Das Kölner Ratsbündnis will das Anwohnerparken deutlich teurer machen. Eine gute Idee? Paul Gross sagt: Auf jeden Fall. Tim Attenberger sagt: Es fehlen die Voraussetzungen.
Pro und ContraSollte das Anwohnerparken in Köln deutlich teurer werden?
Pro: Die Stadt wird attraktiver, wenn Raum nicht mehr mit Autos verbaut ist
Bis 2035 soll Köln klimaneutral sein. Das ist der Kompromiss, auf den sich die Stadt mit der Politik und dem Bündnis „Klimawende Köln“ geeinigt hat, er berücksichtigt den Druck aus der Stadtgesellschaft auf eine schnellere Klimawende ebenso wie die Einwände aus Politik und Verwaltung, was die Umsetzbarkeit betrifft. Es ist ein Kompromiss, an dem das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt nun festhalten muss, sowohl aus einer klimapolitischen als auch aus einer demokratischen Notwendigkeit heraus.
Eine der wichtigsten Schnittstellen hierfür ist die Verkehrswende: Der Umstieg vom Auto auf klimaschonende Verkehrsmittel, auf Bahnen, Busse, Fahrräder und Füße, muss endlich Realität werden. Doch von alleine passiert das nicht. Der bisherige „Preis“ für das Anwohnerparken von 30 Euro pro Jahr ist eine Verwaltungsgebühr für das Ausstellen des Formulars. Das Parken selbst ist kostenlos. Es geht also nicht um eine Vervielfachung des Preises, sondern um das erstmalige Festlegen einer Parkgebühr, die längst überfällig ist.
Parken in Köln: Die Auto-Subventionierung muss aufhören
Der Status quo ist eine massive Privilegierung von Privatautos, die sich Köln in keiner Hinsicht leisten kann. Die Deutsche Umwelthilfe hat recht, wenn sie hier von einer „absurden Subventionierung“ spricht. Und ja, auch der „Kniefall vor der Autolobby“, von dem die Organisation spricht, ist keineswegs Polemik. Denn der reale Wert eines Parkplatzes liegt über ein Jahr betrachtet weit im vierstelligen Bereich. Insofern macht Köln den Autofahrern selbst mit einer gestaffelten Gebühr von maximal 600 Euro, die zuletzt im Raum stand, das Leben nicht unzumutbar schwer. Auch, wenn klar ist, dass es eine soziale Staffelung geben muss – zumindest, solange etwa Pflegerinnen und Pfleger weiterhin auf ihr Auto angewiesen sind, weil die KVB nicht fährt oder eine zu niedrige Taktung hat.
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Doch die Einführung echter Gebühren für das Anwohnerparken darf nicht daran scheitern, dass man soziale Einschnitte fürchtet. Im Gegenteil: Es wäre folgerichtig und konsequent, wenn der Rat die Umstellung genau so beschließt, dass sich die soziale Schieflage, die es in der Stadt ohnehin gibt, nicht noch verschärft. Andernfalls agiert er mutlos. Das Ziel muss es sein, eine Gebühr so zu gestalten, dass sie die Kölnerinnen und Kölner trifft, die sie sich leisten können. Und die wirtschaftlich schlechter Aufgestellten schont. Das zu erreichen, ist keineswegs einfach. Doch genau darin besteht die Aufgabe des Ratsbündnisses, das sich im Kooperationsvertrag in dieser Frage bereits entsprechend festgelegt hat. Jetzt muss eine sozial ausgewogene und konsequente Umsetzung erfolgen.
Der Umstieg auf eine klimaschonende Verkehrsführung wird nicht gelingen, wenn man diesen Schritt nicht zügig geht. Und nicht nur das: Die Stadt wird deutlich attraktiver, wenn der öffentliche Raum nicht mehr mit kostenlos geparkten Autos verbaut ist, sondern an hunderten Stellen anders und besser genutzt werden kann. Etwa als Verweilfläche, als Fahrradstreifen, als Platz für Außengastronomie, Kunst oder Kultur – es wird unzählige Interessenten für die frei werdenden Flächen geben, die den Stadtraum aufwerten könnten. Parkgebühren können endlich der Schub für die Verkehrswende sein, auf den die Mehrheit der Kölnerinnen und Kölner seit vielen Jahren wartet. Es wird Zeit.
Contra: Die sozial Schwächeren werden aus vielen Veedeln verdrängt
Mit der Verkehrspolitik verhält es sich in Köln wie in vielen anderen Bereichen – es gibt viele verschiedene Einzelentscheidungen, die aber allesamt nicht in ein schlüssiges Gesamtkonzept eingebettet sind. Selbstverständlich gibt es viele gute Gründe dafür, das Anwohnerparken teurer zu machen, aber das darf nicht losgelöst von anderen Veränderungen geschehen.
