Mixed-Martial-Arts gelten als brutal und fristeten in Deutschland lange ein Nischen-Dasein. In die Lanxess-Arena kamen nun 19.000 Zuschauer zum Oktagon MMA.
Blut, Schweiß und TränenHistorischer Zuschauerrekord bei Kampfsportevent in der Kölner Arena
Zwei Männer winden sich auf dem Boden. Einer der beiden, der Brasilianer Thiago Silva, hält den anderen, den Deutschen Konrad Dyrschka, fest im Würgegriff. Dyrschka kann sich befreien – 19.000 Menschen bejubeln seine Aktion. „Tack-tack-tack-tack“ – das Klackern kündigt die letzten zehn Sekunden der Runde an. „Trööt“ – die ersten fünf Minuten sind vorbei.
In der Kölner Lanxess-Arena wurde am Samstagabend beim „Oktagon MMA“ der deutsche Zuschauerrekord für eine Mixed-Martial-Arts-Veranstaltung (MMA) geknackt. Beim MMA dürfen die Kämpfer, anders als beim Boxen, Tritte, Ellbogen und Knie einsetzen, der Kampf geht am Boden weiter. Verboten etwa sind Angriffe auf die Wirbelsäule, an die Kehle, Kopfstöße oder Fingerstiche in die Augen oder in den Mund.
Bis 2014 war die Übertragung von Profi-MMA-Kämpfen in Deutschland verboten – dieses Verbot wurde zwar für rechtswidrig erklärt, trug aber zum Image des Sports als brutale Schlägerei bei. Und es sorgte nicht zuletzt dafür, dass MMA eher ein Nischensport war. Das Event des tschechischen Veranstalters Oktagon setzt am Samstag ein Zeichen, dass diese Zeit vorbei ist: Elf Kämpfe vor 19.000 Zuschauern in der ausverkauften Arena – ein Meilenstein für die deutsche MMA-Geschichte. Prominente Gäste wie Ex-FC-Spieler Marius Wolf, der Dortmunder Spieler Nico Schlotterbeck und Rapper Gzuz sitzen im Publikum.
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Die dritte Runde im Kampf Dyrschka-Silva startet. Der Deutsche streckt Silva nach Sekunden zu Boden, laute Jubelschreie, Silva ist nicht k.o., der Kampf noch nicht vorbei. Die vollen fünf Minuten werden noch gekämpft, bis die Sirene ertönt. Dyrschka gewinnt nach Punkten und kämpft im Gespräch mit dem Moderator mit Tränen der Freude und Rührung.
Köln: Lokal-Matador Deniz Ilbay läuft zu Höhner-Lied ein
Die gigantische Kulisse ist für die Kämpfer eine besondere Situation. Der Kölner Deniz Ilbay sagt vor seinem Kampf gegen den Briten Corey Fry im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Das gibt Druck, aber auf eine positive Art. Ich weiß, dass ich jetzt nicht nur ein paar tausend, sondern die ganze Halle hinter mir habe.“ Heimatverbundenheit zeigt der 28-Jährige, Kampfname „El Pistolero“, beim Einlauf in die Arena: „Viva Colonia“ ist seine Hymne – die Höhner beim Kampfsport, auch das dürfte eine Premiere sein.
Unter ohrenbetäubendem Jubel der Massen und mit mexikanischer Maske und Sombrero verkleidet läuft Ilbay durch die Reihen in das Oktagon, wie der achteckige Kampfring beim MMA bezeichnet wird. Sein Gegner Fry wird ausgebuht. 19.000 Menschen hoffen auf einen Sieg des Favoriten. Läuft der Kampf zu Beginn noch erwartungsgemäß zu Ilbays Gunsten, bekommt der Brite den Kölner im Bodenkampf so in einen Armhebel zu fassen, dass Ilbay abklopft – Niederlage durch Aufgabe.
Ein schnelles Ende findet der Kampf von Kerim Engizek – der Düsseldorfer kämpft für die Türkei – gegen den Ungarn Adam Horváth: Technisches k.o. in der ersten Runde zugunsten von Engizek. Eine gigantische Jubelwelle schwappt durch die Ränge und den Innenraum. Zwischen den Kämpfen wird Schweiß und Blut aus dem Oktagon gewischt, während elektronische Musik aus den Anlagen scheppert.
Christian Eckerlin verliert Kampf gegen Silva nach Punkten
Kämpferischer und stimmungstechnischer Höhepunkt des Abends und der Nacht: Christian Eckerlin gegen Leandro Silva. Eckerlin ist der wohl bekannteste deutsche MMA-Kämpfer. Laute „Eckerlin! Eckerlin!“-Rufe schallen aus allen Richtungen. Es ist ein intensiver, brutaler und spannender Fight – ganz so, wie es das Publikum liebt.
Eckerlin kassiert heftig, aber er hält durch – Silva lässt provozierend seine Deckung fallen, wohlwissend, dass er überlegen ist. Es ist ein Sieg nach Punkten für den Brasilianer. Mit blutender Nase lässt sich Eckerlin nach der Verkündung noch ein Geburtstagsständchen singen.
Der Titelkampf des Abends interessiert etliche Zuschauer nicht mehr, die Ränge leeren sich, als Hatef Moeil (Deutschland) fünf ermüdende Runden à fünf Minuten gegen Lazar Todev (Bulgarien) kämpft. Moeil gewinnt den Kampf nach Punkten. Eine große MMA-Party mit Blut, Schweiß und Tränen endet – und zeigt, dass der Kampfsport inzwischen auch in Deutschland die ganz großen Bühnen betritt.