Karl Schiesberg hat mit seiner Frau Margot bis 2013 die Kultkneipe Weißer Holunder betrieben. Danach war Schiesberg Domschweizer.
„Original der besonderen Sorte“Ex-Kultwirt des Weißen Holunder gestorben
Kirche, Kneipe, Köln: Diese drei Ks haben das Leben von Karl Schiesberg maßgeblich bestimmt. Vergangenen Freitag ist der ehemalige Wirt des „Weißen Holunder“ an der Gladbacher Straße mit 74 Jahren gestorben. Konzertveranstalter Jan Krauthäuser würdigte den Mitgründer der legendären Mitsing-Veranstaltung „Singender Holunder“ in den sozialen Medien. Das Ehepaar Schiesberg hatte das beliebte Mit-Sing Event gemeinsam mit Krauthäuser vor etwa siebzehn Jahren ins Leben gerufen. Hier zelebrieren die Gäste sonntags kölsches sowie internationales Liedgut.
„Liebe Singende-Holunder-Freunde, gestern erhielten wir die traurige Nachricht, dass unser Mitgründer und langjähriger Wirt, Karl Schiesberg, gestorben ist. Ganz plötzlich und friedlich, im Beisein seiner geliebten Frau Margot“, schrieb Krauthäuser auf Instagram. „Karl war ein Original der besonderen Sorte, ein leidenschaftlicher Kämpfer für das Gute und Schöne.“
Karl Schiesberg war über 20 Jahre lang Wirt im Weißen Holunder
Hört man sich unter ehemaligen Gästen um, fallen Beschreibungen wie „eher ruhiger Typ, sehr netter Mensch“ und „super, authentischer Wirt“. Einer, der Dinge angestoßen hat, politisch interessiert ist. Links. SPD-Mitglied. Und zugleich spirituell. Seine Frau Margot, als Ehefrau seit Jahrzehnten an seiner Seite, als Mitstreiterin hinter dem Tresen auch, und er seien stets „ein Herz und eine Seele“ gewesen, „ein tolles Gespann“. Ohne Margot wäre er längst tot, habe er wohl häufiger gesagt. Mit ihr hat Schiesberg bis zum Jahr 2013 über 20 Jahre lang die Kultkneipe geführt.
Doch mit dem Holunder war 2013 Schluss, das Ehepaar wollte sich zur Ruhe setzen, mehr auf die eigene Gesundheit achten. Eine gewisse Zeit haben sie sich entspannt, sind den Jakobsweg gegangen. Lange hat es Karl Schiesberg nicht zu Hause gehalten: Nach einem Jahr voll kultureller Entdeckungen in Köln wurde er Domschweizer, einer jener in rotem Talar gehüllten Menschen, die im Dom Besucherinnen und Besucher Rede und Antwort stehen. Auch Wallfahrten organisierte der ausgebildete Sozialarbeiter regelmäßig.
Karl Schiesberg: Auf der Kanzel stand er auch
Die Kirche war immer präsent in Schiesbergs Leben. In Oberaußem in Bergheim ging er schon als Kind regelmäßig in die Messe. Einmal hatte er genug und ging zu den Protestanten über, revidierte diese Entscheidung aber wieder.
In Sankt Gereon war er Kirchenaufseher, in Sankt Alban hielt er auch schonmal eine Abendandacht. Auch die Kanzel scheute er nicht. Unvergessen ist so manch einem Weißen-Holunder-Gast die Aktion, bei der Schiesberg und der damalige Pfarrer der Christuskirche für einen Abend die Rollen tauschten: Schiesberg hielt die Predigt und der Pfarrer stand am Zapfhahn, wobei man Erzählungen von jenem Abend zufolge dem Pfarrer durchaus unter die Arme greifen musste.
„Seine Kneipe ist Treffpunkt und Inspirationsquelle der unterschiedlichsten Individuen und Gruppen, quer durch alle Alters- und Einkommensschichten. Was uns aber besonders freut, ist, dass hier viel gesungen und musiziert wird – vom Krätzchen-Duo bis zum Rockabilly-Kombo, als auch von den Gästen und Gastwirten selbst. Schon die unvollständige Aufzählung deutet an, was eine kölsche Wirtschaft leisten kann, wenn sie mit Witz und Leidenschaft betrieben wird“, zitiert Krauthäuser eine Laudatio aus dem Jahr 2010, als der Kölner Humba Verein dem Ehepaar den Ehrenpudel verlieh.