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Ohne Spritzen und BohrerKölner Zahnärztin hat eigene Sprache für Kinder entwickelt

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Kristin Briegleb hat mit Susanne Hengesbach über ihren Alltag als Zahnärztin gesprochen.

  1. Wie reagieren Menschen – was erzählen sie, wenn man sie auf der Straße anspricht und zu einem Kaffee einlädt?
  2. Dieser Frage geht Susanne Hengesbach regelmäßig nach. Diesmal ist sie auf Zahnärztin Kristin Briegleb getroffen.
  3. Die 33-Jährige berichtet von ihrem Kampf gegen Zahnarzt-Traumata bei Kindern und Erwachsenen.

Köln – Die Redensart vom Schuster, der selber die schlechtesten Schuhe trägt, lässt sich auf meine heutige Gesprächspartnerin absolut nicht übertragen. Im Gegenteil. Mit ihrem Lächeln könnte Kristin Briegleb Werbung für Zahnpasta und natürlich auch für ihr eigenes Metier machen, denn sie ist Zahnärztin. Wie ich im Gespräch erfahre, sogar eine besondere; vermutlich genau die, die ich mir als Kind gewünscht hätte, während ich mich mit schweißnassen Händen am Behandlungsstuhl festgekrallt habe.

Briegleb weiß um die vielen tiefen Traumata, die von Zahnarztbesuchen herrühren. Oft seien es die Erfahrungen im Kindesalter, die später den Ausschlag dafür geben, dass Erwachsene nie mehr freiwillig zum Zahnarzt gehen, sondern erst dann, wenn es richtig weh tut, sagt die gebürtige Bonnerin. Nicht zuletzt aus diesen Gründen hat sie sich auf Kinderzahnheilkunde spezialisiert.

Die Angst vor der Zahnärztin

Ich begegne der 33-Jährigen auf der Zülpicher Straße, wo auch ihre Praxis liegt und habe Glück, sie auf einen Cappuccino ins „Wo ist Tom?“ entführen zu können. Dort erfahre ich, dass sie aus einer Arztfamilie stammt, mit einem Kieferorthopäden verheiratet ist und ein zehn Monate altes Kind hat.

Angesichts manch schrecklichen Bildes, das sich auftut, wenn ein fremdes Gegenüber den Mund öffnet, gehe ich davon aus, das die stark verbreitete Angst vorm Zahnarzt im Laufe der Jahre nicht abgenommen hat. Briegleb lächelt bestätigend. Während ihrer Zeit an der Uniklinik und später als Assistenzärztin in einer Praxis habe sie die Erfahrung gewonnen, dass es sogar eher schlimmer werde.

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Eine andere Erkenntnis ist die, dass Karies in finanziell schwachen Schichten wesentlich verbreiteter sind. „Man kann sagen, dass zehn Prozent der Bevölkerung 100 Prozent Karies haben. Und an diese Bevölkerungsschicht kommt man präventiv kaum ran.“

Sie selber habe schon früh gemerkt, dass sie einen sehr guten Zugang zu Kindern habe und sich für diese aus Sicht vieler Kollegen weniger attraktive Spezialisierung entschieden.

„Weswegen weniger attraktiv?“ – „Man braucht sehr viel mehr Zeit beim Kind und Geduld.“ – „Ähnlich wie der Friseur“, stelle ich fest. Briegleb nickt. Glücklicherweise werde die Arbeit inzwischen etwas besser vergütet. Und wenn ein Kind lächelnd vom Zahnarzt heimkehre, spreche sich das schnell rum.

Eine eigene Sprache für Kinder

„Und wie schaffen Sie das?“, frage ich und erhalte in den darauffolgenden Minuten eine überzeugende Antwort. Die Medizinerin hat nämlich eine eigene Praxis-Sprache für die Kinder entwickelt hat. Es gibt keine Spritze und keinen Bohrer. Briegleb lässt Zähne schlafen, benutzt „Schlürfi“ anstelle von Absauger oder startet die „Mundwaschmaschine“. „Man muss Assoziationen aus dem Alltag finden, die ganz normal sind und keine Angst machen.“

Bei ihr gelangten die Kinder über „Hüppekästchen“-Felder zum Behandlungszimmer, wo es auch keinen Stuhl, sondern eine Liege gebe, die zum Draufklettern einlade. Und an der Decke liefen Kinder-Videos vom Maulwurf oder der Sendung mit der Maus.

Selbst wenn man sehr drauf achte, dass das Kind in den ersten Lebensjahren möglichst keinen Zucker verzehre, lassen sich Karies dadurch nicht immer ausschließen“, sagt Briegleb. Es habe dann überhaupt keinen Sinn, den Eltern Vorwürfe zu machen, „die fühlen sich dann sowieso schuldig“.

Ein ganz großes Thema sei Zahnseide. Damit könne man nämlich auch schon bei den Kleinen auf spielerische Weise anfangen.