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Musik oder YogaKölner Schulen steigen in Krise immer mehr auf Online-Unterricht um

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Digi-U2

Musikunterricht geht auch online.

Köln – York Allroggen hat technisch aufgerüstet: Neben zwei Spiegelreflexkameras hat er Studiolampen in seiner Wohnung installiert. Hier gibt der Kölner, der die Musikschule „Südstadt Sounds“ leitet, neuerdings Online-Unterricht. Manche Schüler benutzten dafür lediglich ein Smartphone, andere einen Computer; und während der eine lieber die App „Skype“ verwendet, klingelt so manch ein Schüler per Facetime oder WhatsApp durch – die Möglichkeiten, auf digitalem Weg in Kontakt zu treten, sind vielfältig.

In der aktuellen Krisenlage ist es vielen Menschen geradezu ein Bedürfnis, ein Stück Normalität zu erleben, und zum Alltag gehört eben auch der wöchentliche Musikunterricht. Etwa 70 Prozent der Schüler nähmen sein Angebot daher dankend an, so Allroggen, denn „viele haben Langeweile“.

Gitarren- und Klavierunterricht funktionieren problemlos

Nach zwei Wochen digitaler Musikschule weiß er: Gitarren- und Klavierunterricht funktionieren problemlos, während es bei Gesangsstunden häufig zu Verzögerungen in der Übertragung kommt. „Das Programm Skype ist eine fragile Angelegenheit. Das Internet macht, was es will. Es ist nicht cool, von der Technik abhängig zu sein“, so der Musiklehrer.

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Insgesamt ist er aber zufrieden mit diesem Ersatz: Neben dem Hauptbild kann er ein zweites Bild vorlagern, auf dem er eine Tafel einblendet. Hier schreibt er etwa Notizen für seine Schüler auf oder kreiert Eselsbrücken, während er ihnen parallel etwas erklärt. „Für den Ton G taucht dann plötzlich eine Giraffe auf. Das macht gerade den kleinen Schülern Spaß.“

Neue Wege des digitalen Lernens bieten Chancen

Diese neuen Wege des digitalen Lernens böten also durchaus Chancen, „auch wenn der persönliche Kontakt zwischen Lehrer und Schüler niemals zu ersetzen ist.“ Auch Saxophon-Lehrer Bernd Hartnagel nutzt die Krise, um sein Musikschulangebot endlich zu digitalisieren. „Ich wollte das schon immer anbieten und habe es nie gemacht, weil ich das den Lehrern auch nicht aufzwingen wollte“, sagt der Betreiber von „Musicbric“ auf der Deutz-Mülheimer-Straße.

Weil diese nun um ihre Honorare fürchteten, zögen aber alle mit. Ob die digitalen Stunden den Schülern nachhaltig Freude bereiten werden – das könne man jetzt noch nicht sagen. Derweil überlegt Yoga-Lehrerin Miriam Diefenbach sogar schon, ob sie das aus der Not geborene Online-Angebot ihres Studios „Yoginis“ in Nippes über die Krise hinaus etablieren will. Und das, obwohl sie zunächst sehr skeptisch war. „Ich habe nie etwas von diesen virtuellen Yogaplattformen gehalten. Das klappt bei denen gut, die Yoga gut können, aber für Anfänger ist das nichts“, so Diefenbach, die bis Ende März ihren Schülern Gratisstunden angeboten hat.

Dem Alltag in der Corona-Krise wieder eine Struktur geben

Eine Firma überredete sie zum Live-Yoga, und nach ihrer ersten Stunde mit den Mitarbeitern war sie regelrecht begeistert. „Die kennen mich und die Abläufe. Die Korrekturen kann ich auch verbal machen.“ Nach dem anfänglichen Frust über den Ausfall in ihrem Betrieb gibt es also doch noch Hoffnung, dem Alltag wieder eine Struktur zu geben. „Darüber hat man wieder ein bisschen Gruppengefühl, was man derzeit gar nicht hat“, findet die Yoga-Lehrerin. Sogar ehemalige Schüler, die mittlerweile weggezogen sind, seien für ihre Online-Einheit zurückgekehrt. „Es war ein großes Wiedersehen“.

Yogi Afshin Amirsadri gehört auch zu der Fraktion, die das Internet als Unterrichtsmedium kritisch beäugen. Doch seine Schüler hätten ihm gar keine Wahl gelassen. „Der Druck war so groß. Und dann war meine erste Stunde überraschend gut“, sagt der Lehrer des „Yogaji“-Studios in der Moltkestraße. Live-Yoga über die Meeting-App Zoom sei aber interaktiv, da könne der Lehrer direkt eingreifen. „Zehnerkarten und Monatsbeiträge verfallen nicht, sondern werden nach der Pause hinten drangehängt.“