„Wie Sheriffs“Kölner Wirte kritisieren Auftreten von Ordnungsbeamten scharf
Köln – Nach einem eskalierten Einsatz des Ordnungsamts im Ehrenfelder Club Bumann & Sohn vor drei Wochen beklagen auch andere Kölner Wirte ein „unverhältnismäßiges“ Auftreten von Ordnungsbeamten im Rahmen von Gaststättenkontrollen. Daniel Rabe, Vorsitzender der IG Gastro, bestätigt auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass Gastronomen die Einsätze zunehmend als grenzüberschreitend empfinden.
Er wisse von Wirten, die sich nicht trauten, damit an die Öffentlichkeit zu gehen, „weil sie Sorge vor Restriktionen haben und davor, ins Kreuzfeuer zu geraten wie das Bumann“. Hier wurde nach dem Einsatz Ende August nach einer erneuten Kontrolle ein Teil der Außengastronomie geschlossen, weil laut Stadt Köln der andere Teil des Areals ohne Baugenehmigung sowie ohne „gaststättenrechtliche Genehmigung“ und Schankkonzession betrieben worden sei. Die Wirte des Bumanns wollten sich zu der Angelegenheit nicht näher äußern.
Stadt Köln weist Vorwürfe zurück
Die Stadt Köln weist die Vorwürfe von Rabe zurück: Der Ordnungsdienst kontrolliere die Einhaltung der geltenden Corona-Regeln und handle zumeist anlassbezogen, also nach Eingang von Anwohnerbeschwerden, sagte ein Stadtsprecher. „Die Einsätze der Mitarbeitenden des Ordnungsdienstes erfolgen stets verhältnismäßig. In der Regel sind Zweier-Teams unterwegs“, bei einer zu erwartenden hohen Zahl an Gästen in einem Lokal können es jedoch auch mehr Mitarbeitende sein, „zum Eigenschutz bei eventuell auftretenden Angriffen aus dem Kreis der Gäste“. Und: „Nicht alle Gastronomen und Gastronominnen verhalten sich bei Kontrollen kooperativ, und nicht alle wirken bei Kontrollen mäßigend auf ihre Gäste ein“, berichtet der Stadtsprecher. Einen konkreten Betrieb nannte er dabei nicht.
Rabe zählte 14 Einsätze in seinem Kölner Lokal Bagatelle
IG-Gastro-Vorsitzender Rabe sagt, er habe in den ersten drei Wochen nach Ende des Lockdowns allein 14 Einsätze in der Bagatelle Südstadt gezählt. „Ich war teilweise nicht vor Ort, aber wurde dann telefonisch verbunden. Was die Beamten erzählten, war zum Teil abenteuerlich: Die kannten nicht immer die neueste Verordnung und in Sachen Mobiliar war manches auch ganz falsch.“ In seiner Bagatelle Bar in der Südstadt hätten sie neulich zudem „einfach eine Veranstaltung im Keller dicht gemacht“. Ohne Vorwarnung seien sie auf den Plan getreten, hätten gesagt, es sei zu laut und dann war Schluss. „Einfach so. So habe ich das vorher noch nicht erlebt“, so Rabe.
Laut dem Stadtsprecher hätten sich Anwohner über die Lautstärke in der Bagatelle beschwert. Daraufhin habe es „anlassbezogene Einsätze“ gegeben, die „naturgemäß ohne Vorwarnung erfolgen“. Wenn Beamte Verstöße feststellten, würden auch Nachkontrollen stattfinden, „um sicherzustellen, dass die geltenden Regeln nach Feststellung des Verstoßes eingehalten werden“.
Das könnte Sie auch interessieren:
Genauere Auskunft über Kontrollen in konkreten Betrieben könne die Stadt aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht geben. Der Stadtsprecher betont, die Mitarbeiter des Ordnungsamts seien über die jeweils gültige Coronaschutzverordnung sowie über das Landesimissionsschutzgesetz informiert.
Rabe: Ordnungsamt hat es zur Zeit auch schwer
Rabe will nicht pauschal gegen das Ordnungsamt wettern: „Da gibt es teilweise auch sehr coole Leute. Ich weiß auch, dass es schwierig ist, weil sie neue Leute eingestellt haben. Ich will momentan auch nicht als Beamter über die Zülpicher Straße laufen. Viele Leute müssen sich da respektvoller verhalten.“ Dennoch habe er das Gefühl, dass die „wirklichen gastronomischen Brennpunkte“ eher gemieden werden, während Läden mit „fähigen Leuten“ plötzlich in die Mangel genommen würden. Und formelle Fehler wie bei der Außengastronomie des Bumanns könne man auch anders klären. „Es geht um die Art und Weise, dass die wie Sheriffs da reinlaufen und Leute fixieren und kriminalisieren. Das ist das Allerletzte.“ Die Stadt betont hierzu, dass „sich die Mitarbeitenden des Ordnungsdienstes nicht wie „Sheriffs“ verhalten.
Kölner Klubkomm besorgt
Auch die Klubkomm, der Interessenverband der Kölner Clubs und Veranstalter, zeigt sich nach dem Einsatz im Bumann besorgt. Vorsitzender Mankel Brinkmann betont aber zugleich, dass es in den seit Ende August geöffneten Clubs seines Wissens nach keine flächendeckenden, massiven Kontrollen gegeben habe. „Es ist ganz normal, dass die 3G-Regel überprüft wird. Die Frage ist, in welcher Form kontrolliert man? Inmitten eines Konzerts oder am Rande eines Betriebs, ohne dass die Veranstaltung gestört wird.“
Klubkomm: Sensiblere Anwohner nach 1,5 Jahren ohne Veranstaltungen
In einem Schreiben, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, treten IG Gastro und Klubkomm gemeinsam an die Stadtverwaltung sowie an die Fraktionen im Rat heran. Darin fordern die Verbände „einen ausgewogenen Umgang mit allen unseren Mitgliedsbetrieben“. Sie seien über den Einzelfall des Bumanns hinaus um „die Wiedereröffnungsszenarien der Mitgliedsbetriebe“ besorgt, und gehen „von einer höheren Sensibilität von Anwohnern aus, die vielfach seit rund anderthalb Jahren keinen Veranstaltungsbetrieb mehr in ihrer Nachbarschaft gewohnt sind“.
Versöhnliche Töne werden angeschlagen: „Wir haben unsere Gespräche mit dem Innendienst des Ordnungsamtes bislang stets als konstruktiv erlebt und eine partnerschaftliche Kommunikation auf Augenhöhe geführt. Diese gilt es für die Zukunft wieder herzustellen." Die Wirten hätten laut Rabe einen runden Tisch angefragt, an dem IG Gastro, Stadtverwaltung und Politik teilnehmen sollen. Die Stadt bestätigte, dass es in der kommenden Woche Gespräche über die weitere Zusammenarbeit geben soll.