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„Kann keine Lösung sein“Stadt Köln will trotz Bedenken elf Flüchtlingshotels auflösen

Lesezeit 4 Minuten
Hotel Mado (1)

Das „Hotel Mado“ an der Moselstraße.

  1. Die Stadt Köln hält an der Auflösung der Flüchtlingshotels im Stadtgebiet fest.
  2. Hotels wie das Hotel Mado in der Südstadt seien auf Dauer zu teuer.
  3. Die Auflösung ist nicht unstrittig. Auch weil nicht vollends geklärt ist, was mit den Flüchtlingen passiert.

Köln – Der Mann an der Hotelrezeption berät in fast allen Lebenslagen. Im Foyer sind die Angebote angeschlagen: Man trifft sich zum Fußballspielen oder in der , Fahrradwerkstatt, lernt Deutsch und vieles mehr. Die Initiative „Willkommen in der Moselstraße“ hilft weiter. Das „Hotel Mado“ mitten im Studentenviertel ist eines von 29 Hotels in der Stadt, in dem zur Zeit Flüchtlinge untergebracht sind – ein offenes Haus ohne Wachdienst mit engagiertem Personal, zu dem einige ehemalige Flüchtlinge gehören, ein Hotelbetreiber, der sich kümmert, und einem von Ehrenamtlern getragenen Verein, der integrative und soziale Angebote auf die Beine stellt. Das „Mado“ ist ein Ort, den man vorzeigen kann, wenn es um gute Flüchtlingsarbeit geht.

Trotzdem will die Stadt die Vereinbarung mit dem Hotel Anfang 2020 beenden. Seit Monaten geht die Zahl der Flüchtlinge zurück, was einen schnellen Ausstieg aus der teuren Hotelunterbringung ermöglicht. Ende 2018 waren noch über 2000 Flüchtlinge in Hotels untergebracht, Ende Juni waren es nur noch knapp über 1500. Im nächsten halben Jahr können nach Schätzung des Amtes für Wohnungswesen 11 Hotels aufgegeben werden.

Hotels als teure Notlösung

Die Verwaltung beruft sich auf einen klaren Auftrag des Stadtrates. Die Hotels seien immer nur eine teure Notlösung gewesen, sagt der Koordinator der städtischen Flüchtlingspolitik Hans Oster. „Es kann keine Lösung sein, Menschen in Hotels unterzubringen. Außerdem ist das sehr teuer.“ Oster und das Amt für Wohnungswesen können sich einer breiten politischen, aber wohl auch öffentlicher Unterstützung bei diesem Kurs sicher sein.

Doch wenn es um den Einzelfall geht, wird die Sache kompliziert. Tatsächlich gibt es Hotels, in denen ausgesprochen gute Arbeit geleistet wird. Ein enges Netz von Helfern und Einrichtungen in der Umgebung der Flüchtlingsunterbringung sorgt für eine gute Versorgung. All das gehe kaputt, wenn man den Standort aufgebe, so die Initiative „Willkommen in der Moselstraße“. In den vergangenen fünf Jahren sei man an den Aufgaben gewachsen.

Hoteleigentümer profitieren von Flüchtlingsunterbringung in Köln

Das, was hier geleistet werde, sei wertvoll und nicht zu bezahlen – „ein Beispiel dafür, wie unsere Stadtgesellschaft in Zukunft funktionieren kann“, so Südstadtpfarrer Hans Mörtter. Ähnliches lässt sich in anderen Vierteln beobachten.

Die Arbeit mit und für die Flüchtlinge hat zu neuen Formen des Zusammenhalts im Veedel und in Nachbarschaften geführt, von denen nicht nur die Flüchtlinge profitieren. Solches Engagement ist an den Ort gebunden, sie lässt sich nicht verpflanzen.

Die Flüchtlingsinitiativen können das Kosten-Argument nachvollziehen. Mancher Eigentümer ist in den vergangenen Jahren reich geworden, weil er seinen Hotelbetrieb ganz auf die Unterbringung von Flüchtlingen umgestellt hat. Rund 1000 Euro zahlt die Stadt pro Monat und Flüchtling. Im „Hotel Mado“ wohnen rund 120 Flüchtlinge - ein gutes Geschäft ohne Risiko.

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Die Initiativen werben nun für eine Alternative: Dort, wo es geht und eine gute Qualität gesichert ist, soll die Stadt die Hotels kaufen und dauerhaft als Unterbringung selbst betreiben, so Klaus Adrian vom stadtweiten Zusammenschluss der Kölner Flüchtlingsinitiativen. So könne man verhindern, dass die Menschen irgendwo ohne soziale Anbindung auf der „grünen Wiese“ leben müssten, die gewachsene Struktur erhalten bleibt und außerdem viel Geld gespart werden kann. Für besonders Schutzbedürftige, Traumatisierte und Familien werde man auch in Zukunft weiter solche Formen der Unterbringung brauchen.

Für Hans Oster kommt das nicht in Frage: „Wir führen keine Beherbergungsbetriebe.“ Die Erfahrungen mit dem Marienburger Bonhotel haben sich offenbar bei der Stadtverwaltung tief eingebrannt. Das ehemalige Hotel ist seit anderthalb Jahren als Notunterkunft in Betrieb und soll nun in eine Dauereinrichtung mit abgeschlossenen Wohneinheiten umgebaut werden. Zuzüglich zum Kaufpreis von 5,8 Millionen Euro flossen 3,4 Millionen in die Sanierung, nun kommt noch einmal eine halbe Million dazu. Ähnliche Befürchtungen müsse man auch bei Häusern wie dem „Hotel Mado“ haben, so Oster.

Hotelbewohner sollen neues Zuhause in Niehl finden

Die Bewohner sollen im nächsten Jahr in eine neue Flüchtlingsunterkunft in Niehl ziehen. Dort könne man für alle abgeschlossene Wohneinheiten anbieten, sagt Oster. Das als abgelegene Unterkunft auf der „grünen Wiese“ zu bezeichnen, sei falsch, auch wenn die „tolle Innenstadtlage“ verloren geht.

Hotelbetreiber und Willkommensinitiativen bezweifeln, dass sich neue Millionengräber auftun, wenn die Stadt das ein oder andere Hotel übernehmen würde. Schließlich seien die Häuser wie das „Hotel Mado“ – im Gegensatz zum damals leeren Bonotel – als Flüchtlingsunterbringung in Betrieb und in gutem Zustand. Sie hoffen auf eine neue politische Initiative im Stadtrat: Ob man aus einer Hotelunterbringung aussteigt, soll nicht nur von Vertragslaufzeiten sondern auch von der Qualität der dort angebotenen Betreuung abhängen. Die Stadt müsse sich jeden Einzelfall ansehen.