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Zoff im HänneschenIntendantin hielt Kölns Minizoch angeblich für „nicht durchführbar“

Lesezeit 5 Minuten
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Hänneschen-Intendantin Frauke Kemmerling

Köln – Der große Erfolg des Mini-Rosenmontagszuges, den das Festkomitee Kölner Karneval und das Hänneschen-Theater gemeinsam auf die Beine gestellt haben, wirkt auch mehr als drei Wochen später noch nach. Der als Puppenspiel inszenierte Zoch wurde vom WDR unter dem Titel „Der ausgefallenste Rosenmontagszug“ übertragen und erzielte bundesweite Aufmerksamkeit. Eigentlich ein Grund für alle Beteiligten, glücklich und zufrieden zu sein. Doch aus dem Hänneschen-Theater dringen eher unerfreuliche Nachrichten nach außen. Intendantin Frauke Kemmerling soll das Projekt lange Zeit als „nicht durchführbar“ abgelehnt und im Verlauf der Produktion eher als Hemmschuh gewirkt haben. Allein die Mitglieder des Ensembles und der Werkstatt seien für den Erfolg verantwortlich, heißt es aus dem Theater. „Die Intendantin hat im Gegenteil versucht, uns auszubremsen.“

Just in diesen Tagen standen Gespräche der Stadtspitze mit der Chefin der städtischen Puppenspiele über eine eventuelle Vertragsverlängerung an. Die 53-Jährige leitet das Hänneschen-Theater seit 2012. Ihr Vertrag wurde zuletzt im Jahr 2017 um weitere fünf Jahre bis Ende 2022 verlängert.

Frauke Kemmerling erneut in der Kritik

Das offenbar wieder aufgeflammte Zerwürfnis mit Mitgliedern des Ensembles ist nicht neu. Bereits vor knapp drei Jahren waren aus Teilen der Belegschaft massive Kritik am Verhalten und am Führungsstil der Puppenspiel-Intendantin an die Öffentlichkeit gedrungen. Es war die Rede von Mobbing-Vorwürfen und Vetternwirtschaft. Im April 2018 hatten sich unter der Überschrift „Et es nit zom Ushalde“ sechzehn Puppenspieler sowie Mitarbeiter aus Verwaltung und Werkstatt mit einem offenen Brief an Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach gewandt und über „stetig wachsende Missstände“ geklagt, unter denen „die Kreativität leide, die Spielfreude flöten gehe“.

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Hänneschen-Intendantin Frauke Kemmerling in der Halle des Festkomitees am Maarweg.

Schon damals war die Rede von „tiefer Besorgnis und einem immensen Unbehagen im Arbeitsverhältnis zur Intendanz“. In Knollendorf herrsche ein Klima der Angst und Willkür, hieß es weiter. Kemmerling wurde mangelhafte Personalführung vorgeworfen, ihre Entscheidungen seien wenig transparent, Grundlage seien zumeist persönliche Empfindsamkeiten. Sachliche Kritik werde persönlich genommen und manchmal sage die Intendantin wissentlich die Unwahrheit.

Mitarbeiter sprechen von Strafen

Auf Nachfrage bestätigten seinerzeit einige der betroffenen Mitarbeiter, dass derjenige, der sich wehre, mit Zusatzarbeiten bestraft werde oder nicht die Rollen spielen dürfe, die er gerne übernehmen wolle. Die einen würden eingeschüchtert und schikaniert, andere würden bevorzugt, teilweise vom Dienst freigestellt oder mit Sonderaufgaben oder Pöstchen belohnt, die zusätzlich bezahlt werden. Diese Kollegen haben dann auch ein Loyalitätsschreiben unterschrieben, das kurz nach dem „offenen Brief“ im Kulturamt abgegeben wurde und einmal mehr den tiefen Riss durchs Ensemble deutlich machte.Zur Lösung setzten Stadtverwaltung und Kulturamt damals zunächst auf Gespräche. „Es gab einen vertrauensvollen und intensiven Austausch mit allen Beteiligten. Wir werden weiter im Dialog bleiben. Ich habe es da gerne etwas diskret“, ließ Kulturdezernentin Laugwitz-Aulbach seinerzeit mitteilen und kündigte eine professionelle und psychologische Mediation mit verschiedenen Angeboten wie Einzel- und Gruppengesprächen an.

