AboAbonnieren

Alarmierende ZahlenInsektensterben in Köln nimmt zu – Experte fordert Handeln

Lesezeit 3 Minuten

Ein auffällig gemusterter Schachbrettfalter sitzt auf einer Blume. Das Insekt wurde 2019 zum „Schmetterling des Jahres“ gewählt.

Köln – Das Insektensterben in Deutschland und auch in Köln schreitet voran. Die Zahlen sind alarmierend: Seit der Krefelder Studie aus dem Jahr 2017 weiß man, dass in den letzten 30 Jahren die Insektenarten um etwa 80 Prozent zurückgegangen sind.

Dabei ist den Menschen häufig die Vielfalt der kleinen Tiere nicht bewusst: Man denkt zuerst an Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. Dass dies nur ein Bruchteil der 34.000 Arten sind, die derzeit in Deutschland leben und in ihrer Existenz bedroht sind, wissen viele nicht.

Handlungsempfehlungen für Köln

Auch nicht, dass Insekten zum Beispiel als natürliche Bestäuber die Basis des Ökosystems bilden. „Das ist ein zentrales Problem: die Wahrnehmung. Allein die Hälfte der Arten sind nachtaktiv und daher nicht sichtbar“, sagte Jürgen Esser vom Büro für Freilandökologie bei der Vorstellung von Handlungsempfehlungen, die das Sterben der Kleinsttiere auf dem Kölner Stadtgebiet eindämmen könnten.

Ende 2018 hatte das Umwelt- und Verbraucherschutzamt Esser damit beauftragt, den aktuellen Insektenbestand in Köln zu erheben und Maßnahmen zu präsentieren. „Das Insektensterben ist der Indikator für eine aus dem Ruder gelaufene Umweltsituation“, sagte Umweltdezernent Harald Rau.

Die Ursachen des Rückgangs sind vielfältig: Die Tiere haben im Zuge der Industrialisierung ihren Lebensraum verloren. Es gebe so gut wie keine Wildnis mehr, so Esser. Pestizide, Lichtverschmutzung, das dichte Autobahnnetz, eine optimierte Agrarlandschaft sowie der Klimawandel sind nur einige der Gründe für das Insektensterben. „Es gibt häufig grüne Wüsten in der Stadt, die viel zu intensiv gemäht werden.“

Kölner Naturschutzgebieten sich selbst überlassen

Auch der Schottergarten vor der eigenen Haustür bedeute für viele Insekten den Tod. Gut für Insekten sei hingegen, wenn Menschen auf Laubsauger verzichteten, Baumscheiben insektengerecht bepflanzten und Laub liegen ließen. Insektenhotels und Wildblumenwiesen im eigenen Garten dienten zwar als Werbung für den Insektenschutz, seien aber in der Landwirtschaft keine ernstzunehmende Maßnahme. Esser empfiehlt, in den Kölner Naturschutzgebieten wie der Wahner Heide, den Weißen Bogen und der Rheinaue die Natur sich selbst zu überlassen: Das setzt voraus, dass die Pflege über einen längeren Zeitraum ausbleibt.

Trotz des katastrophalen Zustands kann das Insektensterben laut Esser noch aufgehalten werden. „Anders als beim Klima, wo die Ziele kaum eingehalten werden können, erholen sich Populationen von Insekten schnell, wenn man handelt.“ Allerdings helfe es nur, wenn möglichst viele seiner Maßnahmen zum Einsatz kommen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das wird nicht leicht, zumal auch innerhalb des Dezernats, das Rau verantwortet, unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen: „Wenn es um die Umwelt geht, soll einerseits die Versiegelung von Flächen gestoppt werden, andererseits geht es bei uns auch um das Thema Wohnen. Hier ist es eine wichtige politische Aufgabe, von Fall zu Fall zu entscheiden“, so Rau.

Die Kosten für die Erhebungen und für das Gutachten belaufen sich auf etwa 300.000 Euro. Es dient künftig als Grundlage, städtische Maßnahmen in Sachen Naturschutz umzusetzen. Der Maßnahmenkatalog ist online abrufbar.

www.freiland-oekologie.de