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„Der Brunch ist tot“Kölner Sterneköche erfinden im Neo/Biota das Frühstück neu

Lesezeit 3 Minuten

Sonja Baumann und Erik Scheffler im Neo/Biota. Hier gibt es das etwas andere Frühstück und abends Menüs.

Köln – Man kann das Rad zwar nicht neu erfinden, das Essen aber offenbar schon. Zumindest kann man eingefahrene Systeme auf den Prüfstand stellen und im Zweifelsfall entscheiden: Weg damit! Genau das tun Sonja Baumann und Erik Scheffler in ihrer soeben eröffneten Lokalität Neo/Biota.

Weil ihnen schon allein der Gedanke an stundenlang in Wärmebehältnissen zusammenschrumpfendes Rührei Übelkeit verursacht, haben Scheffler und seine 33-jährige Kollegin Baumann eine Abkehr von gewissen Essgepflogenheiten beschlossen.

Konzept entgegen der Dogmne der Sterne-Gastronomie

„Der Brunch ist tot“, lautet die eine These des perfekt aufeinander eingespielten Berufspaares, das jahrelang im Gourmet-Restaurant Gut Lärchenhof Seite an Seite gekocht hat. Seite an Seite arbeiten die beiden Spitzenköche nun auch in ihrem eigenen Restaurant – allerdings ohne sich dabei weiterhin „den Dogmen der Sterne-Gastronomie“ unterwerfen zu wollen, die sie vielfach als „spießig und verkrampft“ empfinden, betont Scheffler, der früher unter anderem bei Joachim Wissler und Klaus Erfort gekocht hat.

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Steif eingedeckte Tische, zehn Besteckstücke nebst vier Gläsern setzten weniger routinierte Restaurantgänger unter Stress und vergraulten junge Leute eher, als dass sie Lust bekämen. Bei ihnen solle es so locker zugehen wie zu Hause am großen Familientisch, wünschen sich die beiden Köche, die ihr Lokal im Grunde aufspalten in das Neo, wo es bis 15 Uhr eine bisher unbekannte Art von Frühstück gibt, und in das Biota, in dem abends ein Vier-, Sechs- oder Acht-Gänge-Menü zur Wahl steht.

Unkomplizierte Gastronomie

„Gastronomie muss heute nicht kompliziert sein, weder auf dem Teller noch im Restaurant“, betont Scheffler, dessen Menüs sich deshalb auch nicht lesen, als hätte ein allenfalls mittelmäßig talentierter Poet bei den Formulierungen Hilfsdienste geleistet. Rote Beete/Rhabarber/Liebstock, Spargel/Sauerampfer/Buttermilch, Roastbeef/Aubergine/Knoblauch beziehungsweise Ziegenquark/Ziegenkäse/Holunder sind die einzelnen Gänge der Menüs beschrieben, die zwischen 75 (vier Gänge) und 125 Euro (acht Gänge) ohne Weinbegleitung kosten.

Ein Großteil der Weine der aus 50 Positionen bestehenden Weinkarte kommt aus Bulgarien, Ungarn und Georgien. Die Auswahl ist damit ähnlich ungewöhnlich wie die Frühstücksofferten, die beispielsweise lauten: French Toast trifft Himmel un Ääd (10 Euro), hausgebeizte Fjordforelle, Nori-Bagel und Meerrettichcreme (10 Euro), Weißwurst, Laugengebäck, Spitzkohlsalat, Spiegelei (12 Euro) oder Frankfurter Stulle bestehend aus Kräuter-Salsa, gegrillter Hähnchenbrust, Staudensellerie und grünem Apfel. Sämtliches Brot und Gebäck wird im Restaurant selbst gemacht und kommt genauso pur daher wie die außergewöhnlichen, aus Eiche und Beton bestehenden Tische, die der Schreiner Denny Friedrich im fränkischen Marktleugast gefertigt hat.

Eine Bereicherung für die Kölner Innenstadt

Sonja Baumann und Erik Scheffler sagen über sich selber, dass sie „mit vollem Herzblut und Vollgas“ arbeiten. Das Wort „Neobiota“ bedeute so viel wie „eine eingewanderte Art, die einen neuen Lebensraum gefunden hat“, erklärt Scheffler und deutet damit den Hintergedanken bei der Namensfindung an. Er und Kollegin Baumann sind nämlich keine gebürtigen Kölner, haben jedoch vor, dauerhaft zu bleiben.

Da der vorherige Nutzer der Lokalität gegangen ist, ohne seine Außenwerbung abzunehmen, fragen wohl immer wieder Gäste, ob dies eine Neueröffnung des Poisson-Imbisses sei. Die Antwort ist ein Nein. Aber es ist definitiv eine Bereicherung für die Kölner Innenstadt, dass nach Hendrik Olfen mit seiner „Henne“ in der Pfeilstraße und nach Mirko Gaul und seinem „Poké Makai“ in der Marzellenstraße innerhalb von wenigen Wochen zwei weitere Köche aus dem Sterne-Bereich mit einem ungewöhnlichen Konzept an den Start gegangen sind.

Neo/Biota , Ehrenstraße 43c (Ecke Große/Kleine Brinkgasse. ☎ 02 21/ 27 08 89 08. Öffnungszeiten: dienstags bis samstags 10bis15 Uhr und 18.30 bis 22 Uhr.