Mit dem VW-Bus an den Weinberg„Habe die Corona-Zeit als schöne Zeit erlebt“
- Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
- Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Diesmal ist sie auf Silvio Passadaki gestoßen, der eigentlich Fußballprofi werden wollte.
- Der 41-Jährige hat die Corona-Zeit genutzt, um mit seinem VW-Bus die Schönheiten Deutschlands kennenzulernen.
Köln – Ach, wie schade!“, sage ich, als ich erfahre, dass es mit dem ursprünglichen Berufswunsch nicht funktioniert hat. Silvio Passadakis, mit dem ich dieses – vergnügliche – Kaffeegespräch führe, wollte als Schüler Fußballprofi werden. Der Plan war, schon mit 22 genug Geld zu verdienen, „um meinen Eltern ein Häuschen im Grünen kaufen zu können“. Aber er habe wohl nicht gut genug gekickt. Danach habe er Fußballtrainer werden wollen. „Das hat auch nicht geklappt.“ Wir lachen beide.
In der folgenden halben Stunde erzählt mir der 41-Jährige im Schnelldurchlauf seine Geschichte, die wesentlich darauf basiert, dass sich seine Eltern Anfang der 70er Jahre im „Ding“ am Zülpicher Platz begegneten und offenkundig aneinander Gefallen fanden.
„Und haben Sie Ihr Glück auch in der Kneipe gefunden?“ – Passadakis, der heute zufrieden ist mit seinem Job als Konzeptioner in einer kleinen Agentur, lächelt. Er habe versucht, die Familientradition aufrechtzuerhalten. „Hat auch nicht geklappt“, mutmaße ich. Nein, bei ihm sei es auf der Arbeit passiert. Aber er sei „trotzdem glücklich“, betont er. Er selber sei in Jülich zur Welt gekommen als Sohn eines in Deutschland geboren Griechen und einer Hürth-Knapsackerin. Der Großvater väterlicherseits stamme aus der Hafenstadt Kavala, die Großmutter aus dem südfranzösischen Aix-en-Provence. Zwei der drei Orte seiner familiäre Herkunft lägen also mehr oder weniger am Meer, „raten Sie mal, welcher nicht!“
Rheinländisch sozialisiert
Ich fürchte, er spielt auf das Köln-nahe Industriegebiet an, das man immer falsch schreiben möchte und denke an den Lavendelduft der Provence. Er sei eindeutig „rheinländisch sozialisiert“, antwortet Passadakis auf meine Frage, welche Anteile bei ihm stärker ausgeprägt seien. Er sei „glücklich über die Küche, die ich in meiner Kindheit genießen durfte“, die von griechischen und französischen Einflüssen geprägt gewesen sei „und von nordafrikanischen, weil mein Großvater dort stationiert war“.
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Passadakis gehört zu den Menschen, die „die Corona-Zeit bisher als schöne Zeit“ erlebten. Auf meinen erstaunten Blick hin erzählt er von seinem alten VW-Bus, der ihn und seine Lebensgefährtin gerettet habe. Sie hätten auf zahlreichen Touren die Schönheiten Deutschlands kennengelernt. „Wo hat’s Ihnen am besten gefallen? “ – „An der pfälzischen Weinstraße. Dort eine Weinprobe zu machen und es hinterher nur noch 40 Meter zum quasi im Weinberg geparkten Auto zu haben, sei einfach großartig.
Obwohl er sich als Rheinländer fühle, gehöre Vertreibung und Umsiedlung zu seiner Familiengeschichte, so Passadakis. „Ich fühle mit Menschen, die eine neue Heimat suchen. Das sei in der Familie verankert. So lange er zurückdenken könne, setzten sich seine Eltern für Migranten ein, betont er und berichtet von einem afghanischen Flüchtlingsmädchen, das seine Eltern nach dessen dramatischer Flucht jahrelang unterstützt hätten. Sie habe hier inzwischen ihren Realschulabschluss gemacht. „Das ist ein tolles Beispiel, wie erfüllend es sein kann, Menschen zu helfen.“