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Spoho-Prorektor Thomas Abel„Die World Dwarf Games passen perfekt nach Köln“

Lesezeit 4 Minuten
Die deutschen Athletinnen und Athleten der World Dwarf Games laufen bei der Eröffnungsfeier der World Dwarf Games ins NetCologne Stadion der Deutschen Sporthochschule Köln ein.

Die deutschen Athletinnen und Athleten bei der Eröffnungsfeier der World Dwarf Games im NetCologne Stadion der Deutschen Sporthochschule Köln.

Thomas Abel hat eine Professur für Paralympischen Sport an der Sporthochschule Köln. Im Interview spricht er über Inklusion im Sport.

Köln ist derzeit Schauplatz der 8. World Dwarf Games – der Weltmeisterschaft für Kleinwüchsige. Austragungsort ist zum größten Teil der Campus der Deutschen Sporthochschule Köln. Im Interview spricht Prorektor Professor Thomas Abel über Spiele, Teilhabe in der Gesellschaft und Inklusion in Köln und an der Hochschule.

Herr Abel, vor einer Woche haben die World Dwarf Games in Köln begonnen – wie lief es bisher?

Für mich sind es ganz wunderbare Weltspiele. Es ist toll zu sehen, wie wir plötzlich ein anderes Gespür bekommen für Vielfalt. Das sieht man zum einen in den einzelnen Sportdisziplinen, aber der Wert von Vielfalt wird auch überall sonst sichtbar. Zum Beispiel, wenn die Athletinnen und Athleten bei uns in die Mensa gehen, dann ist plötzlich das Mensa-Personal anders darauf vorbereitet, dass Menschen andere Bedürfnisse haben oder aus anderen Nationen kommen. Vielfalt bietet eine große Chance und es ist wichtig, Begegnungsräume zu haben und die haben wir gerade.

Prof. Thomas Abel im Portrait.

Thomas Abel ist Prorektor der Deutschen Sporthochschule Köln, hat eine Professur für Paralympischen Sport und ist ehrenamtlich im Vorstand des Stadtsportbundes.

Köln gilt in vielen Bereichen als sehr offene Stadt – passen die World Dwarf Games perfekt nach Köln?

Ich lebe seit über 30 Jahren in Köln und ich habe schon das Gefühl, dass man anders bereit ist, jemanden so zu lassen, wie er ist und so zu nehmen, wie er ist. Und dann da positiv neugierig zu sein und in Kontakt zu kommen. Das gehört in Köln aus meiner Sicht schon zur Lebensart. Die World Dwarf Games passen perfekt.

In Ihrem Ehrenamt im Vorstand des Stadtsportbundes ist der Zugang zu Sport für Menschen mit Behinderung einer Ihrer Schwerpunkte. War es Ihnen auch ein persönliches Anliegen, dass die World Dwarf Games in Köln stattfinden?

Der Stadtsportbund will den Zugang für alle Menschen zum Sport noch stärker ermöglichen. Da wird viel geleistet in der Vereinsstruktur in Köln. Ich bin mit Bewegung, Spiel und Sport groß geworden, das hat für mich eine zentrale Rolle in meinem Leben. Die Freude, die ich an Bewegung habe, möchte ich niemandem vorenthalten, das passiert aber häufig. Laut Bundesteilhaberecht sind 55 Prozent der Menschen mit einer Behinderung nie sportlich aktiv, 32 Prozent der Menschen ohne Behinderung, beides ist ein Offenbarungseid. Aber trotzdem würde ich sagen, haben wir ein Problem des Zugangs der Menschen mit Behinderung zu sportlichen Aktivitäten. Das zu ändern, ist mir ein persönliches Anliegen.

Bei den World Dwarf Games in Köln kommen die Menschen ins Gespräch

Wie kann Sport beim Thema Inklusion helfen?

Was wir brauchen, ist eine Veränderung von Haltung und die entsteht, wenn ich Begegnungsräume schaffe, die positiv emotional besetzt sind. Das kann Sport fantastisch. Am Mittwoch waren die Boccia-Spiele hier, wo Menschen mit und ohne Behinderung gespielt haben. Dann dauert es nicht lange und man überlegt nur noch, wie wird der nächste Wurf gesetzt und es geht nicht mehr darum, ob ich groß oder klein bin. Damit haben wir die Möglichkeit wahrzunehmen: Wir sind unterschiedlich, aber wir machen Dinge gemeinsam. In diesem Kontext fällt es dann auch leichter, Fragen zu stellen. Ist es zum Beispiel okay, wenn ich neben dir stehe? Wir kommen über den Sport ins Gespräch. Und letztlich können wir so einen großen Schritt in Richtung Teilhabe aller Menschen in allen Lebensbereichen erzielt.

Stichwort Inklusion. Wie offen ist die Spoho gegenüber beeinträchtigen Studierenden?

Die Hochschule befindet sich aus meiner Sicht auf einem wirklich guten Weg, Vielfalt willkommen zu heißen. Das heißt für mich Inklusion. Vielfalt als Wert zu erkennen und Inklusion fördern zu wollen sind wichtige Anliegen für die gesamte Hochschule. Wir sind eine der größten sportwissenschaftlichen Einrichtungen weltweit, und deswegen hat die Sporthochschule hier auch eine große Verantwortung, der wir zu einem großen Anteil nachkommen. Wir haben derzeit rund 30 Studierende, die mir bekannt sind, mit einem Grad einer Behinderung. Und die Aufgabe, hier Teilhabe zu realisieren, ist die Aufgabe und Herausforderung der Hochschule. Nicht der Studierende mit Behinderung muss sich an das System anpassen, sondern wir müssen das System so anpassen, dass er Teilhabe bei uns im Studium gleichberechtigt und gleichwertig wie jeder andere erlebt.

Was wünschen Sie sich beim Thema Inklusion und Vielfalt für die Sporthochschule, aber auch für die Athleten?

Erstens: Dass man selbstverständlich wahrnimmt, dass es ein Wahlrecht gibt. Es geht nicht darum, dass jeder zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort das Gleiche tun muss, weil wir Inklusion denken, sondern man darf auch Gruppen bilden. Bei den Kleinwüchsigen-Spielen ist es auch so, dass sie beim Tischtennis gerne einen Gegenüber haben, der die gleiche Reichweite an der Platte hat. Für die Hochschule wünsche ich mir, dass in Zukunft in Veranstaltungen Heterogenität selbstverständlich mit aufgenommen wird und spezielle Veranstaltungen an Bedeutung verlieren. Ich darf noch bis 2035 arbeiten, da ist noch Zeit und ich glaube, wir werden dem schon noch einen Schritt näher kommen.