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Serie „Schule in Not“Akute Einsturzgefahr am Berufskolleg in Nippes

Lesezeit 4 Minuten

Wegen Einsturzgefahr gesperrt: ein Nebengebäude des Barbara-von-Sell-Berufskollegs

Köln – Parkgebäude heißt der Bau unter Schülern und Lehrern. Oder auch Rimowa-Koffer, wegen der alufarbenen, gewellten Außenhaut. Das klingt beinah edel, nach gediegenem Luxus. Dabei wäre „Ruine“ das treffendere Wort, um den Zustand des Gebäudes zu beschreiben, das bis Anfang Juli 19 Klassen, ein Lehrerzimmer, einen Computerraum, eine Schulküche und diverse Nebenräume des Barbara-von-Sell-Berufskollegs in Nippes beherbergt hat.

Zwei Wochen vor den Sommerferien hat die Bauaufsicht das Gebäude von einem Tag auf den anderen wegen akuter Einsturzgefahr stillgelegt – in die Holzkonstruktion unter der Fassade war Wasser eingedrungen. Gerade einmal acht Räume hat die Stadt der Schule als Ersatz angeboten. Doch selbst die stehen bis heute nicht alle zur Verfügung.

Schulleitung redet offen

Für Schulleiterin Renate Hartenstein und ihren Stellvertreter Michael Schopen hat die Sperrung des maroden Gebäudes und der Umgang der Behörden damit das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Sie haben sich deshalb entschlossen, mit Namen und Gesicht in der Zeitung zu erscheinen – fast eine Revolte in einem System, in dem Schulleiter und anderes Lehrpersonal von der vorgesetzten Bezirksregierung regelmäßig zum Schweigen verdonnert werden.

Die Computer stehen seit Wochen bereit, sind aber nicht angeschlossen. Der EDV-Unterricht fällt aus.

Zwei der acht in Aussicht gestellten Klassenzimmer sind nach Angaben der Schule immer noch gesperrt, weil sie den Bestimmungen des Brandschutzes nicht genügen. Der einzige verbliebene Computerraum ist derzeit ebenfalls geschlossen, weil die Stadt es innerhalb von zehn Wochen nicht geschafft hat, Handwerker vorbeizuschicken, die ein paar Kabel für die Rechner verlegen.

„Selbst eine verbindliche Zusage, dass die Geräte nach den Herbstferien funktionsfähig sind, hat die Schule nicht bekommen“, sagt Schopen. Dabei stünden die Computer samt Tischen und Stühlen seit Mitte Juli bereit und könnten angeschlossen werden. Der EDV-Unterricht fällt so lange aus.

Im gesperrten Parkgebäude sind Boden und Decken geöffnet, um die Schäden zu überprüfen.

„Es ist ein Skandal, wie der Schulträger mit uns umgeht“, sagt Schopen. „Schließlich existieren Probleme mit der Bausubstanz seit Jahrzehnten.“ Ein Oberseminar müsse man besucht haben, um zu verstehen, welches Amt für welchen Sachverhalt zuständig ist, so Schopen. Mails der Schule landeten über Jahre im Nirwana, weil bei der Gebäudewirtschaft kein Projektbetreuer zuständig gewesen sei, ergänzt Hartenstein.

Seit Jahren führt quer über den Schulhof eine Kabelbrücke.

Immerhin: Seit der Schließung des Parkgebäudes habe man wenigstens einen Ansprechpartner in der Verwaltung. „Die Mitarbeiter bemühen sich. Aber es ist alles kompliziert und dauert viel zu lange.“

Klassenräume auf fünf Standorte verteilt

Rund 3000 Schüler hat das Berufskolleg für kaufmännische und medizinische Berufe im Gesundheitswesen. Eine Vielzahl von Betrieben schickt hier ihre Auszubildenden hin. Das Kolleg am Niehler Kirchweg gehört damit zu den ganz wenigen wachsenden Berufsschulen in Köln und leidet seit langem unter der räumlichen Enge. Jeden Tag begeben sich Heerscharen von Schülern auf eine Wanderung zwischen den Klassenräumen, die mittlerweile auf fünf verschiedene Standorte verteilt sind.

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Einige der provisorischen Gebäude – wie etwa die sogenannte Baracke oder die Container auf dem Schulhof – stehen bereits seit Jahren. Eine Stahlrohr-Konstruktion, über die die Stromversorgung für die Ersatzbauten läuft, zieht sich quer über den Hof und versprüht den Charme einer Baustelle. Was als Übergangslösung gedacht war, ist zum Dauerzustand geworden.

Seit der Sperrung des Parkgebäudes hat das Kolleg weitere Räume in Containern der benachbarten Schulen belegt. Notlösungen sind allgegenwärtig. Michael Schopen zeigt auf eine Ecke des provisorischen Schulkiosk – der reguläre Kiosk ist wegen Brandschutz seit zwei Jahren gesperrt.

Barbara-von-Sell-Berufskolleg Schulleitung 270917

Schulleiterin Renate Hartmann und ihr Stellvertreter Michael Schopen

Unter dem Waschbecken führen Kabel zu einigen Steckdosen, sie sind auf Eierkartons gelagert, damit sie nicht auf den Boden hängen. „Das ist unser Internet. 370 Rechner hängen daran.“

Derzeit teilen sich 120 Lehrer ein einziges Lehrerzimmer. In den Pausen wird es eng und laut. „Wenn alle da sind, haben wir weniger Platz als es die Massentierhaltung für Schweine vorsieht“, hat der stellvertretende Schulleiter ausgerechnet. Demotivierend seien die Zustände für Lehrer und Schüler gleichermaßen. Den Betrieb einigermaßen aufrecht und die Stimmung hoch zu halten, werde immer schwieriger.

Wir brauchen Ihre Hilfe: Welche Erfahrungen mit Missständen haben Sie als Eltern, Schüler, Lehrer oder Beteiligte an Kölner Schulen gemacht? Schicken Sie Ihren Erfahrungsbericht – Texte oder Bilder – per Mail an ksta-koeln@dumont.de. (red)