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Schmerzensgeld gefordertNeue Hoffnung für Missbrauchsopfer bei Klage gegen Kölner Erzbistum

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Der Eingang zum Landgericht Köln

Der Eingang zum Landgericht Köln 

Das Landgericht will in einem Prozess um Schadensersatzforderungen eines Missbrauchsopfers die Klägerin vernehmen. 

In der Schmerzensgeldklage eines Missbrauchsopfers gegen das Erzbistum Köln gibt es aus Sicht der Klägerin neue Hoffnung. Das Landgericht Köln will sie persönlich zur Häufigkeit der Taten und deren Folgen vernehmen. Außerdem ordnete die zuständige 5. Zivilkammer ein Sachverständigengutachten zu den erlittenen Langzeitschäden an.

Die heute 38 Jahre alte Betroffene war Anfang der 1990er Jahre im Kindesalter von einem damals bereits volljährigen Messdienergruppenleiter sexuell missbraucht worden. Wegen vier dieser Vergehen, von denen zwei im kirchlichen, zwei im familiären Kontext stattfanden, erhielt der Täter 1998 eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.

Missbrauchsopfer fordert 850.000 Euro

Die Klägerin fordert vom Erzbistum eine Gesamtsumme von 850.000 Euro. Sie und ihre Anwälte tragen vor, es sei zu mindestens 280-fachem Missbrauch gekommen. Im Strafurteil ist der Satz enthalten, die Vergehen hätten über Jahre hinweg an jedem Mittwoch stattgefunden. Bistumsanwalt Jörn Quadflieg bestreitet die Angaben der Klägerin im Auftrag des Erzbistums „mit Nichtwissen“. Strittig zwischen den Prozessparteien ist auch, ob die gesundheitlichen Schäden der Klägerin ursächlich auf die Missbrauchstaten zurückzuführen sind. Das Erzbistum stellt dies infrage.

In einer solchen Lage setzt das Instrument der „Parteivernehmung“ ein, „wenn nach dem Ergebnis der Verhandlung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung spricht“, wie Gerichtssprecherin Diana Renk erklärte. In der mündlichen Verhandlung Ende März hatte die Kammer unter Vorsitz von Richter Dominik Theisen deutlich gemacht, dass ihr bislang hinreichende Beweise fehlten.

Opfer-Anwalt zuversichtlich

Klägerin-Anwalt Eberhard Luetjohann zeigte sich auf Anfrage erfreut und zuversichtlich, die Angaben seiner Mandantin erhärten zu können. Ihre persönliche Anhörung durch das Gericht sei zu begrüßen, auch wenn das „neue Qualen“ für sie bedeute.

Rechtlich spannend ist das Verfahren, weil das Landgericht in einem als spektakulär zu bezeichnenden Beschluss die Amtshaftung des Erzbistums für die Missbrauchstaten für gegeben hält: Der ehrenamtliche Gruppenleiter sei „als Verwaltungshelfer im Dienst des Erzbistums“ anzusehen, seine Tätigkeit als „Ausübung eines öffentlichen Amts einzuordnen“ und dem „seelsorgerischen Bereich zuzuordnen“. Das Erzbistum müsse deshalb für die Missbrauchstaten des jungen Mannes einstehen, auch wenn er kein Seelsorger oder hauptamtlich Beschäftigter war. Das Gericht bezeichnet ihn als einen verlängerten Arm des Pfarrers.

Der nächste Verhandlungstermin ist nach Angaben des Gerichts noch nicht bestimmt.

In einem weiteren Schmerzensgeldprozess um sexuellen Missbrauch will es seine Entscheidung am 6. Mai bekanntgeben. Es geht um ebenfalls 850.000 Euro, die die Pflegetochter des 2022 als Serientäter verurteilten Ex-Priesters Hans Ue. vom Erzbistum fordert.