RuhestandUlrich Klinger übergibt seine Bickendorfer Buchhandlung
Bickendorf – In der Bickendorfer „Buchhandlung für ausgesuchte Literatur“ steht ein Wechsel an. Inhaber Ulrich Klinger übergibt die Leitung an Claudia Kürten. Im Interview spricht der scheidende Buchhändler über Bücher und Bickendorf.
Herr Klinger, Ihr Abschied aus der Buchhandlung für ausgesuchte Literatur steht bevor. Was ist der Grund dafür?
Ganz einfach: das Alter. Ich bin jetzt 67, wo man normalerweise in Rente geht. Zudem ist die Nachfolge durch meine langjährige Mitarbeiterin Claudia Kürten bestens geregelt. Alles passt also.
Der Buchhandel hat in den vergangenen 20 Jahren einen tiefgreifenden Wandel mitgemacht. Oft auf Kosten kleiner Geschäfte. Wie haben Sie es geschafft, zu überleben?
Ja, in der Tat haben der Online-Buchhandel, aber auch die großen Ladenketten in der Branche, die in der Innenstädten ganz andere Präsentationsmöglichkeiten haben, den kleinen Läden sehr viel Druck gemacht. Wir haben uns dazu entschlossen, dem offensiv entgegenzutreten. Auch, weil ich der Überzeugung bin, dass der Stadtteil einen Buchladen braucht als eine Art geistige Tankstelle.
Was haben Sie unternommen?
Wir haben unseren Kunden gegenüber klargemacht, was uns von einem Internetbuchhandel unterscheidet. Zum Beispiel, dass wir Steuern in Deutschland zahlen. Wir fördern aber auch Kindertagesstätten oder stehen für Informationen bei Elternabenden zur Verfügung. Bei uns stehen Beratung und persönlicher Kundenkontakt im Mittelpunkt. Genau das macht ja den Unterschied zum Versandhandel und den großen Ketten. Das trägt inzwischen Früchte, wenn gleich man nicht verschweigen darf, dass es zwei sehr kritische Phasen gab, die wir ohne die Solidarität der Bickendorfer nicht überstanden hätten. Dafür bin ich sehr dankbar.
Haben Sie selbst einen Lieblingsautor?
Da gibt es mehrere, je nach Gattung. Wer den Job als Buchhändler aus Überzeugung macht, muss viel lesen. Schon aus Verantwortung gegenüber den Kunden Ich lese gern Krimis, bevorzugt mit politischen Hintergrund. Unter anderem mit Eifel-Krimi-Autor Jacques Berndorf verbindet mich eine Freundschaft. Dann schätze ichHanns-Josef Ortheil und ich habe ein Faible für afrikanische Literatur, besonders für den Kenianer Meja Mwangi.
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Wie sehr sind Sie selbst dem Viertel verbunden?
In den mehr als 21 Jahren, in denen ich hier lebe, habe ich das Viertel schon sehr liebgewonnen, weil es hier noch Einkaufsmöglichkeiten gibt, kurze Wege aber doch relativ viel Grün. Es macht einfach Spaß hier. Toll an Bickendorf ist aber auch, wie hier die Flüchtlinge aufgenommen wurden, wie schnell sich ein engagierter Kreis von Menschen gebildet hat, der inzwischen seit gut anderthalb Jahren aktiv ist.
Der Buchhändler geht, die Buchhandlung bleibt bestehen. Das haben Sie Ihren Kunden schon als Merksatz mitgegeben. Wird die Literatur künftig anders ausgesucht, oder werden Sie noch Einfluss darauf haben?
Ich bleibe ja Eigentümer und kümmere mich unter anderem um die Homepage und gebe da schon noch Lesetipps. Ansonsten führt Frau Kürten schon seit Jahresbeginn den Laden. Ich bin sicher, dass sie das weiter ähnlich handhabt mit viel persönlicher Beratung und nicht mit dem Ziel, auch den letzten Schmöker an den Kunden zu kriegen nach dem Motto Hauptsache, etwas verkauft zu haben.
Zum Schluss noch die Frage, wie sind Sie auf den Namen für das Geschäft gekommen?
Das hatte mit unserem ersten, sehr kleinen Ladenlokal am Akazienweg zu tun, wo ich 1999 angefangen hab. Da musste man tatsächlich ganz stark Aussuchen, weil es kaum Platz gab. Es war eigentlich als Scherz gedacht, aber wurde schnell zum Programm und nach dem Umzug zur Rochusstraße im Jahr 2005 beibehalten.
Das Gespräch führte Heribert Rösgen
Feier im Laden
In der Buchhandlung an der Rochusstraße 93 wird am Samstag, 1. April, ab 19.30 Uhr, mit einem kleinen Programm (Lesung, Musik, Kabarett) die Geschäftsübergabe gefeiert. Der Platz ist begrenzt. Interessenten sollten sich per E-Mail anmelden an ulrichklinger@web.de. (Rös)