„Mütter wenig toleriert“Kölnerin erhält Kündigung nach Ablauf der Elternzeit
- Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
- Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Diesmal geht es um Katrin Becker, die ein kleines Modelabel gegründet hat – nachdem sie Mutter geworden ist.
- Ein Grund dafür war, dass sie unterschätzt hat, „wie wenig es noch immer toleriert wird, wenn man Mutter wird und in seinen Job zurück möchte“.
Köln – Da die Verkündung des „Lockdown light“ mit einer kurzen Gnadenfrist einherging, bin ich kurz vor Toresschluss noch etliche Male ausgeschwärmt, um diese Rubrik auch dann fortführen zu können, wenn die Cafés geschlossen sind. Am Hohenzollernring treffe ich auf diese Frau, die genau das zu sein scheint, was auf ihrem Oberteil steht. Weil man in diesen Wochen selten in strahlende Augen blickt, spreche ich sie an und stelle fest: Katrin Becker ist sogar in doppelter Hinsicht „happy“.
Erstens ist ihr Gefühlszustand so, und zweitens steckt sie persönlich hinter dem Aufdruck ihres Kapuzen-Shirts. Wie es dazu kam, dass sie als frühere Handelsmarketing-Beraterin für einen Autokonzern zur Begründerin eines kleinen Modelabels wurde, erzählt sie mir bei einem Cappuccino.
Wenig Toleranz für Mütter, die ihren Job zurück wollen
Ausschlaggebend war ein kleines Mädchen, das im Januar vier Jahre alt wird. Dass sie ihre mit viel Reisetätigkeit verbundene Fulltime-Tätigkeit nach der Geburt von Tochter Mila nicht zurückbekommen würde, hat Katrin Becker wenig überrascht. Was die heute 43-Jährige indes unterschätzt hat, war, „wie wenig es noch immer toleriert wird, wenn man Mutter wird und in seinen Job zurück möchte“.
Inzwischen kenne sie einige Frauen, denen – ähnlich wie ihr – nach Ablauf der Elternzeit die Kündigung hingelegt wurde. Becker wurmt es, dass auf diesem Gebiet so wenig Veränderung passiert. „Eine Mutter weiß ganz genau, dass sie nicht wahnsinnig viel Zeit hat, und schon deswegen absolviert sie ihr Pensum gewissenhaft, effizient und ohne Pause. Und dennoch wird sie als zweitklassige Arbeitskraft hingestellt.“
Mutterschaft und das Gefühl von Zusammengehörigkeit
„Ich dachte, die Bedingen hätten sich verbessert“, wende ich ein. Mein Gegenüber schüttelt den Kopf. „Nach meinem Gefühl sind die Mütter immer die ersten, die gehen. Aber wenn sich eine Tür schließt, geht eine neue auf. Nichts passiert ohne Grund“, ist Becker überzeugt.
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Die sich öffnende Tür hatte ganz viel mit ihrer Mutterschaft zu tun und ihrem Gefühl von Zusammengehörigkeit. Und so kam sie auf die Idee, sich mit Mode selbstständig zu machen; Mode für Mutter und Kind.
Der Grundgedanke für ihr Label „We are us“ sei natürlich nicht, Mami und Baby einen Einheitslook zu verpassen. Ihr gehe es vielmehr darum, den Gedanken des füreinander Einstehens, „wie man das in einer Familie tut“, nach außen zu tragen und Stücke zu entwerfen, die „Groß und Klein ein Lächeln ins Gesicht zaubern“.
Kleidungsstücke unter fairen Arbeitsbedingungen produziert
Besonders wichtig sei ihr dabei, dass ihre Kleidungsstücke unter fairen Arbeitsbedingungen produziert würden, was sie garantieren könne, und dass ein Teil des Umsatzes ohne Umwege in wohltätige Projekte fließe. „Wir bekämpfen uns alle gegenseitig, aber wir müssen merken, dass wir nur zusammen etwas erreichen können.“
Katrin Becker hat diese Erfahrung, wie sie mir erzählt, gerade selber gemacht. Und zwar dadurch, dass sie sich mit Gründung ihres Unternehmens, das nach wie vor als „One-Woman-Show“ funktioniert, im Co-working Space „We work“ eingemietet hat. In dieser Bürogemeinschaft, wie man früher gesagt hätte, im sechsten Stock eines Eckgebäudes am Friesenplatz, habe sie unfassbar viel Unterstützung erfahren und Starthilfe bekommen. Inzwischen lasse sie nicht nur T-Shirts oder Hoodies – „übrigens auch für Papas“ – anfertigen, sondern auch Täschchen oder Rucksäcke für Groß und Klein.
„Aber irgendwann kommt doch das Alter, wenn es der Nachwuchs eher peinlich findet, denselben Look wie die Mama zu haben“, wende ich ein. Becker lacht zustimmend und sagt: „Deswegen produzieren wir auch nur bis zu einer bestimmten Größe. Spätestens mit elf wollen die ihren eigenen Stil finden.“ Hinsichtlich der Prints, „die natürlich in Köln gemacht werden“, sei ihr wichtig, „dass alles auch für sich alleine stehen kann“. Und manchmal bleibt es auch der Fantasie des Betrachters überlassen, das große „M“ auf dem Rücken eines Hoodies als Initial von „Mom“ oder „Miracle“ (Wunder) zu sehen.