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Raus aus der Krise„Wir sind mehr als der Dom“ – Kölns Tourismus-Chef nennt überraschende Zahlen

Lesezeit 3 Minuten
Jürgen Amann, Geschäftsführer von Köln-Tourismus, im Hintergrund der Dom

Jürgen Amann, Geschäftsführer von Köln-Tourismus

Köln-Tourismus hat die Bilanz für 2022 vorgestellt. Darin sind überraschende Zahlen und eine Absage an Junggesellenabschiede zu finden.

Die Bilanz: 85 Prozent des Vorkrisenniveaus erreicht

„Der Tourismus ist zurück in Köln. Und wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Jürgen Amann, Geschäftsführer von Köln-Tourismus. 2022 gab es 5,6 Millionen Übernachtungen. Das sind bereits 85 Prozent des Vorkrisenlevels von 2019. Unter den deutschen Großstädten hat sich nur München mit 97 Prozent noch schneller erholt.

Wer kam in der Krise nach Köln?

Die Struktur hat sich deutlich verändert, da Gäste aus China, Russland und den ehemaligen Sowjetrepubliken praktisch ganz wegblieben. „Das Gesicht des Tourismus ist eine anderes geworden.“ 69 Prozent der Gäste kamen aus Deutschland. Die Zahl der Tagesreisen hat stark zugenommen, Köln wurde auch von Frankfurtern und Düsseldorfern besucht. Die Niederländer folgten mit 4,2 Prozent, aus Großbritannien kamen 3 Prozent und 2,9 Prozent aus den USA, wobei es sich hier allerdings oft um Mitarbeiter der am Flughafen ansässigen Firmen Fedex oder UPS handelt.

Insgesamt kamen acht von zehn Gästen aus Deutschland oder den Nachbarländern. „Die Nachbarn haben uns wiederentdeckt.“ Unter der Leitung von Jürgen Amann, der seinen Job unmittelbar vor der Krise angetreten hatte, hatte Köln während der Pandemie verstärkt in den Nachbarländern und Deutschland selbst geworben – unter anderem mit Aktionen in Berlin, einem Werbespot mit der Bahn und einer Magazin-Beilage in überregionalen Tageszeitungen.

Wie haben die Hotels die Krise überstanden?

Mit rund 36.000 Hotelbetten gab es 2022 sogar 5,5 Prozent mehr Betten als 2019. „Die befürchtete Pleitewelle ist nicht eingetreten.“ Es gab einige Häuser, die aufgegeben haben, dafür sind aber eine Reihe jüngere, trendige Hotels wie das Ruby Ella am Ring oder die Koncept Hotels dazugekommen. Mit dem sanierten Dom-Hotel wird es bald ein neues Fünf-Sterne-Haus geben. „Und es gibt Gerüchte, dass in der Innenstadt noch ein weiteres Fünf-Sterne-Haus entstehen soll. Das kann Köln gut verkraften. Und es zeigt: Köln ist ein A-Standort bei Investoren.“

Welches Image möchte Köln haben: Ballermann gegen Kultur?

Jahrzehntelang sei die Strategie „Höher, schneller, weiter“ gewesen. Das habe auch geklappt, immer mehr Touristen kamen. Die seien aber eher „abgearbeitet“ worden, so Amann. Jetzt wolle man aber eine qualitative Entwicklung – und ganz bestimmte Zielgruppen erreichen. „Köln wird als Kulturstandort massiv unterschätzt, wir sind nicht nur der Dom.“ Laut einer Umfrage verbinden Menschen mit Köln vor allem Offenheit, Kreativität, Diversität und Geselligkeit. Museen, Streetart, Gastronomie, Kunst und Musikszene und Veedelsatmosphäre müssten deshalb mehr beworben werden.

Angesprochen werden damit vor allem zwei Zielgruppen: eine etwas ältere, eher gutsituierte mit großen kulturellem Interesse und eine jüngere Gruppe, die digital- und trend-affin ist. „Dazu zählen natürlich keine Komasäufer.“ Will man diese Klientel fernhalten? Werden Junggesellenabschiede bald verboten? „Nein, kurzfristig lassen sich solche Phänomene natürlich nicht beenden. Aber wenn gezielt andere Gäste beworben werden und kommen, dann wird Köln für diese Gruppen irgendwann nicht mehr so interessant – ähnlich wie der Ballermann auf Mallorca.“

Wie sieht es bei den Geschäftsreisen aus?

Bei den Tagungs- und Messeveranstaltungen liegt die Zahl bei 77 Prozent des Vorkrisenniveaus und die Zahl der Teilnehmenden bei 83 Prozent. Allerdings konnten die Veranstaltungen wegen Corona-Einschränkungen auch erst so richtig in der zweiten Jahreshälfte starten. „Gegen Ende des Jahres gab es sogar mehr Nachfrage als Kapazitäten.“ Das Excelsior Hotel Ernst etwa bezeichnete den vergangenen Dezember als den besten in seiner Geschichte. Es sind 16 Veranstaltungslocations hinzugekommen. Größere Messen und Tagungen werden bleiben, so Amann. „Die Menschen brauchen den persönlichen Kontakt als Inspiration.“