Nach Aussagen in BewerbungsgesprächMuslimin wirft Kölner Diakonie Diskriminierung vor

Die Diakonie Michaelshoven in Rodenkirchen
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Köln – Die Stellenausschreibung der Diakonie Michaelshoven hörte sich für die Unternehmerin vielversprechend an: Das Sozialunternehmen mit seinen fast 3000 Mitarbeitenden im Rheinland suchte eine neue Geschäftsführerin für seine Stiftung, gefordert war Expertise im Spendenwesen. Mit ihrem Netzwerk und ihrem Wissen fühlte sich die Kölnerin angesprochen, einer der Vorstände des Sozialverbands ermutigte sie zu einer Bewerbung, wenig später folgte die Einladung zum Vorstellungsgespräch.
Die Präsentation mit Ideen fürs Fundraising und die Gewinnung neuer Großspender sei sehr gut gelaufen, sagt sie. Eines der zwei Vorstandsmitglieder habe ihr daraufhin gesagt, dass ihre Präsentation „die beste aller Bewerber“ gewesen sei. „Am Ende hat mir dann das andere Vorstandsmitglied allerdings eröffnet, dass ich die Konfession wechseln müsse, um den Job machen zu können. Das hat mich, die ich eigentlich selten um Worte verlegen bin, erstmal sprachlos gemacht“, sagt die Unternehmerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, da es „allein um die Sache“ gehe.
Die Bewerberin hatte in ihrem Anschreiben angegeben, dass sie einen muslimischen Hintergrund habe, die „christlichen Werte in Deutschland aber schätzen gelernt“ habe und ihre Kinder in Deutschland auch getauft worden seien. „Ich habe aus Loyalität gegenüber meinen Angehörigen und aus Angst vor Repressionen die Konfession nicht ändern können, aber mehrfach im Bewerbungsgespräch betont, dass ich mich mit den christlichen Werten vollkommen identifiziere“, sagt sie.
Diakonie weist Rassismus-Vorwurf zurück
Auf der Grundlage ihres Bewerbungsschreibens wurde sie zu dem Vorstellungsgespräch eingeladen und darüber hinaus gebeten, eine Präsentation mit Ideen für die Gewinnung von Spenden zu halten. „Allein daran habe ich mehrere Wochen gearbeitet“, sagt sie. „Um dann zu hören, ich müsse meine Konfession wechseln, um den Job antreten zu können?“ Es handele sich hier um „Diskriminierung“ und eine „subtile Form von Rassismus“, sagt sie.
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Die Diakonie Michaelshoven weist diesen Vorwurf „entschieden zurück“. Sie wolle und werde sich nicht zum Inhalt des Bewerbungsgesprächs äußern, sagt Birgit Heide, theologischer Vorstand der Diakonie, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, da diese Gespräche „immer vertraulich“ seien. „Sie können mir aber glauben, dass mich dieser Vorgang persönlich betroffen macht.“
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Dass christliche Träger Konfessionsvorschriften für die Einstellung von Mitarbeitenden haben, ist nicht ungewöhnlich. Die Diakonie Michaelshoven orientiert sich an einer so genannten ACK-Klausel, die die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Regel vorsieht, aber nicht vorschreibt. „Vorstände wie ich müssen bei uns evangelisch sein, ansonsten orientieren wir uns an der ACK-Klausel, weichen aber inzwischen auch oft davon ab, sofern die Bewerberinnen und Bewerber unsere Loyalitätsrichtlinie erfüllen“, sagt Heide. Werte der evangelischen Kirche wie die Nächstenliebe zu teilen ist demnach obligatorisch, einen christlichen Hintergrund zu haben nicht. „Wir sind stolz, da immer schon Ausnahmen gemacht zu haben, wir legen auf Diversität großen Wert“, sagt Heide.
Konfession soll kein Hinderungsgrund gewesen sein
Die Bewerberin hatte in ihrem Anschreiben betont, dass ihr Glauben dadurch geprägt sei, „dass wir Menschen alle gleich sind, unabhängig von Glauben, Religion, Geschlecht oder Hautfarbe“. Die Diakonie Michaelshoven sagt, dass der muslimische Hintergrund der Bewerberin habe keine Rolle gespielt: Die Geschäftsführerposition setze keine christliche Konfession, sondern lediglich ein „loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne unseres Selbstverständnisses als christlicher Kirche voraus. Diese Voraussetzung hat der Vorstand im persönlichen Gespräch mit der Bewerberin auch als erfüllt angesehen.“
Stelle nicht besetzt – aber warum nicht?
Der Vorstand halte die Bewerberin „für eine gut qualifizierte Kandidatin, wobei für den wichtigen Bereich des Fundraising Bewerbungen vorgelegen haben, die über geeigneter erscheinende Qualifikationen insbesondere in Bezug auf praktische Erfahrung verfügen“, heißt es in einer schriftlichen Antwort des Trägers. Die Bewerberin habe keine Absage erhalten, da unter den Bewerberinnen und Bewerbern keine Entscheidung getroffen worden sei. Der Vorstand habe „aufgrund geänderter Umstände entschieden, die ausgeschriebene Position nicht zu besetzen, sondern stattdessen zunächst nur eine/n weiteren Fundraiser*in einzustellen“. Wenn die Bewerberin den Hinweis der Vorständin auf die Loyalitätsrichtlinie und die ACK-Klausel falsch verstanden haben sollte, „bedauern wir dies, als unabdingbare Einstellungsvoraussetzung wurde die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche in dem Gespräch aber nicht definiert“.
Bewerberin hat Anwalt eingeschaltet
Die Bewerberin erinnert sich anders: „Natürlich wurde mir gesagt, dass ich meine Konfession wechseln müsse, um den Job anzutreten“, sagt sie. Daher frage sie sich, warum die ACK-Klausel „am Ende doch umgesetzt wurde“. Außerdem sei ihr gesagt worden, „dass ich die beste Bewerberin sei – das hat mir der andere Vorstand in einem Gespräch, für das es Zeugen gibt, sogar noch einmal bestätigt.“ Dass es geeignetere Kandidaten im Bereich Fundraising gebe, „hört sich genauso wie der Hinweis darauf, nun doch keine Geschäftsführerin einzustellen, eher wie eine billige Ausrede an“. Die Bewerberin überlegt, rechtliche Schritte gegen die Diakonie Michaelshoven einzuleiten.