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Bunt, fröhlich, lautJecken bei den Schull- un Veedelszöch träumen von Frieden

Lesezeit 4 Minuten

Insgesamt 46 Schul- und 51 Veedelsgruppen sind am Sonntag durch Köln gezogen.

„Super“, „Ihr seht toll aus“, „Wow“ – der als Eisbär verkleidete Vater eines kleinen Löwen trifft es mit seinen Komplimenten, die er stetig klatschend sehr freimütig an die vorbeilaufenden Jecken verteilt, ins Schwarze. Bunt und glitzernd ziehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Schull- un Veedelszöch am Sonntagmittag bei strahlendem Sonnenschein durch die Stadt und beweisen: der Kölner Karneval ist so vielfältig wie kreativ.

Frieden und Liebe: In diesen von Krisen geprägten Zeiten hat das Festkomitee mit seiner Mottoauswahl den Jecken offenbar direkt aus dem Herzen gesprochen. „FasteLOVEnd – Wenn Dräum widder blöhe“, im Gegensatz zu Vorjahren spiegelt sich das Sessionsmotto in einer Vielzahl der Kostüme wider.

02.03.2025, Köln: Die Schull- un Veedelszöch ziehen durch die Severinstraße. Foto: Uwe Weiser

Das Wort Frieden findet sich bei den Schull- un Veedelszöch immer wieder.

So marschieren am Sonntagmittag scharenweise bunte Blömcher durch die Severinstorburg. Manche tragen sie, gebastelt aus Pappe und Papier, auf ihrem Kopf, andere haben zahlreiche kleine Papierblumen auf ihren grünen Kostümen befestigt und bilden so eine bunte Blumenwiese.

Blumen dominieren Schull- un Veedelszöch

Besonders kreativ wird’s beim Familienstammtisch De Kevverndoos aus Braunsfeld. Unter dem Motto „Mir schenke der Ahl e paar Blömcher“ präsentieren sie nicht nur ihre Blumenkostüme – sondern auch die dazugehörige Ahl. Aus Pappe hat der Stammtisch Fensterrahmen mitsamt Spitzengardinen und Blumenkästen gebastelt, daraus lächeln die Jecken mit grauer Perücke und aufgeschminkten Falten den begeisterten Zuschauern entgegen.

02.03.2025, Köln: Die Schull- un Veedelszöch ziehen durch die Severinstraße. Foto: Uwe Weiser

Gute Stimmung und viel Kamelle bei den Schull- un Veedelszöch.

Nicht nur den Flower-Power-Teil des Mottos haben viele Vereine und Schulen aufgegriffen, viele Kostüme erzählen auch von Träumen. Die Schülerinnen und Schüler des Städtischen Gymnasiums Köln-Deutz etwa laufen als Bettdecke und Kopfkissen mit, ihnen vorweg fährt ein selbstgebautes Bett auf dem Wagen mit. Darin liegt eine Puppe, über ihr schweben Wölkchen, auf denen etwa „Respekt“, „Sonne“, „Frieden“, „Liebe“ und „Vielfalt“ geschrieben steht. Seit November haben Schüler, Eltern und Lehrer samstags in ihrer Freizeit an der Umsetzung des Mottos „Thussiläum 70 Johr-Tussi, wovun dräumste?“ gearbeitet.

02.03.2025, Köln: Die Schull- un Veedelszöch ziehen durch die Severinstraße. Foto: Uwe Weiser

Die Hauptschule Bilderstöckchen präsentiert sich im Zitronengewand.

Andere Schulgruppen haben das Motto aufgegriffen, in dem sie ihre auf Wolken geschriebenen Träume als Kopfschmuck oder auf die Brust geklebt tragen. Besonders der Traum von Frieden zieht immer wieder an den Zuschauern am Zugweg vorbei.

„Suure Drops – Söße Pänz“ – Hauptschüler oft vorverurteilt

Aber längst nicht alle haben sich vom Sessionsmotto inspirieren lassen. Die Hauptschule Bilderstöckchen etwa eröffnen die Schull- un Veedelszöch mit ihrem Motto: „Suure Drops – Söße Pänz“. Schulsozialarbeiterin Birgit Haas erklärt: „Unsere Schüler haben schon eine Menge mitgemacht, aber es sind ganz tolle Menschen.“ Gerade Hauptschüler würden oft vorverurteilt werden. Die Kostüme haben die Jugendlichen in der Textilwerkstatt selbst genäht. Das ganze Halbjahr haben sie montags rote Mützen und die knallgelben Zitronen auf den gelben Netzstoff genäht, den sie über ihren rot-weißen Ringelshirts tragen.

Häufig spielen in den Kostümen auch Jubiläen eine Rolle. Das Dreikönigsgymnasium feiert in diesem Jahr als älteste Schule ihren 575. Geburtstag und präsentiert sich in Gold. Auf den selbstgebastelten Mützen prangt die Jubiläumszahl. Ganz so lange gibt es das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium noch nicht, Kölns drittältestes Gymnasium wurde 1825 gegründet. Das Jubiläumsmotto der Schule lautet: „200 Jahre fliegen wir gemeinsam.“ Und so laufen die Schülerinnen und Schüler alle mit auf dem Rücken geschnallten gelben Flügeln im Zoch mit. Die oben daran befestigten, länglichen Ballons sind schon von weitem über die Köpfe der Zuschauermenge aus zu sehen und wippen im Schritt-Takt.

Extra für den Straßenkarneval nach Köln

Und nicht nur die Jecken im Zoch beweisen mit ihren Kostümen Kreativität, auch die Jecken am Zoch haben sich am Sonntag herausgeputzt. Julia etwa ist als Ente verkleidet, ihr zweijähriger Sohn Noel trägt Mausohren und sein Vater ist ein blauer Elefant. Die Familie, dazu gehört noch die siebenjährige Tochter Camie, ist extra für den Straßenkarneval nach Köln gekommen. Julia ist hier aufgewachsen, gemeinsam mit ihrer Schwester Katrin ist sie damals selbst bei den Schull- un Veedelszöch mitgelaufen.

Die kann sich noch genau erinnern: „Ich bin die jüngere von uns und war beim ersten Mal vier Jahre alt. Es hat total gehagelt und ich wurde die ganze Zeit im Bollerwagen mitgezogen“, erzählt Katrin. Das schlechte Wetter konnte das Erlebnis offenbar nicht vermiesen, immerhin sind die Schwestern nach ihrem ersten Zoch 1994 noch viermal mitgegangen. Und Julia hofft, dass auch ihre Kinder vielleicht irgendwann mit den Schull- un Veedelszöch durch Köln ziehen.

Auch Heinz und seine Frau Christine sind schon mehrfach selbst mitgelaufen. Das erste Mal ist bei Heinz schon eine Weile her, da ging er noch auf die KGS Zugweg. „Und ich bin über 80 Jahre alt“, sagt er. Trotzdem kann er sich genau erinnern: „Wir waren als Kannibalen verkleidet, mit so großen Knochen. Das könnte man heute nicht mehr machen.“ Später sind sie noch viele weitere Male mitgegangen, auch mit ihren Kindern. „Und wir haben Einkaufswagen voller Kamelle geschoben. Aber weil wir hier in der Südstadt alle kennen, waren die manchmal schon am Ende der Straße leer“, erinnert sich Heinz lachend. Auch wenn an diesem Sonntag kein Einkaufswagen über die Severinstraße geschoben wird – Kamelle fliegen zur Begeisterung der Kinder am Zugweg zur Genüge durch die Luft.