Abzocke am EigelsteinStudentin soll 30.000 Euro für Mietwohnung in Köln zahlen
- Der überhitzte Wohnungsmarkt in Köln treibt immer absurdere Blüten. Vor allem Studenten sind auf dem Wohnungsmarkt leichte Beute.
- Das zeigt das Beispiel von Alice M., die in ein Haus in der Weidengasse ziehen wollte. Bis der Vermieter verlangte, sie solle die Kosten für die komplette Renovierung übernehmen.
- Der Kölner Mieterverein beklagt eine Zunahme der Fälle, spricht von einem „Spiel der Macht gegen die Ohnmacht“.
Innenstadt – Über das Wohnungsangebot ärgert sich Alice M. immer noch: Top Lage auf der Weidengasse, WG-geeignet, leerstehend. Doch einziehen konnte die Lehramtsstudentin nicht, denn ihr fehlte es an Geld. Die Wohnung war renovierungsbedürftig, die Sanierungsarbeiten sollte sie selbst bezahlen. Kosten: rund 30.000 Euro.
Davon weiß Alice M. noch nichts, als sie vor ein paar Wochen mit ihrer Mitbewohnerin vor dem Gebäude auf der Weidengasse wartet. Auf die Wohnung wurde sie durch eine Zeitungsanzeige aufmerksam; beim Rundgang ist ihr erster Eindruck gut. Sie erstreckt sich über drei Etagen und liegt mit eigenem Eingang im Hinterhof eines Hauses. „Unten befindet sich eine große Wohnküche und in den oberen Stockwerken sind dann die drei Schlafzimmer“, sagt sie. Einen dritten Mitbewohner wollten sich Alice M. und ihre Mitbewohnerin noch suchen – doch dazu kommt es nicht.
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„Uns wurde bei der Besichtigung gesagt, dass die Heizung, die Decke und vieles mehr gemacht werden soll“, erzählt die Studentin. Selbst als klar wird, dass sie die Kosten tragen soll, will sie noch nicht die Hoffnung aufgeben. „Ich dachte, dass wir vielleicht für die Renovierung aufkommen und dafür weniger Miete bezahlen müssen.“
Was passiert bei Eigenbedarf?
Darüber hat sie dann auch mit ihren Eltern gesprochen. Doch was würde bei einer Eigenbedarfsklage passieren? Auch von anderen Interessenten sollen für die Wohnung zwischen 20.000 und 30.000 Euro für Renovierungen gefordert worden sein. Mittlerweile soll die Wohnung vermietet sein. Das komplette Gebäude in der Weidengasse gehört einer Eigentümerin, die sich jedoch auf Anfrage nicht öffentlich zu dem Thema äußern will. Verwaltet wird die Wohnung von einem Kölner Unternehmen. Der für die Wohnungsbesichtigung Verantwortliche wollte ebenfalls keine Stellungnahme abgeben.
„Eine Wohnung zu suchen, ist in Köln einfach unangenehm“, sagt Alice M. Als Suchende gerate sie in eine Abhängigkeit und müsse um den Wohnraum fast betteln. Sie fordert ein Eingreifen der Politik. „Im Moment passiert einfach nichts, wir haben eine Mietpreisbremse, die nicht greift und stattdessen einfach nur noch mehr Probleme“, sagt die Studentin. Außerdem dürften Wohnungen wie die in der Weidengasse nicht so lange leer stehen.
Wohnraum ist Mangelware
Köln wächst, und das hat Auswirkungen auf den Wohnraum: Bis 2040 soll laut dem Land Nordrhein-Westfalen die Bevölkerung um fast 16 Prozent steigen. „Unbestritten ist, dass der Wohnungsmarkt in Köln angespannt ist“, heißt es bei der Stadt Köln.
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem vergangenen Jahr hat errechnet, dass in Köln 86.000 bezahlbare Wohnungen fehlten.Das Kölner Studierendenwerk bietet rund 5000 Wohnplätze. Insgesamt ist es für 87 000 Studierende verantwortlich. Im Wintersemester könnten rund 20 Prozent der Bewerber versorgt werden, im Sommersemester etwa 40 Prozent, heißt es dort.http://www.kstw.de
Der Mieterverein bietet unter 0221/ 202 37 0 eine Rechtsberatung an.
Dabei gibt es Gesetze, die die Mieter schützen sollen. So dürfen sie nicht an allen Kosten für Arbeiten in der Wohnung beteiligt werden. Vor allem nicht, wenn es um die sogenannten Erhaltungsmaßnahmen geht. „Die Kosten für Reparaturen an Heizungsanlagen, Wasserleitungen oder Installationsgegenständen sowie das Erneuern morscher Fenster trägt allein der Vermieter“, heißt es zum Beispiel in einem Ratgeber des Mietervereins Köln.
Spiel der Macht gegen Ohnmacht
Es sei kaum möglich, dass ein Mieter für Renovierungen aufkommen muss, wenn er in eine unrenovierte Wohnung einzieht, sagt Hans Jörg Depel vom Mieterverein Köln. Leider hätten Mieter nicht immer die Möglichkeit, die Mietverträge genau zu prüfen, da sie direkt unterschreiben müssten. Doch auch danach können Klauseln bezüglich des Renovierens unwirksam sein, sagt er. „Die aktuelle Lage auf dem Kölner Wohnungsmarkt ist so, dass immer mehr schwarze Schafen versuchen, ihren Platz zu finden“, sagt Depel. „Auf dem Wohnungsmarkt ist es ein Spiel der Macht gegen die Ohnmacht.“ Die Geschichte von Alice M. sei zum Glück ein Extremfall.
Alice M. würde gerne zusammen mit ihrer Mitbewohnerin in eine andere Wohnung ziehen. Ihre jetzige Bleibe ist ihr zu teuer, zu abgelegen. Entmutigt hat sie die Geschichte in der Weidengasse nicht: Nach der Klausurenphase will sie weitersuchen.