Bei der Europawahl am kommenden Sonntag können erstmals 16- und 17-Jährige wählen. So bereiten sich Jugendliche aus Köln auf die Wahl vor.
„Wählen ist quasi meine Verantwortung“So erleben Erstwähler aus Köln die Tage vor der Europawahl
Jugendliche ab 16 Jahren dürfen am kommenden Sonntag (9. Juni) erstmals ihr Kreuz bei der Europawahl setzen. Auch viele Kölner Schülerinnen und Schüler beteiligen sich das erste Mal an einer Wahl. Wir haben mit ihnen gesprochen.
Celine, 16, Dreikönigsgymnasium Köln: Ich habe das Gefühl, als müsste ich wählen. Es ist quasi meine Verantwortung. Vor allem deshalb, weil die AfD in den Umfragen gerade so zugelegt hat, denke ich, dass jede Stimme zählt und dass es gut ist, wenn man wählen geht.
Dass man jetzt ab 16 Jahren wählen kann, finde ich gut. Auch wir müssen doch ein Mitbestimmungsrecht haben, vor allem weil es wichtige Entscheidungen sind, die von den Politikern getroffen werden. Es ist richtig, wenn auch junge Leute mitreden können, schließlich geht es ja auch um unsere Zukunft.
Wir haben auch in der Schule über die Wahl gesprochen, den Wahl-O-Mat zusammen ausprobiert und sind da alle Positionen durchgegangen. Es gibt da auch diese Option, die Fragen gegeneinander abzuwägen. Das habe ich gemacht, um zu gucken, mit welcher Partei ich am besten übereinstimme. Auch im Internet habe ich mich noch informiert. Ich fühle mich deshalb gut vorbereitet und weiß, welche Partei ich wählen werde.
„Zum Wählen gehört doch schon eine gewisse Mündigkeit“
Lasse, 19, Joseph-DuMont-Berufskolleg: „Zum Wählen gehört doch schon eine gewisse Mündigkeit, die sehe ich mit 16 Jahren noch nicht wirklich gegeben. Deshalb bin ich bei der Absenkung des Wahlalters ehrlich gesagt ein bisschen skeptisch. Andererseits muss ich zugeben, dass viele auch mit 18 oder 19 Jahren noch recht sprunghaft sind. Ich glaube, Überzeugungen festigen sich erst im Alter.
Generell finde ich es gut, wenn die Jugend in politische Prozesse eingebunden wird. Wichtig ist doch, dass sie sich wahrgenommen fühlen und das immerhin könnte man mit der frühen Wahlberechtigung erreichen.
Ich habe mich schon über die Parteien informiert, den Wahl-O-Mat habe ich aber noch nicht ausprobiert. Vor ein paar Wochen habe ich in Bergisch Gladbach eine Wahlveranstaltung besucht, und auch bei einer Podiumsveranstaltung war ich schon dabei. Da ging es um diverse Fragen zu Europa, also zum Beispiel inwiefern die EU relevant für die Bevölkerung ist. Auch Vorurteile wie zum Beispiel „Die EU ist zu bürokratisch“ oder „Die EU ist zu weit weg“ kamen da zur Sprache. Zusätzlich habe mich noch ein bisschen an den Wahlständen der einzelnen Parteien umgesehen.
Ich bin mir eigentlich ganz sicher, wen ich wählen möchte und denke auch, dass ich da die richtige Wahl treffen werde. Noch vor relativ kurzer Zeit war ich nur so am Rande politisch interessiert. Ich werde am Sonntag in der Wahlkabine zwar kein Freudenfest feiern, aber ich werde hingehen.
Kölner Erstwähler: „Links und Rechts müssen aufeinander zugehen“
Im Gespräch mit Freunden und Familie ist die Wahl schon ein Thema, aber es ist jetzt auch nicht so, dass wir da dauernd drüber reden. Es ist eher ein Thema am Rande. Ich weiß zum Beispiel auch nicht, wer da wen wählt. Trotzdem kann ich offen darüber sprechen – mit meinen Eltern zum Beispiel, die sind da auch sehr aufgeschlossen.
Ich glaube, in den nächsten Jahren kommt es darauf an, diese Spaltung zu überwinden, dieses Polarisierende in der Gesellschaft. Das ist doch so auch kein Zustand. Ich bin der Meinung, da müssen beide Seiten, Links und Rechts, zurückstecken und aufeinander zugehen. Die Ränder sind ausgefranst. Wir müssen wieder zur Mitte finden. Zur goldenen Mitte.
„Ich habe eine Partei gewählt, die sich sehr für die Menschen einsetzt“
Lea, 18, Joseph-DuMont-Berufskolleg: Generell ist mir der Einsatz für Menschen, die Hilfe brauchen, wichtig – egal ob sie obdachlos, alleinerziehend oder von Krieg betroffen sind. Deshalb habe ich eine Partei gewählt, die sich sehr für die Menschen einsetzt und nicht gegen die Menschen arbeitet oder hetzt, egal ob sie Ausländer sind, eine Behinderung haben, schwul oder lesbisch leben. Das ist mir sehr wichtig.
