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ProzessstartKölner Muslimin verklagt Diakonie Michaelshoven wegen Diskriminierung

Lesezeit 4 Minuten
Michaelshoven Diakonie

Die Diakonie Michaelshoven in Rodenkirchen

Köln – Eine muslimische Bewerberin prozessiert am Mittwoch, 20. Oktober, vor dem Kölner Arbeitsgericht gegen die Diakonie Michaelshoven und deren Stiftung „einfach helfen“. Die Unternehmerin hatte sich für eine Stelle als Geschäftsführerin bei der Stiftung beworben – und fühlte sich nach einem Bewerbungsgespräch und einer Präsentation diskriminiert.

Wurde die Bewerberin benachteiligt?

Die Frau hatte in ihrer Bewerbung geschrieben, dass sie einen muslimischen Hintergrund habe, sich aber mit den christlichen Werten identifiziere und ihre Kinder in Deutschland auch getauft worden seien. Auf dieser Grundlage war sie zu dem Bewerbungsgespräch eingeladen worden und hatte eine Präsentation gehalten, bevor ihr vom theologischen Vorstand der Diakonie Michaelshoven gesagt worden sei, sie müsse „die Konfession wechseln, um den Job antreten zu können“. Vom anderen Vorstand sei ihr mitgeteilt worden, ihre Präsentation sei „die beste aller Bewerber gewesen“, sagte die Frau dieser Zeitung.

Diakonie Michaelshoven weist Vorwürfe zurück

Die Diakonie Michaelshoven hatte den Vorwurf der Bewerberin, sie sei diskriminiert worden, in einer Stellungnahme gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ Anfang Juli zurückgewiesen. Der Vorstand halte die Bewerberin für gut qualifiziert, „wobei für den wichtigen Bereich des Fundraising Bewerbungen vorgelegen haben, die über geeigneter erscheinende Qualifikationen insbesondere in Bezug auf praktische Erfahrung verfügen“, hieß es in einer Stellungnahme.

Die Bewerberin war in dem Vorstellungsgespräch auch über eine Loyalitätsrichtlinie und eine so genannte ACK-Klausel belehrt worden, die die Mitgliedschaft in einer der christlichen Kirchen für Mitarbeitende der Diakonie Michaelshoven in der Regel vorsieht, aber nicht vorschreibt. Als „unabdingbare Einstellungsvoraussetzung wurde die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche in dem Gespräch aber nicht definiert“, sagte Vorstand Birgit Heide im Juli auf Anfrage.

Vorstand und Bewerberin erinnern sich unterschiedlich

Die Bewerberin erinnert sich da anders: „Natürlich wurde mir gesagt, dass ich meine Konfession wechseln müsse, um den Job anzutreten“, sagt sie. Für die Aussage, dass sie die beste Präsentation gehalten habe, gebe es Zeugen – ihr Mann habe das entsprechende Telefongespräch über einen Lautsprecher während einer Autofahrt mitgehört. Die Frau klagt nun unter anderem wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot.

Nach der Berichterstattung dieser Zeitung meldete sich ein weiterer ehemaliger Bewerber. Die Diakonie Michaelshoven habe im Juli 2019 auf ihrer Homepage die Stelle „Mitglied der Geschäftsleitung/ berufliche Bildung und Integration" für das „Berufsförderungswerk Köln ausgeschrieben, sagt Norbert W.. Aufgrund seiner Erfahrungen und Kompetenzen fühlte W. sich angesprochen und bewarb sich. Nach dem ersten Gespräch mit den beiden Vorständen der Diakonie Michaelshoven sowie dem Geschäftsführer des Berufsförderungswerks sei ihm mitgeteilt worden, „der beste und nunmehr auch der letzte verbliebene Bewerber zu sein“.

Weiterer Bewerber fühlt sich unethisch behandelt

Norbert W. ist evangelisch. Nachfragen zur Konfession kamen bei seiner Bewerbung nicht, anders als die Bewerberin fühlt er sich auch nicht diskriminiert, „unethisch und unchristlich behandelt allerdings sehr wohl“.Man habe ihm sechs oder sieben Wochen Zeit gegeben, ein Konzept zur strategischen Neuausrichtung des Berufsförderungswerks auszuarbeiten. Schon vor der Präsentation habe man ihm mitgeteilt, er sei der „letzte und beste aller Bewerber“. Dies sei aus seiner Sicht die Grundlage für das Gespräch gewesen – und Konsens unter den Vorständen und dem Geschäftsführer des Berufsbildungswerks.

Vor der Präsentation habe man ihm gesagt, wenn jetzt auch noch der Vortrag passe, werde er den Job bekommen. Nach der 90-minütigen Präsentation sei ihm von Uwe Ufer gesagt worden: „Sie haben die Vorbereitungszeit ausgezeichnet genutzt. Das war ein sehr, sehr guter Vortrag!“ Man werde sich bei ihm melden.

Wider Erwarten seien dann mehrere Tage vergangen, bis der Geschäftsführer des Berufsbildungswerks angerufen und gesagt habe: Er müsse leider absagen, man habe es sich anders überlegt. Man werde die Geschäftsführung nun doch nicht neu besetzen. Es gebe „neue Rahmenbedingungen“.

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Mit einer ähnlichen Begründung war der muslimischen Bewerberin abgesagt worden. Die Bewerberin habe keine Absage erhalten, weil unter den Bewerberinnen und Bewerbern keine Entscheidung getroffen worden sei. Der Vorstand habe „aufgrund geänderter Umstände entschieden, die ausgeschriebene Position nicht zu besetzen, sondern stattdessen nur eine/n weiteren Fundraiser*in einzustellen“, teilte das Unternehmen im Juli mit.

Als er den Artikel über die Bewerberin gelesen habe, „wurde mir klar, wie nah mir die Art der Absage seinerzeit heute noch geht“, sagt Norbert W. „Wieso schreibt man eine so hochwertige Stelle aus – wir sprachen über umfangreiche Führungsaufgaben mit vielen Mitarbeitenden, strategische Leitung und rund 90 000 Euro Jahresgehalt – wenn die Diakonie Michaelshoven nur wenige Tage später offenbar doch gar keinen Bedarf an einem solchen Mitarbeiter hat?“ Norbert W. könnte am Mittwoch beim Prozess der Bewerberin gegen die Diakonie Michaelshoven als Zeuge gehört werden.