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Lebenslänglich GefängnisSohn des Insulin-Opfers hält weiter zur verurteilten Ehefrau

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Die Angeklagte kurz vor dem Urteil im Landgericht mit Anwalt Frank Seebode.

Köln – Nach der Höchststrafe für den versuchten Gift-Mord an einem Kölner Arzt bereitet sich die Verteidigung der verurteilten Immobilienmaklerin bereits intensiv auf eine Revision und mögliche Neuauflage des Prozesses vor. Anwalt Jürgen Graf sprach von „einer Reihe von Fehlern“ des Gerichts. Der Ehemann der Angeklagten und Sohn des Opfers halte derweil weiter zu seiner Gattin.

Bundesgerichtshof prüft Urteil auf Rechtsfehler

Das Landgericht sah es nach langer Hauptverhandlung als erwiesen an, dass die Angeklagte ihren Schwiegervater mit einer unfassbar hohen Menge Insulin vergiftet habe. Der Senior ist seither ein Pflegefall. Trotz eines fehlgeschlagenen Mordversuchs sei daher auf eine lebenslange Freiheitsstrafe zu entscheiden.

Verteidiger Graf rechnet in mehreren Monaten mit dem schriftlichen Urteil der Kölner Schwurgerichtskammer. Das muss dann ausführlich geprüft werden. Ein Selbstläufer ist eine Revision am Bundesgerichtshof Karlsruhe (BGH) nicht. Der BGH muss Rechtsfehler feststellen, darunter können Logikfehler in der Beweiswürdigung fallen oder simple Formfehler.

Verteidiger spricht von naturwissenschaftlichen Fakten

„Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine Urteilsbegründung gehört, die so krampfhaft versucht hat, an den naturwissenschaftlichen Fakten vorbeizugehen“, sagt der Verteidiger. Ein führender Insulinforscher habe Rechenfehler der Kölner Gerichtsmedizin aufgedeckt und sich festgelegt, dass das Opfer die angenommene Insulin-Menge nie bis zum nächsten Morgen hätte überleben können.

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Als Formfehler hatte Verteidiger Jens Schiminowski, ehemaliger Richter am Landgericht und früherer wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesgerichtshof, bereits das Verhalten der Staatsanwaltschaft ausgemacht. Eine Oberstaatsanwältin etwa hätte aufgrund ihrer Ehe mit dem Ermittlungsführer der Polizei nicht als Sitzungsvertreterin an der Verhandlung teilnehmen dürfen.

Familie des geschädigten Seniors schwer zerrüttet

Opfer-Vertreter Frank Hatlé bedankte sich im Namen des in der Schweiz lebenden Sohnes des geschädigten Seniors bei allen, „die an der Aufklärung dieses perfiden Verbrechens mitgewirkt haben“. Hatlé hatte nach dem Urteil auf einen endgültigen Abschluss „des für alle Beteiligten schwer erträglichen Lebenssachverhaltes“ gehofft, der Mordversuch habe die Familie schwer zerrüttet.

Zum zweiten Sohn des Opfers erklärte Verteidiger Graf: „Es gibt einen sorgenden Ehemann und Sohn, der für seinen Vater nur das Beste will, aber auch für seine Frau.“ Seit mehr als zwei Jahren schreibe dieser seiner Frau Woche für Woche einen mehrseitigen Brief ins Gefängnis, wie es den beiden Kindern, vier und sieben Jahre alt, gehe und was man unternommen habe.