Prozess in KölnStreit zwischen Passanten eskaliert mit Beleidigungen und Pfefferspray
Köln – Der Streit mit einem Passanten, der an einem Samstagnachmittag im Januar 2019 auf der Ehrenstraße begann, eskalierte derart, dass sich Moritz F., 55 Jahre alt und zurzeit arbeitslos, am Montag vor dem Amtsgericht verantworten musste.
Die Vorwürfe: gefährliche Körperverletzung und Beleidigung. Das Urteil: 1200 Euro Geldstrafe. Die Richterin schenkte der Schilderung des 42-jährigen Rettungssanitäters Gerd H. Glauben, der sich damals unversehens attackiert sah. Nach seiner Aussage geschah Folgendes: An jenem Tag verließ er ein Geschäft und tat wenige Schritte, bis ihm jemand in die Hacken trat. Er drehte sich um, sah Moritz F. (alle Namen geändert) und stellte ihn zur Rede. Statt sich zu entschuldigen, blaffte Moritz F. „Arschloch“ und wiederholte den Kraftausdruck.
Pfefferspray zwei Mal gesprüht
Während die Männer weitergingen, bemühte sich Gerd H. um ein „Aufklärungsgespräch“, wie er im Zeugenstand sagte; Moritz F. habe sich jedoch „null einsichtig“ gezeigt. Als beide am Friesenwall ankamen, suchte Gerd H. sein Handy, weil er die Polizei rufen wollte. Da Moritz F. sich nun entfernte, wollte er die Sache auf sich beruhen lassen.
Doch plötzlich machte Moritz F. auf dem Absatz kehrt, kam zurück, zückte eine Dose Pfefferspray und sprühte Gerd H. ins Gesicht. Der rief die Polizei. Das hielt Moritz F. nicht davon ab, noch einmal zu sprühen. Schnell waren Polizisten zur Stelle. Gerd H. musste im Krankenhaus behandelt werden; sein Gesicht sei „feuerrot“ gewesen.
Aussage gegen Aussage?
Der Angeklagte gab eine völlig andere Version des Geschehens zum Besten. Gerd H. sei aus dem Geschäft gestürzt und habe ihn angerempelt. Darauf habe er, Moritz F., höchstens „irre“ gesagt, nicht aber jenes Schimpfwort benutzt. Gerd H. sei ihm hinterhergerannt, habe ihn in die Hacken getreten, ihn auf die Schulter geschlagen und aufgefordert: „Bleib stehen!“ Da habe er es mit der Angst zu tun bekommen und – nur ein Mal – das Pfefferspray eingesetzt. „Es war Notwehr.“ Die Dose habe er bei sich gehabt, weil das Friesenviertel, in dem er wohnt, ein unsicheres Pflaster sei.
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Auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft glaubte ihm kein Wort; sie beantragte sieben Monate Haft auf Bewährung. Der Verteidiger plädierte dagegen auf Freispruch; Aussage stehe gegen Aussage, also gelte das Prinzip: Im Zweifel für den Angeklagten. Zum Schluss beteuerte Moritz F. noch einmal seine Unschuld und empörte sich: „Ich bin sprachlos, ich habe Schweißausbrüche.“ Erneut redete er von Notwehr.
Dem widersprach die Richterin in der Urteilsbegründung. Die Situation möge „nervig“ gewesen sein, aber „der Einsatz von Pfefferspray war unverhältnismäßig“.