Zuerst müssen Stadtverwaltung und Politik im Stadtrat die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kölnerinnen und Kölner auch tatsächlich auf ihr Auto verzichten können – oder es zumindest anderenorts als auf der Straße abstellen können. Die vielgerühmte Mobilitätswende weg vom Auto will in Köln bislang einfach nicht in die Gänge kommen. Seit Jahren haben die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) nicht einen neuen Meter Schiene gebaut, obwohl sich sämtliche Expertinnen und Experten einig sind, dass für die meisten Menschen nur schnelle Bahnverbindungen eine akzeptable Alternative zum eigenen Auto sind.
Viele Kölner sind auf das Auto angewiesen, weil Alternativen fehlen
Statt Nägel mit Köpfen zu machen, dümpeln die Erweiterungspläne für das Kölner Stadtbahnnetz seit Jahren vor sich hin. Mit viel Glück könnte es etwa in den 2030er Jahren möglich sein, von Widdersdorf mit der Bahn in die Innenstadt zu fahren. Der Bau sicherer und breiter Radwege und die Ausweitung von Fußgängerzonen in der Innenstadt sind sicher wichtige und löbliche Projekte, aber eine autofreie Ehrenstraße reicht nicht aus, um das Mobilitätsverhalten der Kölnerinnen und Kölner zu verändern.
Tatsächlich ist es doch so, dass viele Menschen in Köln mangels Alternativen weiterhin auf das Auto angewiesen sind. Die Krankenpflegerin, die quer durch die Stadt zum Nachtdienst in die Klinik fahren muss, kann das nicht mit der Bahn erledigen, weil die KVB nachts den Betrieb einstellt. Während es in Metropolen wie Berlin ein umfassendes Netz für Nachtbusse gibt, sind in Köln die Bürgersteige hochgeklappt.
Die Stadt Köln hat es trotz entsprechender Aufträge der Politik bis heute nicht geschafft, ein Konzept für die Nutzung von Parkhäusern zu entwickeln, die nachts leer sind und in denen deshalb problemlos Anwohner parken könnten. Eine halbherzige Prüfung ließ das Projekt sang- und klanglos versanden. Das alles muss sich dringend ändern – und dann ist es auch angemessen, das Anwohnerparken teurer zu machen. Anderenfalls würde hier der fünfte vor dem ersten Schritt getan, und das ginge auch noch zulasten derjenigen, die sich das Leben in Köln ohnehin kaum noch leisten können.
Angesichts absurd hoher Mieten und noch höherer Kaufpreise für Immobilien, sehen sich inzwischen selbst Menschen mit einem durchschnittlichen Einkommen dazu gezwungen, Köln zu verlassen und sich nach einem günstigeren Ort in der Region umzusehen. Das erzeugt eine soziale Erschütterung in den Veedeln, die es so noch nicht gegeben hat. Schießen jetzt auch noch die Preise für das Anwohnerparken drastisch in die Höhe, wird das die Verdrängung der sozial Schwächeren noch stärker vorantreiben. Das kann und darf nicht das Ziel einer Stadt sein, die sich selbst so gerne für ihren Zusammenhalt rühmt.
Das sagen Kölnerinnen und Kölner zu einer Verteuerung der Bewohnerparkausweise
Lea Lorscheidt hat gegen eine Preiserhöhung der Bewohnerparkausweise in Köln nichts einzuwenden. Die 27-Jährige findet Autos grundsätzlich nicht mehr zeitgemäß und wünscht sich eine autofreie Innenstadt in Köln. Trotzdem seien einige Familien und Arbeitnehmer natürlich weiterhin aufs Auto angewiesen. „Das Problem wird an den falschen Stellen angegangen“, sagt Lorscheidt. Wenn der Nahverkehr besser ausgebaut sei, könnten deutlich mehr Menschen auf ihr Auto - und damit auch ihren Parkplatz - verzichten.
Eine Kölnerin, die anonym bleiben möchte spricht sich gegen eine Preiserhöhung aus. „Es ist doch alles schon teuer genug“, sagt die 31-Jährige. Ein ebenfalls anonymer Autofahrer sieht das ähnlich: Eine Preiserhöhung der Bewohnerparkausweise wäre „unverschämt“. Stattdessen solle die Stadt Köln endlich genügend Parkplätze zur Verfügung stellen. Günther Hollender (70) findet, eine Preiserhöhung würde die ohnehin schon belasteten Bürger weiter strapazieren.
Lars, der ohne Nachnamen genannt werden möchte, hat nichts gegen eine Preiserhöhung, doch einen Sprung auf 360 Euro im Monat sei etwas hoch. "Es gibt eh zu viele Autos", sagt der 40-Jährige. Gerade angesichts des Klimawandels müsse die Zahl der Fahrzeuge reduziert werden; In einigen Wohngegenden sei es schon jetzt schwer für die Rettungskräfte, an den ganzen parkenden Autos vorbeizukommen.
Für Peter Schmitz bedeutet eine Wohnung in Köln nicht gleichzeitig ein Anrecht auf einen Parkplatz. Der 64-Jährige befürwortet eine Preiserhöhung. Ein Auto besitzt er nicht; Ihm reiche der öffentliche Nahverkehr und sein Fahrrad. Braucht er doch mal ein Auto, nutzt er Carsharing. Dafür braucht man schließlich keinen eigenen Stellplatz.
Von Ela Kaplan