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Wegen illegalem „Hawala-Banking“Kölner Juwelier droht Gefängnisstrafe – Maschinenpistole im Auto

Lesezeit 3 Minuten
Im Januar 2021 wurde die Keupstraße für eine Razzia im Zusammenhang mit der „Hawala“-Geldwäsche gesperrt.

Im Januar 2021 wurde die Keupstraße für eine Razzia im Zusammenhang mit der „Hawala“-Geldwäsche gesperrt.

Beim Prozessauftakt im Landgericht erklärte der 38-Jährige sein Vorgehen.

Wegen Geldwäsche im ganz großen Stil droht einem Juwelier von der Keupstraße eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht räumte der 38-jährige Geschäftsmann ein, an dem sogenannten „Hawala-Banking“ beteiligt gewesen zu sein, das einen äußerst diskreten Geldverkehr ins Ausland bietet. Auch hatte der Angeklagte gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen – bei einer Fahrzeugkontrolle fanden Polizisten bei ihm eine geladene Maschinenpistole.

Kölner Juwelier beteiligte sich am „Hawala-Banking“

„Das Hawalasystem ist denkbar einfach, nur etwas schwer zu erklären“, sagte Verteidiger Klaus Bensmann in Saal 219 des Kölner Justizgebäudes. Seit Jahrzehnten sei es eine sehr sichere Methode, Geld zu transferieren, und zwar mitunter schneller, als es eine Bank bewerkstelligen könne. Der Absender zahle das Geld bei einem „Händler“ ein und der Empfänger könne es unmittelbar danach abholen. Im konkreten Fall ging es um den Bargeldtransfer von Deutschland in die Türkei.

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Klaus Bensmann beim Prozessauftalt im Kölner Landgericht

Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Klaus Bensmann beim Prozessauftalt im Kölner Landgericht

Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Thomas Stollenwerk berichtete der Kölner Juwelier, wie genau er vorgegangen war. Angefangen habe es mit dem Handel von Goldschmuck. Den habe er von verschiedenen Großhändlern bezogen und in seinem Geschäft verkauft. Dabei blieb es aber nicht. Laut Anklage hatte sich der Mann im April 2019 einer bestehenden Gruppierung von Tätern angeschlossen, die Schwarzgeld, womöglich aus Drogengeschäften, wieder „reinwaschen“ wollte.

Köln: Altgold in Barren verarbeitet und exportiert

Mit dem Schwarzgeld sollen die Täter überwiegend Altgold angekauft, es eingeschmolzen und in Barren verarbeitet haben. Der Juwelier sorgte dann laut Anklage mit Scheinfirmen dafür, dass das Gold nach Istanbul gelange. Gold sei genutzt worden, da man es zollfrei und damit völlig legal exportieren dürfe. In der Türkei angekommen sei das Edelmetall wieder verkauft worden. Das so „gewaschene“ Geld sei dann wiederum an die „Hawala“-Empfänger ausbezahlt worden.

Nicht nur am Goldexport war der Kölner Juwelier beteiligt, er habe nach eigener Aussage auch Geldzahlungen entgegen genommen und das auch völlig anonym. Etwa habe er ein Codewort vergeben, das auch der Empfänger in der Türkei nennen musste, um das Geld von einem Komplizen wieder ausbezahlt zu bekommen. Auch sei mal die Zahlenkombination eines Geldscheins genutzt worden. Für 100.000 Euro gab es etwa einen Fünf-Euro-Schein, der als Legitimation dienen sollte.

Köln: Laut Anklage mindestens 348 Millionen Euro transferiert

Das „Hawala“-System sei schlagwortartig „beleglos, kontolos und banklos“ und basiere auf Vertrauen und Verschwiegenheit, sagt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, „die Nutzung regulierter Finanztransferdienstleister wird vermieden und jede staatliche Kontrolle umgangen.“ Die weltweiten Transfervolumina seien nicht messbar und daher nahezu unmöglich zu beziffern. Die Bande im Kölner Fall sollen mit der Methode mindestens 348 Millionen Euro transferiert haben.

Ins Visier der Fahnder geraten war der Kölner Juwelier, nachdem ein Mitarbeiter von ihm mit 149.000 Euro Bargeld an der holländischen Grenze erwischt wurde, das später in die Türkei transferiert werden sollte. Der Angeklagte habe gewusst, dass das Geld aus Drogengeschäften stammen könnte, so die Staatsanwaltschaft. In dem Punkt widersprach Verteidiger Bensmann, dieser Schluss sei nicht zwingend. Es könne sich auch um Schwarzgeld aus anderer Quelle gehandelt haben.

Kölner Juwelier spricht von Schutzgelderpressung

Für seine Dienstleistungen soll der Juwelier rund 750.000 Euro Provision erhalten haben. Das und entsprechende Presseberichte nach einer Razzia hätten auch Schutzgelderpresser angelockt, sagte der Angeklagte. Auch sei mal auf sein Haus geschossen worden, während er und seine Familie anwesend gewesen wären. Zum Selbstschutz habe er sich daher eine Maschinenpistole besorgt. „Und wo?“, fragte Richter Stollenwerk. „Auf der Keupstraße kann man alles besorgen“, lautete die Antwort.

Nachdem der Juwelier bereits früh Aufklärungshilfe geleistet habe und damit als eine Art Kronzeuge in dem Gesamtkomplex gilt, hätte er laut Stollenwerk sogar mit einer Bewährungsstrafe rechnen können, wäre es beim „Hawala-Banking“ geblieben. „Aber eine Kriegswaffe mit Munition, das ist einfach zu viel“, so der Richter. Nach einer Verständigung droht dem Juwelier nun eine Haftstrafe zwischen zwei und drei Jahren. Strafen in der Größenordnung hatten bereits Komplizen erhalten.