Köln – Es war eine simple Frage, die der Vorsitzende Richter Peter Koerfers am Dienstag einen Zeugen im Prozess um einen vergifteten Arzt aus dem Kölner Westen stellte, doch sie barg große Brisanz. „Bestand Lebensgefahr?“, wollte Koerfers von dem leitenden Intensivmediziner der Uniklinik wissen. „Absolut“, lautete die Antwort, die die Angeklagte nun sehr lange ins Gefängnis bringen könnte.
Mediziner schildert lebensbedrohlichen Zustand
Die 41-jährige Maklerin ist angeklagt, ihren Schwiegervater bei einem Besuch in dessen Villa zunächst mit Tavor ruhiggestellt und ihm dann eine erhebliche Menge Insulin gespritzt zu haben. Um ihn zu töten, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, die versuchten Mord annimmt. Der 80-Jährige überlebte. Die Angeklagte streitet den Vorwurf ab, ihre Anwälte vertreten eine Selbstmordthese.
Im Zeugenstand berichtete der behandelnde Intensivmediziner, wie schlecht es um den Senior nach dessen Einlieferung in die Uniklinik Anfang Juli des vergangenen Jahres stand. „Er war komatös, tiefer geht es gar nicht mehr“, beschrieb der Zeuge die dramatische Verfassung des Patienten. „Ohne weitere Zuckerzufuhr wäre sein Leben beendet gewesen“, schilderte der Mediziner die Dramatik.
Klinik-Ärzte haben Verdacht und verständigen die Polizei
Die Ärzte der Uniklinik hatten sich zunächst nicht erklären können, warum der Blutzuckerspiegel des Seniors trotz erfolgter Glukosezufuhr immer wieder abgefallen war. „Solche Eskalationen nach unten sind sehr selten“, sagte der Zeuge, es gäbe dazu kaum Studien. Man kam zu dem Ergebnis, dass dem Mann von außen Insulin hinzugefügt worden sein muss. Daher habe man die Polizei verständigt.
„Gab es Gespräche mit den Angehörigen?“, fragte Richter Koerfers. Der Mediziner bejahte die Frage, er habe auch mit der Schwiegertochter des Patienten gesprochen. „Sie fragte: Aber er wird doch wieder gesund?“, schilderte der Zeuge. Die Gespräche mit der Angeklagten seien sehr emotional gewesen, sie habe belastet gewirkt. Deren Ehemann habe sie regelrecht bremsen müssen.
Kölnerin droht eine lebenslange Gefängnisstrafe
Im Gerichtssaal war es dann Verteidiger Jürgen Graf, der seine Mandantin zurückhalten musste. Immer wieder schien die Angeklagte dem Anwalt etwas soufflieren zu wollen, etwa, als es um die abgefallene Körpertemperatur ihres Schwiegervaters in der Klinik ging. „Schätzchen, jetzt ist mal gut“, sagte Graf bestimmend. Er ist seit vielen Jahren mit der Familie der Angeklagten befreundet.
Sollte der Richter am Ende des Prozesses zu einem Schuldspruch kommen, so könnte sich die Zeugenaussage des Intensivmediziners verheerend für die zweifache Mutter auswirken. Die akute Lebensgefahr dürfte den Vorwurf des versuchten Mordes erhärten. Und damit droht, im Gegensatz etwa zu schwerer Körperverletzung, mehr denn je das härteste Strafmaß: lebenslänglich Gefängnis.