Die Kölnerinnen und Kölner haben sich auf den sechstägigen Streik der GDL eingerichtet. Der Bahnhof ist leer, das Verständnis schwindet.
Volle Brötchenauslagen, leere GleiseRekord-Streik der GDL lässt Kölner Hauptbahnhof verwaisen
Käsescheibe an Schinkenscheibe, Körnerkruste auf Laugenstange. Ein Brötchen reiht sich in der Auslage ans nächste. Normalerweise herrscht hier so ein Andrang, dass Nachschub gar nicht schnell genug kommen kann. An diesem Morgen aber stapeln sich die Brötchen hinter der frisch geputzten Glasscheibe und werden nicht weniger. Vor der Theke dieser Bäckerei ist es leer. So wie im gesamten Kölner Hauptbahnhof.
Der geringen Anzahl an Pendlern und Reisenden im Bahnhof nach zu urteilen, dürften sie es mitbekommen haben: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit Claus Weselsky an der Spitze streikt. Wieder einmal. Diesmal so lange, wie nie zuvor in der Geschichte der Deutschen Bahn. Die Leere im Hauptbahnhof vom Mittwochmorgen dürfte bis Montag, 29. Januar, anhalten.
Wer in diesen Tagen durch den Bahnhof läuft, ist wahrscheinlich entweder ein Kunde der privaten Bahn-Konkurrenten National Express, Transdev und Abellio oder hat die S-Bahn Lotterie gewonnen und eine der wenigen Linien erwischt, die noch fährt. Eine kleine dritte Gruppe Menschen trifft man hier auch noch: die extremen Optimisten. Sie sind die einzige Hoffnung der gelangweilten Bedienungen der Bäckereien, ihre so sorgfältig belegten Brötchen am Mittwoch loszuwerden.
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Nur wenige S-Bahn-Linien und Strecken der privaten Bahn-Konkurrenten werden befahren
Zwei von ihnen sind Marie und Charlotte, die nachmittags in Brüssel sein wollen. Gebucht hatten sie, bevor die GDL den Streik bekannt gab, am Morgen fiel dann der Zug aus. Doch sie halten an dem Plan fest: Ihre Tickets können sie im Bahnhof umbuchen, müssen die neuen aber zunächst zusätzlich bezahlen, erzählen die beiden. Der Notfahrplan der Bahn könnte sie retten. Sie holen sich erst einmal einen Kaffee und hoffen, dass die Verbindung nun funktioniert. Verständnis für den Streik hätten sie – aber: „Das Schlimme ist, dass die Falschen darunter leiden“, sagt Charlotte.
Immerhin die Hälfte seiner geplanten Strecke hat Martin Würfele schon geschafft. Er ist aus Stuttgart nach Köln gekommen, will weiter nach Erfurt. Bis er einen Anschlusszug bekommen wird, dauert es. Immerhin eine gute Nachricht für die nächste Bäckerei: In seiner Hand baumelt eine Brötchentüte. Verständnis für den Streik habe er – aber: „Die Forderungen finde ich heftig.“ Die GDL fordert unter anderem die Reduzierung der Wochenarbeitszeit der Lokführer auf 35 Stunden ohne Gehaltskürzung, eine Inflationsausgleichsprämie und eine grundsätzliche Fünf-Tage-Woche für Gewerkschaftsmitglieder.
Verständnis für Streik der Lokführer ist im Kölner Hauptbahnhof gering
Würfele bleibt also nur das Warten. Die Gestrandeten drehen im Hauptbahnhof ihre Runden, sogar die Tauben reihen sich schon ein. Kauft keiner Brötchen, finden sie keine Krümel.
Patricia Skupien schlendert mit ihrem großen, pinkfarbenen Koffer an den Schaufenstern vorbei. Zwei Stunden muss sie totschlagen: Sie will von Hannover nach Salzburg reisen. Seit 3 Uhr morgens sei sie unterwegs, zunächst noch als Optimistin. „Mein erster Zug fiel aus, der zweite hatte eine Stunde Verspätung“, sagt sie.