Köln früher und heute„Das ist die schönste Fassade, die Köln aus der Barockzeit hat“
Köln – Die architektonische Kostbarkeit drängt sich nicht unbedingt auf. Denn sie ist eingebettet in ein Gebäude, das weitaus größere Dimensionen hat und nicht gerade zu Kölns wichtigsten Sehenswürdigkeiten gehört. Also kann der Passant durchaus übersehen, dass in die postmoderne Hotel- und Geschäftshausfassade an der Ecke Kleine Sandkaul/ Gürzenichstraße gegenüber dem Gürzenich eine viel ältere Fassade integriert wurde: das Portal des Patrizier-Wohnhauses „Zum Maulbeerbaum“ aus dem Jahr 1696.
„Das ist die schönste Fassade, die Köln überhaupt aus der Barockzeit hat“, schwärmt der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings. Direkt daneben befindet sich das Hardrock-Café. Barock trifft Rock gewissermaßen.
Das Technische Rathaus wurde abgerissen, um Platz zu schaffen
Dass es dieses Stück uraltes Köln noch gibt, ist den Planern des Technischen Rathauses zu verdanken, das an dieser Stelle bis vor etwa 20 Jahren stand. 1912 war der voluminöse Komplex von Architekt Friedrich Bolte fertiggestellt worden. Er wurde dringend benötigt, denn das Historische Rathaus platzte aus allen Nähten.
„Für den Bau an der Gürzenichstraße wurde ein ganzes Quartier zum Teil mit Barockfassaden abgerissen“, sagt Ulrich Krings. Doch besonders erhaltenswerte Elemente der alten Architektur überlebten den Eingriff, indem sie einfach in den Neubau integriert wurden. So auch die Fassade des Hauses „Zum Maulbeerbaum“.
Als wiederum das Technische Rathaus um die Jahrtausendwende abgerissen wurde, um Platz zu schaffen für das damalige „Intercontinental“-Hotel, wanderte das mehr als 300 Jahre alte Sandstein-Schmuckstück in die jetzige Front. Der einzige Unterschied: Im Technischen Rathaus befand es sich in der Westfassade, heute bereichert es die Ostseite. „Es zeigt, welche Qualitäten Teile der Kölner Straßen hatten“, sagt Kunsthistoriker Krings: „Das ist eine Qualität, die man heute noch in Brüssel am Großen Markt findet“.
Das Technische Rathaus gehörte zur großstädtischen Randbebauung der Gürzenichstraße, die vor dem Ersten Weltkrieg neugestaltet wurde, um die neue Deutzer Hängebrücke großzügig mit der Schildergasse zu verbinden. Das Kaufhaus Tietz zählte ebenso zur imposanten Kulisse wie das Café Piccadilly oder das Geschäftshaus Palatium.
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„Die Gürzenichstraße gehörte neben der Zeppelinstraße zu den spektakulären Neubauten in dem damals modernen Stil“, sagt Ulrich Krings. Das Technische Rathaus, ein nach damaligen Maßstäben riesiger Komplex, entstand in einer Mischung aus Heimatstil und barocken Anklängen, Ulrich Krings spricht von „modernisiertem Neobarock“. Den Zweiten Weltkrieg überstand es beschädigt, wurde 1952 aber ohne das ursprüngliche Giebeldach wiederhergestellt.
Die Planung des neuen Stadthauses in Deutz bedeutete das Todesurteil für den „Bolte-Bau“, die Stadt verkaufte das Grundstück in der Innenstadt an eine Investorengemeinschaft. Den darauf entstandenen Neubau hält Ulrich Krings zwar nicht für missglückt, doch städtebaulich habe er Bedenken. Seine Umgebung überrage das Eckgebäude mit seinen Staffelgeschossen nämlich bei Weitem: „Es ist einfach eine Idee zu hoch“, sagt der Experte.