Kölner Unternehmenschefin„In Deutschland ist man häufig verkopft bei Werbung“
- PR-Chefin Judith Dobner kreierte die legendäre Früh-Kölsch-Werbung mit dem Slogan „Bevor es Alt wird“.
Köln – Ist das nun Werbung oder Kunst? In der Geschichte verschmelzen beide Sphären so manches Mal, man denke nur an die Art-Déco-Plakate aus den 20ern oder an die Pop-Art von Andy Warhol. Doch im Ehrenfelder Fall scheint es für Werbe-Expertin Judith Dobner keinen Zweifel zu geben: Wo zuvor die Netflix-Serienheldin Nairobi prangte, strahlte später wochenlang das Lächeln der verstorbenen Kölner Schauspielerin Trude Herr an einer Hauswand in der Venloer Straße/Ecke Körner Straße.
„Für mich war das Bild von Trude Herr eindeutig Kunst, eine Hommage. Nairobi hingegen Werbung. Schlaue Werbung“, befindet Dobner, Unternehmenschefin der Kölner PR-Agentur „Counterpart Group“, die wir anlässlich des 30-Jährigen Firmenjubiläums zum Spaziergang treffen, mit dabei ihre Hündin Pepita. Schlau deswegen, weil sich das Mural perfekt in den Kontext einfügt habe: Ehrenfeld ist von Subkultur und Street Art geprägt, da habe der Streaming-Dienst gekonnt die lokale Ästhetik aufgegriffen. Für Dobner ist es längst schon Gewohnheit geworden – auch wenn eine nicht immer angenehme –, ihren prüfenden Blick in der Gegend streifen zu lassen und Werbung ihrem Expertencheck zu unterwerfen.
Dobner kreierte mit Kölner Agentur Früh-Kölsch-Werbung
„In der Gastronomie drehe ich als erstes immer den Bierdeckel um, um zu sehen, wie die Kommunikation ist. Im Supermarkt schaue ich, wie die Regale angeordnet sind“. Auch ihre 40 Mitarbeiter schnappten unterwegs Eindrücke auf, über die man sich dann austausche. Die 44-Jährige gebürtige Kölnerin leitet die im Belgischen Viertel ansässige Agentur seit 2005, drei Jahre zuvor stieß sie zum Unternehmen. 14 Jahre lang begleitete sie unter anderem Früh-Kölsch und entwarf für die Bierbrauerei etwa das eingängige Plakat, das ein leer getrunkenes Kölschglas zeigt – darüber der Slogan „Bevor es Alt wird“. Bei Werbung, die mit Lokalkolorit spiele, sei es wichtig, dass der Dialekt richtig geschrieben sei.
Gute Einfälle und knackige Botschaften wirkten vielleicht simpel, ihnen gingen jedoch lange strategische Prozesse voraus. „Wir kämpfen gegen das Klischee an, dass die Idee aus dem Nichts kommt. Wir forschen lange, was geht in den Köpfen der Zielgruppen vor und welche Sprache sprechen sie?“, sagt Dobner. Wie mutig ein Unternehmen sich in ihrer Außenkommunikation präsentiere, hänge von den jeweiligen Marketing-Chefs ab. Dobner jedenfalls beobachtet, dass „in anglistischen Ländern die Bereitschaft für mutige Werbung größer ist. In Deutschland ist man häufig verkopft“. Streichen Firmen im aktuellen Krisen-Modus denn als erstes die Werbung? „Das ist ganz unterschiedlich. Während die einen gerade jetzt mehr Präsenz zeigen, setzen andre natürlich als erstes die Marketing-Budgets ab“.
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Auch für sie als Chefin halte die Pandemie einige Herausforderungen bereit: Wenn durch Quarantäne-Anordnungen in der Familie Mitarbeiter ausfielen, wirke sich das auf das ganze Unternehmen aus. Aber Angst davor, die Kontrolle über Prozesse und ihre Mitarbeiter im Home-Office zu verlieren, habe sie nicht. „Mir fällt das nicht schwer. Für mich sind die Ergebnisse wichtig. Wenn das Ziel gut ist, ist mir der Weg egal. Der Kunde muss zufrieden sein“. Doch eine Ironie der Pandemie sei, dass sich die Mitarbeiter mittlerweile nach dem Büro zurücksehnten und nicht nur die Vorzüge des Home-Offices genießen.
Unternehmenschefin setzt sich für Tiere ein
Als Führungsperson ist Dobner lange Arbeitstage gewöhnt. Sie ist Herzblut-Unternehmerin, hat aber auch ein großes Herz für Tiere. Ihr Hund Pepita stammt ursprünglich aus Fuerte Ventura und lebt seit 10 Jahren bei Dobner. Sie hat sie über den Tierschutz, wie auch ihre vorherigen Vierbeiner. Und wenn sich mal ein Spalt Freizeit auftut, verbringt die passionierte Reiterin sie gern auf dem Rücken ihres spanischen Rassepferds – draußen im Grünen.
„Dann wechsle ich das Büro mit Fell, Schmutz und Wald. Ich praktiziere iberische Reitweisen, die sich früher aus der täglichen Arbeit mit Rindern und Stieren entwickelt hat“, erzählt Dobner. Wenn dann noch Zeit für einen Kaffee bleibt und nicht gerade Corona ist, kehrt sie gern im Café am Ostasiatischen Museum am Aachener Weiher ein. „Das liebe ich sehr. Es ist ein kontemplativer und völlig ruhiger Ort mitten in der Stadt“, so Dobner.