Politiker und Verwaltungsmitarbeiter besuchten vier rechtsrheinische Interkulturelle Zentren. Sie bilden offener Treffpunkte für Migranten und Einheimische.
„Wir haben immer mehr zu tun“Interkulturelle Zentren in Köln bangen um Fördergelder
Anfangs seien vor allem Obdachlose und Senioren gekommen, sagt Abbas Fidan: „Jetzt sind es auch Familien mit Kindern.“ Einmal pro Woche organisiert das Alevitische Kulturzentrum in Porz eine Essensausgabe für Hilfsbedürftige. Als das Angebot vor drei Jahren startete, wurden 30 Portionen pro Tag ausgeteilt, jetzt sind es 120. „Durch die Inflation steigen die Kosten, die Armut bringt viele Probleme mit sich“, sagt Vorstandsmitglied Fidan: „Wir haben immer mehr zu tun.“
Das Alevitische Kulturzentrum an der Josefstraße 24 besteht seit 2006 und ist eins der 43 Interkulturellen Zentren, die derzeit von der Stadt finanziell gefördert werden. Die Träger und Schwerpunkte unterscheiden sich. Was alle Einrichtungen verbindet, ist das Ziel, Zugewanderte in die Gesellschaft zu integrieren, Probleme anzupacken und die Beziehungen zwischen Menschen verschiedener Herkunft zu verbessern. Dazu werden Feste gefeiert, Sozialberatungen und Deutschkurse angeboten oder Nachhilfestunden für Schüler.
Köln: Viele Zentren wurden von Gastarbeitern gegründet
Viele Zentren wurden vor Jahrzehnten zunächst als Selbsthilfe-Organisationen von Gastarbeitern gegründet. So wie das Deutsch-Griechische Kulturzentrum in Porz, das Kosmas Loutsopoulos ins Leben rief, weil er nach seiner Ankunft in Deutschland Probleme im Umgang mit den deutschen Behörden und Schulen hatte. Aus der Initiative ist ein offener Treffpunkt für Migranten und Einheimische geworden. Zugewanderte bekommen Hilfe bei der Bewältigung ihrer Alltagsprobleme und werden über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt.
Auch das Alevitische Kulturzentrum ganz in der Nähe berät bei Behördengängen und rechtlichen Fragestellungen, außerdem werden Podiumsdiskussionen zu politischen Themen veranstaltet. Alle seien willkommen, sagt Abbas Fidan, der 1990 aus der Türkei nach Deutschland kam: „Aber wir wollen keine Rechtsradikalen und Islamisten.“
772.000 Euro werden in diesem Jahr an Zentren ausgezahlt
Politiker und Verwaltungsmitarbeiter besuchten jetzt vier rechtsrheinische Interkulturelle Zentren, um sich über ein Projekt zum Zusammenhang von Armut und Diskriminierung zu informieren. Bei diesen Touren gehe es auch darum, der Verwaltung die wichtige Arbeit der Zentren näherzubringen, sagt Walburga Schürmann, Sprecherin des Arbeitskreises der Interkulturellen Zentren: „Sie leisten unglaublich viel, ohne viel Förderung zu bekommen.“
2024 liegt die städtische Pauschale pro Einrichtung zwischen 5457 und 24.289 Euro. Insgesamt 772.000 Euro werden in diesem Jahr ausgezahlt. Doch die Träger müssen immer um ihre Finanzierungen bangen, denn die Zuschüsse sind freiwillige Leistungen. Im nächsten Haushalt sei mit Kürzungen zu rechnen, sagt Walburga Schürmann. Dabei habe sie das Gefühl, dass die Zentren immer wichtiger werden, „weil die Probleme immer größer werden“.
Der Vingster Treff etwa kümmert sich schwerpunktmäßig um alleinerziehende Mütter, die nicht nur bei der Berufswahl besondere Hürden zu überwinden haben, sondern auch bei der Wohnungssuche. Zusätzliche Belastungen kommen für alleinerziehende Migranten hinzu. 41 Prozent der Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern gelten als armutsgefährdet.
Die Interkulturellen Zentren bekommen auch die veränderte Stimmung in der Gesellschaft zu spüren. Die Wahlerfolge der AfD im Osten hätten für viel Unruhe gesorgt, sagt Walburga Schürmann. Selbst unter Menschen, die schon 40 Jahre in Köln lebten oder hier geboren seien. Für Gülistan Çaçan vom Vingster Treff leisten die Zentren einen wichtigen Beitrag, um gesellschaftliche Spaltungen zu überwinden: „Ohne sie wird es keinen öffentlichen Ort mehr geben, wo Begegnungen und Aufklärungsarbeit stattfinden.“
Köln: Interkulturelle Zentren bauen Vorurteile ab
Der Vingster Treff etwa veranstaltet einmal im Jahr einen „Tag der Nachbarn“, bei dem sich Menschen vieler Kulturen aus der Umgebung treffen: „Da werden Vorurteile abgebaut“, sagt Çaçan: „Wie soll dem Rechtsruck begegnet werden, wenn Menschen sich nicht kennenlernen?“ Das sieht Elizaveta Khan, Leiterin des Integrationshauses Kalk, ähnlich: Ohne die Zentren wäre es um den Zusammenhalt in den Stadtteilen schlecht bestellt.
In den Einrichtungen ist man sich einig: Kürzungen der städtischen Zuschüsse, mit denen auch andere Fördertöpfe angezapft werden können, hätten fatale Folgen für das soziale Miteinander. Das Alevitische Kulturzentrum in Porz etwa braucht das Geld für die Finanzierung der einzigen hauptamtlichen Kraft: „Ohne städtische Förderung können wir nicht existieren“, sagt Abbas Fidan: „Wir wollen professionelle Arbeit machen, dafür brauchen wir Strukturen.“
Interkulturelle Zentren Köln – Alle Zentren und eine Übersichtskarte für Köln