Die Initiatoren kommen aus dem elektronischen Musikbereich, fremdeln als Mittfünfziger aber mit der Feierkultur der Anfang 20-Jährigen.
„Die jungen Leute feiern zu wild“Neue Techno-Party in Köln startet bereits am Nachmittag
Eine normale Partynacht: Vortrinken in der Bar oder zu Hause, um Mitternacht losmarschieren Richtung Club, um halb zwei auf der Tanzfläche sein. Frühestens. „Es fällt mir immer schwerer, mich um 23 Uhr noch aus dem Sofa hochzuschälen und das Hangover-Gefühl am nächsten Tag wird immer unerträglicher“, sagt der 57-jährige Streetartist und einer der Initiatoren Tom Weecks.
„Wir wollten also selber etwas machen, so wie früher, nur nicht so spät“, sagt Eric Braden. Die beiden haben sich mit DJ Irwin Leschet ein neues Partykonzept überlegt. Bei „Immernoch tanzen!“ geht der Spaß bereits um 17 Uhr los – und endet um 23 Uhr. „Dann hat man noch den Sonntag mit der Familie zum Beispiel oder Zeit für Ausflüge“, so der 56-jährige Braden. Die erste Party im September in der Arty-Farty-Galerie in Ehrenfeld sei dann auch ein voller Erfolg gewesen. Die zweite findet am Samstag, 3. Februar, im Subway Club statt.
Kölner DJ Irwin Leschet spricht über Tik-Tok-Raves
„Es war ein tolles Event, ein Sommertag und bummsvoll. Wir haben um 23 Uhr nur eine Zugabe gemacht und pünktlich aufgehört“, so Braden. Die Party auf dem Höhepunkt – warum den Schlussstrich da so genau ziehen? „Wir wollen uns treu bleiben, wenn wir schreiben 17 bis 23 Uhr, dann müssen wir das durchziehen. Wenn wir anfangen länger zu machen, dann kommen die Leute ja doch wieder später“, so Leschet. Er organisiert seit 25 Jahren auch die bekannte Silberschwein-Party und legt in seinem 32. DJ-Jahr auch auf den Techno-Partys auf, die von sehr jungen Leuten besucht werden, etwa im Odonien oder im Artheater.
„Die Techno-Musik ist viel härter geworden, ich nenne das Tik-Tok-Rave. Alle stehen da mit ihren Handys und wollen den Moment einfangen und direkt vermitteln. Das ist alles so schnelllebig. Früher gab es eher so ein Gemeinschaftsgefühl, dem DJ wurde Zeit gegeben, die Stimmung aufzubauen. Da hat man eine Schallplatte auch mal sechs, sieben Minuten laufen lassen. Jetzt gibt es alle zweieinhalb Minuten Wechsel.“
Alle drei haben einen Elektromusik- und Techno-Hintergrund. Weecks hatte früher eine Bookingagentur und ein Musiklabel, Braden ein Label und Leschet ist immer noch als DJ aktiv. Alle gehen auch noch auf normale Partys, nur nicht mehr so oft. Neben der immer größeren körperlichen Anstrengung, die eine durchzechte Nacht erfordert, trauern die drei auch der Partykultur der Nullerjahre hinterher.
„Es war nicht perfekt, man hatte eine alte Lagerhalle in Ehrenfeld, es reichte der DJ, ein paar Boxen, ein Lichtspot und das war's. Kein Schnickschnack, keine Lasershows oder so“, so Braden. Heute seien alle auf sich selbst fokussiert, die jungen Nachtschwärmer schauten nicht nach rechts und links. „Wenn einer sich mal schlecht gefühlt hat, haben wir direkt gefragt, ob alles gut ist, dem auch mal ein Wasser gebracht“, so Weecks.
In Köln sei vergangenes Jahr ein junger Mensch nach einer Techno-Party gestorben. Überhaupt sei ihm die Partykultur heute zu wild, so Leschet. Zum Beispiel in Sachen Drogen. „Jedes Wochenende finden rund um Köln 15 bis 20 illegale Raves satt“.
Weitere Trends seien sogenannte „Kinky Partys“, in denen es darum ginge, in sexy Kleidung ein positives Gefühl zu Körper und Sex zu entwickeln. Eine Ikone dieser Bewegung ist die Techno-DJ Stella Bossi. „Auch mehr Mädels machen jetzt Musik, was ich sehr gut finde“.
Bedarf nach Partys für ältere Zielgruppen da
Und dennoch: Aus ihrer Nostalgie nach dem Früher haben sie etwas Neues erschaffen. Für all jene, die nicht mehr ganz die Jüngsten sind, aber Lust auf Feiern haben, und die wegen Familie ohnehin keine Zeit hätten. Mit DJs auf dem Programm, die vor 20 Jahren auch schon einen Namen hatten.
Partys wie die Zwei-Stunden-Party im Tsunami-Club unter der Woche, die Mama-Geht-Tanzen-Party im Club Bahnhof Ehrenfeld oder der „Elternabend“ im Veedelsclub an der Luxemburger Straße gehen in eine ähnliche Richtung: Das Feiern für andere Bevölkerungsgruppen wie Eltern oder Berufstätige attraktiv zu machen. Musikalisch werden jeweils unterschiedliche Genres bedient.
Auch wenn der Bedarf da ist: „Wir wollen damit keine Märkte bedienen, sondern den Leuten einen Zauber geben“, so Braden. Wenn die Party im Subway gut ankommt, soll der Club an der Aachener Straße auch feste Heimstätte für die drei bis vier Termine im Jahr sein.