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Die von der Mehrheit der Puppenspieler geforderten Taten folgten nicht. Aus Enttäuschung zog seinerzeit eine langjährige Puppenspielerin für sich die Konsequenzen und ging in den vorzeitigen Ruhestand. „In dieser Atmosphäre, wie sie sich in den letzten Jahren in diesem Theater entwickelt hat, ist es mir nicht mehr möglich, künstlerisch kreative Arbeit abzuliefern“, hieß es in ihrer persönlichen Stellungnahme. „Nicht in einem Umfeld, wo Kollegen gemobbt werden, Kollegen bedroht werden, wo einem Faulheit, Nichtwollen und Arbeitsverweigerung vorgeworfen wird und einem die fristlose Kündigung angedroht wird.“

Inzwischen scheint es, dass alle Mediationen und Gespräche nicht gefruchtet haben und nicht nur das Tischtuch zerschnitten ist, sondern sogar der Tisch arg wackelt.

Kemmerling soll für verkürzte Vorbereitungszeit verantwortlich sein

Sehr zurückhaltend bewertet heute das Festkomitee die Zusammenarbeit in Sachen Karneval. „Die erste Anfrage, ob das Hänneschen uns unterstützen würde, gab es am 23. Oktober“, sagt Holger Kirsch. „Die Intendantin musste dann – wie sie es selbst beschrieben hat – erstmal Luft holen. Eine Zusage gab es dann kurz vor Weihnachten.“ Deshalb habe man sich „schon sehr früh der Unterstützung der Oberbürgermeisterin versichert, die sofort die Chancen der Kooperation von Festkomitee und Hänneschen-Theater erkannt hat.“ Die eher ablehnende Haltung Kemmerlings kostete den Zugleiter und sein Team mutmaßlich rund zwei Monate der eh schon knappen Vorbereitungszeit. Lob gab es von Kirsch dagegen für die Puppenspieler des Hänneschen-Ensembles: „Die Zusammenarbeit mit den Puppenspielern war wirklich außergewöhnlich. Da ist in kürzester Zeit etwas gewachsen, weil alle am gleichen Strang gezogen haben und den Zoch zum Erfolg werden lassen wollten.“

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SMK-Brasack

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WDR-Unterhaltungs-Chefin Karin Kuhn zieht eine positive Bilanz des Mini-Rosenmontagszug. „Wir freuen uns sehr, dass es unserer Redaktion zusammen mit dem FK und dem Hänneschen-Theater gelungen ist, anstelle des Rosenmontagszugs ein so emotionales und erfolgreiches Format zu gestalten. Dabei war die Inszenierung des Umzugs im Puppen-Format ein wirklich schönes Element, das vielen Zuschauern gefallen hat.“ Das beweisen die zahlreichen Reaktionen, die beim Sender eingegangen sind. „Unser Publikum war begeistert, diese Produktion hat wirklich die Herzen berührt“, sagt Karin Kuhn.Etliche wünschen sich auch die Puppensitzung, die viele Jahre einen festen Platz im WDR-Programm hatte, zurück auf den Bildschirm. „Der »ausgefallenste Rosenmontagszug« war zunächst ein einmaliges Alternativprogramm“, sagt Karin Kuhn. „Er unterschied sich von den Puppensitzungen durch seine hochdeutsche Kommentierung und durch die überregionalen Themen, die im Zug persifliert und dargestellt wurden. Besondere Zeiten erfordern eben kreative Antworten“, erläutert Kuhn: „Sollte sich demnächst erneut ein Anlass für eine Zusammenarbeit bieten, prüfen wir das gern. Eine reguläre Übertragung der Puppensitzung ist bei uns aber nicht vorgesehen.“