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Chefin des Comedy-Festivals„Corona ist Schlag vor den Bug für Kölner Eventbranche“

Lesezeit 4 Minuten
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Lisa Steinmann ist die neue Leiterin des Köln-Comedy-Festivals

  1. Seit Anfang Juni ist Lisa Steinmann, die hauptberuflich als Veranstaltungskauffrau arbeitet, neue Leiterin des Köln-Comedy-Festivals.
  2. Keine einfache Aufgabe, denn „natürlich ist Corona ein Schlag vor den Bug für die gesamte Entertainmentbranche.“
  3. Im Interview spricht Steinmann über ihre neue Rolle als Leiterin, Humor in Zeiten von Corona und ein zweites Comedy-Festival im Frühjahr.

KölnFrau Steinmann, es gibt Neuigkeiten in Ihrem Berufsleben...

Ja, ich bin seit dem ersten Juni Leiterin des Köln-Comedy-Festivals.

Wie kam es dazu?

Ich bin ja schon seit 15 Jahren hauptberuflich als Veranstaltungskauffrau tätig. Vor anderthalb Jahren hat man mich angefragt für eine strategische Beratung vor dem Hintergrund, dass das Festival in diesem Jahr seinen 30-Jährigen Geburtstag feiert. Aus der Zuarbeit wurde Mitarbeit und im Zusammenspiel erwuchs dann die Idee, das Festival nicht nur räumlich, sondern auch personell neu aufzustellen.

Und dann kam Corona ...

Corona ist natürlich ein Schlag vor den Bug für die gesamte Entertainmentbranche. Aber wir haben das Glück, dass unser Festival erst im Oktober an den Start geht, und wir werden zusammen mit unseren Partnern, den Theatern, das Möglichste möglich machen, damit Köln ab Ende Oktober wieder lacht.

Zur Person

Lisa Steinmann, 1966 in Köln geboren, ist seit 13 Jahren selbstständige Veranstaltungskauffrau. Seit 2004 ist sie auch politisch aktiv: Seit 2016 Mitglied im Landesvorstand der SPD, Schwerpunktthemen Kultur und Medien. Steinmann ist Mitbegründerin des Instituts für Komik und seit 1. Juni 2020 Leiterin des Köln-Comedy-Festivals. (she)

Das klingt, als sei den Kölnern das Lachen zwischenzeitlich vergangen?

Im Gegenteil. Durch die Corona-Krise ist die XXL-Comedy-Nacht zwar ins Frühjahr 2021 gerückt. Aber das gibt uns die Möglichkeit, das Festival auszubauen, eine zweite Saison im Frühjahr zu starten: unseren Springbreak.

Also aus eins mach zwei?

Genau. 30 Jahre Festival lehren uns, noch mehr zu machen. Mehr für Köln, mehr für die Szene. Wir möchten Comedy in all ihren Facetten zeigen. Im Herbst spielen wir in Theatern, Bürgerzentren und anderen Kulturstätten. Das soll sich auch künftig nicht ändern, aber es wäre schön, wenn man die Phase im Frühjahr nutzen könnte, um einen zentralen Festival-Standort zu etablieren.

Welchen Vorteil hätte ein zentraler Standort?

Das macht Menschen neugierig, die sonst nicht ins Theater gehen, und es macht Vielfalt möglich. Ich stelle mir langfristig etwas vor wie ein Zelt, wo man vom Bierchen bis zur Schaustellerbratwurst alles bekommt und auf verschiedene Darstellungsformen von Comedy trifft. Ich würde gerne mehr den öffentlichen Raum bespielen, auch mal outdoor produzieren, um das Festival in ganz Köln sichtbarer zu machen.

Sie sind auch Mitbegründerin des im vergangenen Jahr gegründeten Instituts für Komik. Was ist für Sie Humor?

Humor ist ein befreiendes Element und damit wichtig zur Verarbeitung von tragischen Erlebnissen. Humor ist aber auch Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt. Humor ist Spiegel einer Gesellschaft und damit gesellschaftspolitisch relevant. Und er ist ein schützenswertes Kulturgut.

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Wollen Sie damit sagen, der Humor ist in Gefahr?

Ja, die Grenzen des Sagbaren haben sich verengt. Es gibt Länder, wo du als Frau gar nicht auf die Bühne darfst und Witze machen kannst. Die Grenzen des Sagbaren haben sich auch verschoben, weil die Gesellschaft den Sinn beziehungsweise das Verständnis für Mehrdeutigkeit verliert. Vor allem im digitalen Kontext. Deshalb ist Humor auch immer ein bisschen Zeitgeschichte.

Haben sich nur die Grenzen des Sagbaren verschoben oder hat sich die Quelle des Humors verändert? Oder anders gefragt: Hat Comedy an Qualität verloren?

Die Grenzen zwischen Kabarett, Satire und Comedy sind ja fließend. Stand-up-Comedy läuft wie geschnitten Brot. Dieses Prinzip „eine Person, ein Mikro, kein Kostüm, keine Rolle“ ist eins, was mich durchaus sehr oft unterhält, aber es gibt noch so viel mehr. Es gibt den Sketch, die Pantomime, den Wortwitz, den inszenierten Humor. Aber diese Formate kommen nicht so leicht an die Front.

Mit „solche Formate“ meinen Sie den Gegenentwurf zum Schenkelklopfer?

Richtig. Wobei ich diese Humorstufe nicht verbieten will. Aber sie ist nur die eine Seite vom Lachen. Es gibt noch eine andere, eine feine, eine stille, nicht despektierliche. Und beides darf. Mein Eindruck ist, dass Kreativität verloren geht, weil Kommerz und Schnelllebigkeit so vieles überdeckt.

Sie sitzen nicht mehr in Mülheim, sondern in einem nagelneuen Büro im Belgischen Viertel.

Ja, wir haben die Schanzenstraße verlassen, um das Festival ganzjährig in die Sichtbarkeit zu stellen. Wir fungieren hier in Zukunft mehr als Café, Treffpunkt und Begegnungsstätte. Wir wollen vor allem auch ein Anlaufpunkt für Künstler, Veranstalter und Festivalbesucher sein.

Und wir alle können uns im Herbst auf die Verleihung des Deutschen Comedy-Preises freuen?

Ja, am 2. Oktober gehen wir in Co-Produktion mit Brainpool TV bei SAT.1 auf Sendung, unserem neuen Partner. Und wir freuen uns natürlich auch auf diese wenngleich spezielle Festivalphase vom 29. Oktober bis 7. November mit zahlreichen Köln-Premieren in den verschiedenen Häusern der Stadt.