Die 16- und 17-Jährigen haben natürlich vielleicht nicht so viel Ahnung von Politik, ich mit 18 Jahren habe die aber ja jetzt auch nicht. Ob man jetzt mit 16 oder 18 wählen darf, macht für mich deshalb wenig Unterschied. Was aber entscheidend ist: Umso mehr Menschen wählen dürfen, umso besser stehen auch die Chancen, dass die AfD nicht gewählt wird. Ich bin überzeugt, dass gerade wir jüngeren Leute wissen, dass man die AfD nicht wählen sollte. Bei denen machen eher die Älteren ihr Kreuz.
Ich habe den Wahl-O-Mat ausprobiert, da wurde mir angezeigt, was ich wählen sollte. Anschließend konnte ich mich noch über die vorgeschlagene Partei informieren, vorher hatte ich gar nicht so die Ahnung, wofür die genau stehen. Mich haben die Positionen aber überzeugt. Ich habe dann die Briefwahl beantragt und gewählt. Und ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl.
„Hilfe für Alleinerziehende und das Bildungssystem“
Meriam, 16, Kaiserin-Theophanu-Schule Köln: Für mich ist die Wahl ab 16 Jahren schon wichtig, weil wir in unserer Altersgruppe ähnliche Moralvorstellungen und Werte haben. Und wenn wir uns nicht beteiligen, dann sind es die älteren Menschen. Und ich merke: Wir stimmen mit unseren Meinungen nicht überein. Für mich ist das Wichtigste gerade, also aktuell, der Palästina-Konflikt, und allgemein sind es Hilfe für Alleinerziehende und das Bildungssystem.
Anfangs habe ich diesen Brief nach Hause bekommen für die Wahl. Dann habe ich erstmal mit meiner Mutter geredet, aber die ist nicht so involviert, weil sie nicht wählen darf. Und dann hat man natürlich auch diese Wahlplakate überall an der Straße gesehen. Dazu haben wir darüber auch im Sozialwissenschaftsunterricht gesprochen, in dem wir dann auch eine Recherche gemacht haben. Danach habe ich auch nochmal zu Hause über eine Partei recherchiert, die mich interessiert hat. Und jetzt weiß ich, wen ich wähle.
„Ob ich jetzt so hundertprozentig gut informiert bin? Nein“
Daniel, 17, Albertus-Magnus-Gymnasium Köln: Es ist umstritten, ob jüngere Menschen wählen sollten. Ich habe dazu auch keine hundertprozentige Meinung. Manche jüngere Menschen nehmen es auch nicht ernst, aber dann gibt es natürlich auch die Menschen, die es doch sehr ernst nehmen. Aber ich finde, das ist bei älteren Menschen genau der gleiche Fall. Also ich stehe da ziemlich neutral zu.
Ich bin in einer Klasse, die auch etwas zu jung ist. Das heißt, in meinem Umfeld habe ich jetzt nicht so ausführlich darüber gesprochen. Aber ich kenne auch ein paar ältere Menschen, mit denen ich schon darüber gesprochen habe. Da wird eigentlich auch oft gesagt: „Ich gehe nicht, wählen, weiß nicht.“ Und das finde ich teilweise schon etwas schade.
Die Leute sagen immer, sie wären zu wenig informiert, und natürlich ist das auch kritisch und problematisch. Aber ich finde, es reicht auch völlig aus, wenn man wenigstens die Tagesschau anschaut. Es muss nicht immer eine stundenlange Arbeit sein.
Ich bin jetzt noch nicht so unfassbar ausführlich informiert. Aber ich schaue mir auf jeden Fall das Wahl-O-Mat-Ergebnis nochmal an, und ich informiere mich schon gerne zum Beispiel über kleine Tagesschau-Berichte. Es könnte aber auch besser sein.
Auf jeden Fall finde ich es wichtig, dass man wählen geht. Ich meine, keine Partei wird immer hundertprozentig zu deiner Meinung passen. Aber sonst wird das ja nie klappen mit dem Wählen. Man muss schon eigentlich wählen gehen, und es muss nicht immer hundertprozentig zu einem passen, Hauptsache es ist gemacht.
Ich weiß schon, wen ich wähle. Ob ich jetzt so hundertprozentig gut informiert bin? Nein. Aber ich glaube, das kommt auch mit der Zeit.“
„Wir sind die Zukunft“
Anisa, 17, Kaiserin-Theophanu-Schule Köln: „Ich denke, es ist sehr wichtig, dass jetzt auch 16- und - 17-Jährige wählen dürfen. Wir sind die Zukunft. Dass wir jetzt schon mitentscheiden dürfen, finde ich wichtig, weil auch Jüngere eine Meinung haben.
Wir haben uns im Sozialwissenschaftsunterricht über die jeweiligen Parteiprogramme informiert. Und dann haben wir über das Internet nach den jeweiligen Dokumenten geschaut. Es gab verschiedene Versionen von den Parteiprogrammen, und die konnten wir uns durchlesen. Also habe ich das so gemacht. Ich denke schon, dass es mir geholfen hat – ich habe nähere Informationen bekommen.
Jetzt gerade fühle ich mich noch nicht so gut vorbereitet. Aber ich habe ja noch ein bisschen Zeit. Den Wahl-O-Mat habe ich noch nicht gemacht. Das hole ich aber noch nach. Denn ganz sicher bin ich mir noch nicht, welche Partei ich wähle.