Die Folgen des Urteils zum Verkehrsversuch auf der Deutzer Freiheit reichen weit über das rechtsrheinische Veedel hinaus.
Nach gescheiterter Fußgängerzone in DeutzStadt Köln überprüft sechs Verkehrsänderungen auf Rechtssicherheit
Die Stadt Köln überprüft aktuell sechs verkehrliche Anpassungen in der Stadt auf ihre Rechtssicherheit. Das kündigte Verkehrsdezernent Ascan Egerer bei der Sitzung des Verkehrsausschusses am Dienstag an. Grund ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts, demzufolge die im Rahmen eines Verkehrsversuchs eingerichtete Fußgängerzone auf der Deutzer Freiheit rechtswidrig ist. Die Stadt kündigte infolge des Urteils, das Anfang August gefällt worden ist, den Abbruch des Versuchs an. Dieser soll nun in der kommenden Woche erfolgen, danach können Autos wieder über die gesamte Deutzer Freiheit fahren.
Doch die Folgen des Urteils reichen weit über Deutz hinaus. Die Anpassungen zugunsten von Fuß- und Radverkehr auf Trankgasse, Ehrenstraße, Dellbrücker Hauptstraße, Alfred-Schütte-Allee, in Bayenthal/Marienburg und am Eigelstein werden nun nachträglich rechtlich überprüft. Abgeschlossen ist die Prüfung bereits für die Venloer Straße, der dortige Verkehrsversuch – aktuell gilt auf einem Abschnitt Tempo 20 – ist aus Sicht des Rechtsamts zulässig. Grund für die Einschätzung ist die Gefahrenlage für den Radverkehr auf der Hauptverkehrsachse zwischen Ehrenfeld und der Innenstadt.
Verkehrsdezernent Ascan Egerer: „Die rechtlichen Anforderungen sind hoch“
Verkehrsdezernent Ascan Egerer sagte über die rechtliche Überprüfung der Verkehrsversuche und Maßnahmen: „Die rechtlichen Anforderungen sind sehr hoch und sehr komplex.“ Er kündigte an, die Politik in den kommenden Monaten über die Ergebnisse der Überprüfungen zu informieren. Mit Blick auf das gefällte Urteil für die Deutzer Freiheit, das auch zu scharfer Kritik an seiner eigenen Arbeit geführt hat, sagte Egerer: „Das Gericht weist darauf hin, dass keine Gefahrenlage vorgelegen habe. Das Instrument Verkehrsversuch an sich ist nicht infrage gestellt worden, sondern die Begründung.“
Das eigentliche Problem verortet Egerer nicht in Köln, sondern in Berlin. „Die Straßenverkehrsordnung ist sehr stringent, wir fordern hier schon seit längerem eine Änderung. Aber es ist ein Bundesgesetz, das muss also in Berlin erfolgen.“ Die aus seiner Sicht wünschenswerte Änderung: Auch klimapolitische Ziele und eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität sollten eine legitime Begründung für Änderungen von Straßennutzungen durch die Städte sein.
Aktuell ist dies aber eben nicht der Fall, der Stadtrat steht weiterhin unter dem Eindruck des eindeutigen Urteils – und die Kritik an Egerer reißt nicht ab. „Die Verwaltung versucht, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen“, sagte etwa Christian Beese (FDP), der eine aktuelle Stunde zum Thema initiiert hatte. „Die Stadt will den Autofahrern das Leben so schwer wie möglich machen und hat bei der Deutzer Freiheit keine Selbstkritik gezeigt.“
CDU, SPD und FDP erneuern Kritik, Grüne verweisen auf Wahlprogramm
Lukas Lorenz (SPD) ergänzte trocken: „Wir erwarten von der Verwaltung, dass sie Beschlüsse rechtssicher umsetzt.“ Auch Teresa De Bellis (CDU), eine der schärfsten Kritikerinnen Egerers im Stadtrat, sagte: „Es ist sehr wichtig, dass man jetzt einen Reset-Knopf drückt. Es geht nur gemeinsam, nicht mit einem Haudegen und einer Spaltung der Gesellschaft.“
Lars Wahlen (Grüne) versuchte, den gescheiterten Verkehrsversuch zu verteidigen. Über die Grünen-Fraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt, die den vorausgehenden Beschluss initiiert hatte, sagte er: „Es ist die Aufgabe von Parteien, ihre Wahlprogramme umzusetzen. Wir sind angetreten, um die Verkehrswende zügig umzusetzen. Die Wähler in der Innenstadt haben hier eine berechtigte Erwartung.“
Bei seinem Versuch, Ascan Egerer zu verteidigen, tat sich ein Widerspruch auf: „Es geht bei dem Urteil um das Werkzeug des Verkehrsversuchs und nicht um die Frage, wie wir den Verkehrsraum gestalten“, sagte Wahlen; Egerer hatte im Gegenteil darauf hingewiesen, das Werkzeug des Verkehrsversuchs sei nicht infrage gestellt worden.
Gudrun Wienke (Linke) sagte über die gestoppte Fußgängerzone: „Es ist schade, dass es rechtlich mit der Anordnung nicht möglich war.“ Es gebe nicht nur eine Bringschuld der Verwaltung, sondern auch eine „Holschuld“ der Akteure vor Ort: „Man muss sich auch beteiligen wollen.“ Isabella Venturini (Volt) sagte: „Es gab negative Auswirkungen, aber auch positive Seiten. Wir sollten die Diskussion nicht einseitig führen.“ Ein Appell, dessen Erfolgsaussichten begrenzt scheinen. Die Debatte um Verkehrsversuche verschärft sich in Köln seit Monaten, die rechtliche Überprüfung der Maßnahmen dürfte dazu beitragen, dass es so weitergeht.