Hakenkreuz vor dem DomHatte der Nationalsozialismus es in Köln wirklich schwer?
Natürlich räumt auch Daniel Meis mit der verbreiteten Legende auf, das NS-Regime hätte es in Köln besonders schwer gehabt. „Widerstand war genau so gering wie in den meisten Regionen des Dritten Reichs“, schreibt der 27-jährige Historiker an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität in seinem jüngst erschienenen Buch „Köln im Nationalsozialismus“. Nur die starke Position der katholischen Kirche habe Köln zu einer Art Sonderstellung verholfen.
So konnte Josef Kardinal Frings öffentliche Kritik am Rassismus der Machthaber nur deshalb ungestraft äußern, weil er bei den Kölnern so beliebt war. Von Repressionen, wie sie jeder normale Bürger zu fürchten gehabt hätte, blieb der Erzbischof verschont.
Auf knapp 100 Seiten handelt Daniel Meis den Aufstieg der NSDAP in den 1920er Jahren und die allumfassenden Umwälzungen nach der „Machtergreifung“ 1933 ab und löst damit sein Versprechen ein, wichtige Aspekte Kölns im Nationalsozialismus für eine breite Leserschaft kurz und bündig zu erklären. Seine „Bestandsaufnahme“ ist eine verständlich formulierte Einführung in die Verhältnisse des „braunen“ Kölns, wo es zwar (vor allem kirchliche) Formen von Widerstand gab, die Nazis aber unterm Strich keine härteren Nüsse zu knacken hatten als anderswo.
Rheinland als eine der Hochburgen der Zentrumspartei
Am Anfang stießen ihre Aktivitäten zwar noch auf Skepsis. So habe die Bevölkerung den Fackelzug durch Köln am Tag nach Adolf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler eher passiv zur Kenntnis genommen, so Daniel Meis: „Denn das katholisch geprägte Rheinland war eine der Hochburgen der Zentrumspartei. Deren Anhänger waren nicht so leicht zu vereinnahmen, wie es bei einigen anderen Parteien der Fall war.“ Bei der nur noch halb-freien Reichstagswahl vom 5. März 1933 blieben die Nationalsozialisten außerdem unter dem reichsweiten Durchschnitt.
Doch danach war auch in Köln die Machtergreifung nicht mehr aufzuhalten: „Innerhalb kürzester Zeit gelang es den Nationalsozialisten, die wichtigsten Führungspositionen in der Stadt selbst zu besetzen, oder ihre Inhaber zumindest ihrem Willen zu unterwerfen“, so das Fazit des Autors.
Oberbürgermeister Konrad Adenauer als prominentes Opfer
Prominentestes Opfer war Oberbürgermeister Konrad Adenauer. Vom Balkon des Rathauses erklärte Gauleiter Josef Grohé, der neue starke Mann in der „Gauhauptstadt“ Köln, Adenauer für abgesetzt. Aus opportunistischen Gründen spielten viele Kölner das neue Spiel mit, auch, um nicht den Job zu verlieren: „Viele Familienväter sahen nur die Wahl zwischen Einreihung und Erwerbslosigkeit.“
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Viele Entwicklungsstränge sind bereits in anderen Publikationen aufgearbeitet worden, etwa die ideologische Gleichschaltung des gesamten gesellschaftlichen Lebens, die Verfolgung der Juden und anderer Bevölkerungsgruppen, die Pläne für einen monumentalen Umbau der Stadt und schließlich der Bombenkrieg, der das Gesicht Kölns auf ganz andere Art veränderte. Die Stärke des Buchs liegt vielmehr im Überblickscharakter, dem schnellen Einstieg in die Thematik sowie der Widerlegung einiger hartnäckiger Legenden.
Dazu gehört auch die Behauptung vieler Deutschen nach dem Krieg, vom Holocaust nichts gewusst zu haben. „Was in Konzentrationslagern geschah, war auch für jeden Kölner ohne größere Schwierigkeiten möglich zu erfahren“, stellt Daniel Meis klar: „Denn alleine auf Kölner Stadtgebiet befanden sich zeitweise bis zu fünf Außenlager.“ Sie hätten im Blickfeld der Bevölkerung gelegen.
Daniel Meis: „Kölner im Nationalsozialismus 1933-1945. Eine Bestandsaufnahme“. Wissenschaftlicher Verlag Berlin, ISBN 978-3-96138-273-6, 19,80 Euro.