Georg Menne wurde nach seinen Angaben in den 1970er Jahren mehr als 300 Mal von einem inzwischen verstorbenen Priester sexuell missbraucht.
Urteil gegen Erzbistum KölnMissbrauchsopfer bekommt Recht – „Ich bin froh, dass ich das ausgehalten habe“

Georg Menne hat Recht bekommen: Das Landgericht Köln hat das Erzbistum Köln zur Zahlung von 300.000 Euro Schmerzensgeld an den Missbrauchsbetroffenen verurteilt.
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„Ich bin froh, dass wir Opfer Recht bekommen“, sagte Georg Menne, nachdem die 5. Zivilkammer am Dienstag in Saal 142 des Kölner Landgerichts das Urteil verkündet hatte: Das Erzbistum Köln muss dem 64-Jährigen, der nach seinen Angaben zwischen 1972 und 1979 mehr als 300 Mal von dem inzwischen verstorbenen Priester Erich J. sexuell missbraucht wurde, 300.000 Schmerzensgeld zahlen.
Mennes Anwälte hatten 725.000 Euro gefordert, überdies 80.000 Euro für mögliche künftige Schäden. Froh sei er auch darüber, „dass ich das ausgehalten habe, diese außergewöhnliche Situation“, sagte Menne zu seiner Beteiligung an dem Prozess. Als Schutzamulett hatte er einen Georgstaler zur Verhandlung mitgebracht. Auf der Vorderseite zeigt er den heiligen Georg hoch zu Ross, wie er mit dem Drachen kämpft, und auf der Rückseite ein Segelschiff mit dem schlafenden Christus im Sturm.
Posttraumatische Belastungsstörung und wiederkehrende Flashbacks
Ob die Höhe der ihm zugesprochenen Summe angemessen sei? Dazu sagte der 64-Jährige: „Glauben Sie, das Urteil wäre auch so ausgefallen, wenn ich so im Saal gesessen hätte?“ Dabei präsentierte er den Ausdruck eines Fotos, das ihn zeigt, wie er vor einigen Jahre aussah: entstellt von einer das ganze Gesicht rot überziehenden Neurodermitis, Folge seiner posttraumatischen Belastungsstörung.
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Eine Psychoanalyse und etliche andere Therapien habe er gemacht, und immer noch habe er Flashbacks dessen, was ihm als Kund und Jugendlichem angetan wurde: „Je nachdem, wie gestresst ich bin, kommt es wieder.“
Das Erzbistum muss wegen Amtspflichtverletzung zahlen: Es hafte für die Taten jenes Priesters, der sie in seinem Amt, das heißt bei der Erfüllung kirchlicher Aufgaben begangen habe, sagte Stephan Singbartl, Vorsitzender der Kammer, in der Urteilsbegründung. Sofern das Erzbistum danach Fehler bei der Aufklärung gemacht habe, spiele dies für die Urteilsfindung keine Rolle. Auch folge die Kammer nicht der Einschätzung des Klägers, die Bistumsleitung habe während der Tatzeit „bedingt vorsätzlich“ gehandelt. Deren Verhalten sei vielmehr „bewusst fahrlässig“ gewesen nach dem Motto: „Es wird schon gutgehen“.
Urteil im Kölner Landgericht als „Meilenstein“
Bei der Zumessung der Höhe des Schmerzensgeldes habe man sich an den Urteilen anderer Prozesse orientiert, sagte Singbartl. Summen im höheren sechsstelligen Bereich seien zum Beispiel Opfern von Unfällen und ärztlichen Kunstfehlern zugesprochen worden, deren „Persönlichkeit zerstört“ worden sei und die auf Pflege angewiesen seien. Die Kammer wolle das Leid des Klägers „nicht klein reden“, sagte Singbartl, aber „Sie leben, sitzen hier, haben geheiratet, Kinder, einen Beruf ausgeübt.“
„Wir finden ihn ziemlich niedrig“ sagte Eberhard Luetjohann, einer von Mennes drei Anwälten, zur Höhe des Betrags. Doch zunächst wollten er und seine Kollegen das schriftliche Urteil abwarten, bevor sie entscheiden würden, ob sie in Berufung gehen. 25.000 Euro hat Menne bereits erhalten – von der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA).
Luetjohann ließ keinen Zweifel daran, was er von dem kircheninternen Entschädigungssystem hält: „Die UKA ist rechtlich ein Nichts.“ Das Urteil sei für die Anwälte und den Mandanten ein „Meilenstein“. Zu Beginn der Verhandlung hatte Luetjohann an die Richter gewandt gesagt: „Sie werden sicherlich Rechtsgeschichte schreiben, ob Sie wollen oder nicht“.