Köln – Neben Selbstfindungslektüre und Gesundheitsratgebern sind schon seit einigen Jahren zwei Genres von Büchern bei Lesern sehr beliebt: Regionalkrimis und sogenannte True-Crime-Geschichten, also die Schilderung von echten Kriminalfällen. Die letzten beiden Gattungen vereint nun ein neues Buch, das – bisweilen mit bisher unbekannten Details – insgesamt 15 Fälle aus der Kölner Nachkriegszeit neu erzählt, darunter die Entführung von Nina von Gallwitz aus Hahnwald 1981 und die Geiselnahme in der Deutschen Bank am Dom Ende 1971.
Das im Kölner Greven-Verlag erschienene Buch „Köln Kriminell“ von Bernd Imgrund hat der ehemalige Kölner Oberbürgermeister, Regierungspräsident und Polizeipräsident Jürgen Roters am Mittwoch vorgestellt, der nach eigener Aussage viele dieser Fälle in einer seiner Funktionen selbst miterlebt hat. „Beim Lesen ist mir aber häufig die Dramatik und Fürchterlichkeit der Taten erst so richtig bewusst geworden“, sagte Roters. Und von grausamen Taten habe Köln sowieso einige zu bieten gehabt. „Mord und Totschlag gibt es überall. Aber die Dichte ist in Köln bemerkenswert. Der Schatten ist hier schon dunkler als in anderen Städten.“
Er nennt zum Beispiel das Attentat in einer Schule in Volkhoven im Juni 1964, das Roters eines der schlimmsten Verbrechen in der Kölner Nachkriegsgeschichte nennt. Ein 42-Jähriger tötete damals acht Kinder und zwei Lehrerinnen mit einem selbst gebauten Flammenwerfer und einer Lanze. „Als ich begriffen habe, welches Leid die Opfer ertragen mussten, kamen mir beim Lesen die Tränen“, sagte Roters, der aber auch lobte, dass Imgrund nicht nur auf die Opfer, sondern teils auch auf die Motivation der Täter blickt. Das, sagt Roters, zeige schmerzhaft auf, wie gefährdet die Gesellschaft sei.
Jürgen Roters beklagt Mitleidlosigkeit in früheren Jahren
Für Roters ist die Lektüre aber auch eine Art schlaglichtartiges Sittengemälde der Kölner Gesellschaft in den Jahrzehnten zwischen Krieg und Heute. Roters beklagt, dass es früher eine Mitleidlosigkeit gab. Der sei zum Beispiel der Boxer Jupp Elze 1968 zum Opfer gefallen, der, sagt Roters, „geradezu in den Tod geprügelt wurde“. Auch der Fall des Schimpansen „Petermann“, einst als Maskottchen zur Schau gestellt und 1985 nach einem Ausbruch aus dem Kölner Zoo von der Polizei erschossen, zeige diese Mitleidlosigkeit, die heute glücklicherweise überwunden sei.
So beschreibe „Köln Kriminell“, betont Roters, nicht nur die Schattenseiten der Stadt. Die Anteilnahme etwa nach der Entführung von Gallwitz„ habe die gute Seite der Stadt gezeigt, in der man aber sehr aufpassen müsse, was den „Umgang mit der Redlichkeit“ angehe. So wie in Imgrunds „Lieblings-Fall“, wie er sagt, der Posse um eine Brücke am Aachener Weiher, die am Ende ein riesiges Steuergrab wurde. Auch dieser Vorgang ist für Imgrund in einer Weise kriminell, dass er in das Buch gehört. Dieses, sagt Roters, sei also kein schwarzes und kein weißes Buch, sondern ein buntes.