweislich als Nebenwirkung zur Gewichtszunahme führten, ab: „Er fürchtete die Fettleibigkeit“.
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Die entscheidenden Fragen für das Gericht lauteten daher: Wie gefährlich ist der Mann? Sind weitere schwerwiegende Straftaten von ihm zu erwarten, so dass er zum Schutz der Allgemeinheit weggesperrt werden muss? Für eine Einweisung spreche – so die Kammer – die „brüchige Krankheitseinsicht“, denn es gehöre zu den „typischen Wesenszügen der Schizophrenie“, nicht wirklich davon überzeugt zu sein, dass man krank sei.
Prozess in Köln: Familie distanziert sich von Angeklagtem
Auch sei wenig wahrscheinlich, dass S. weiterhin seine Medikamente nehme, das habe die Erfahrung gezeigt. Weiterer Minuspunkt: S. verfüge über keine sozialen Kontakte, „keine Freundin, keine Bekannten“, auch die Familie habe sich von ihm distanziert.
Andererseits sei auffällig, dass er trotz der langjährigen Erkrankung „mehr oder weniger unauffällig durchs Leben gegangen sei“. Er ist nicht vorbestraft, es gab nie irgendwelche Polizeieinsätze in seiner näheren Umgebung. Auch hatten Ärzte wie Betreuer ihn als „sanften, ruhigen, nicht aggressiven Menschen“ beschrieben, der nicht durch sexualisiertes Verhalten auffiel, sondern durch Wahnvorstellungen. „Eine besondere Begründung, warum die Allgemeinheit durch ihn gefährdet sein soll, sehen wir nicht“, sagte der Richter, appellierte aber an S., die Medikamente zu nehmen, denn: „Wenn noch mal was passiert, bleiben Sie drin“.