Prozess am Landgericht KölnMisshandelte Schwangere berichtet von Todesangst
Köln – Immer wieder kamen Sarah F. die Tränen, als sie im Landgericht erzählte, was ihr im vorigen Herbst angetan worden sei. Ihre Aussage belastete den Hauptangeklagten Milan D. (26) und die Mitangeklagte Mona T. (21) schwer. Den beiden wird unter anderem vorgeworfen, Sarah F. misshandelt zu haben, als sie schwanger war. Diese nahm die Vernehmung so mit, dass der Vorsitzende der 4. Großen Strafkammer die Sitzung gelegentlich unterbrach, damit sie sich sammeln konnte.
Milan D., der mit seiner Ehefrau fünf Kinder hat, führte seit 2018 eine Nebenbeziehung mit Sarah F. Nach den Worten der 22-Jährigen wurde das Verhältnis immer schlechter, seit sie von ihm schwanger war. Zum Bruch sei es im September 2021 wegen des ersten der zwei angeklagten Vorfälle gekommen. Milan D. habe sie in ihrer Wohnung in der Hochhaussiedlung Kölnberg geschlagen, getreten und die Herausgabe von Geld verlangt. Nach ihrer Darstellung hatte er mitbekommen, dass sie 600 Euro abgehoben hatte – Geld vom Sozialamt für die Erstausstattung des Babys.
In einer Wohnung im 25. Stock eingesperrt
„Soviel Geld hatte ich noch nie“, sagte Sarah F. (alle Namen geändert). Schließlich habe Milan D., für den es das Wichtigste sei, „Kinder zu kriegen und Geld zubekommen“, die 600 Euro gefunden und mitgenommen, ebenso ihr Handy und den Schlüssel zur Wohnung im 25. Obergeschoss, in der er sie eingesperrt habe. Erst am nächsten Tag sei er zurückgekehrt, habe ihr das Handy, den Schlüssel, aber nur 70 Euro wiedergegeben. Ob sie um Hilfe gerufen habe, wollte der Vorsitzende wissen. Das hätte keinen Zweck gehabt, sagte Sarah F.: „Da wohnen nur Psychopathen.“
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Sie kündigte die Wohnung, zog zu ihrer Familie. Vom Angeklagten habe sie sich tunlichst ferngehalten. Doch am 6. November, eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin, habe er sie nahe der Deutzer Freiheit abgepasst und in einen Wagen gezogen. Auf der Rückbank habe Mona T., die sich zunächst unter einer Decke versteckt habe, gesessen. Die habe sie in einem fort beleidigt und mit Fäusten traktiert. Milan D. habe sie ebenfalls geschlagen, beschimpft und auch bedroht, weil sie ihn nach dem Vorfall in der Wohnung angezeigt hatte. Die Fahrt endete in der Nähe der belgischen Grenze, wo alle ausstiegen.
Opfer hatte nach eigener Aussage Todesangst
Nach Schilderung der Zeugin zwang Milan D. sie, sich bis auf die Socken auszuziehen, und Mona T. drosch weiter auf sie ein. „Ich hatte solche Angst und dachte, ich komme da nicht mehr lebend raus.“ In ihrer Not sei sie auf die Forderung des Angeklagten eingegangen und habe seinem Anwalt eine SMS geschickt mit der Ankündigung, sie werde die Anzeige zurücknehmen. Auf der Rückfahrt habe sie starke Bauchschmerzen vorgetäuscht, sodass die Angeklagten sie zum Krankenhaus Porz gebracht hätten. Von dort habe sie trotz der Drohung, sie solle „keine Scheiße bauen“, ihre Mutter angerufen. Bald seien die Eltern gleichzeitig mit der Polizei eingetroffen.
Angeklagter räumt ein Schwangere zum Ausziehen gezwungen zu haben
Die Erklärung, die Milan D. am selben Prozesstag seine Verteidigung hatte abgegeben lassen, passt in vielem nicht zur Darstellung der Zeugin. Sarah F. sei von Eifersucht auf seine Frau getrieben gewesen, behauptete er. In ihrer Wohnung habe er ihr weder etwas angetan noch Geld entwendet, vielmehr habe sie „die Erstausstattung für das Baby verspielt“ und beim entstehenden Streit Gegenstände nach ihm geworfen. Nach jenem Tag hätten sie sich weiterhin gesehen und auch Sex gehabt. Bei der Autofahrt in Richtung Belgien sei Mona T., mit der er ebenfalls intim gewesen sei, die treibende Kraft gewesen. Beherrscht von Eifersucht, habe sie Sarah F. „eine Lektion erteilen“ wollen. Der heftige Streit der Frauen im Auto habe ihn „überfordert“ und bis zur „Paranoia“ gestresst, sagte der Angeklagte. Als Sarah F. ihn beleidigt habe, habe er sie geohrfeigt. Ebenso räumte er ein, dass es auf der Fahrt durchaus um die Strafanzeige gegangen sei und dass er und Mona T. die Schwangere an einem Waldstück gezwungen hätten, sich an einen Baum zu stellen und sich auszuziehen. Ob Sarah F. die SMS an seinen Anwalt von sich aus geschrieben oder er sie dazu aufgefordert habe, könne er nicht mehr sagen.
Der Prozess wird am 18. August fortgesetzt.