Weil er keinen Platz in der Nähe bekam, muss der Siebtklässler um 5 Uhr aufstehen. Seit der Sperrung der Mülheimer Brücke ist die Situation noch schwieriger geworden.
„Unser Sohn ist am Ende“Kölner Schüler hat einen zwei Stunden langen Schulweg
Wenn bei Dusan (12) der Wecker klingelt, liegen seine Altersgenossen noch im Tiefschlaf. Um 5 Uhr muss der Siebtklässler jeden Morgen aufstehen. Durch die Auswirkungen der Sperrung der Mülheimer Brücke auf andere Linien, ist sein ohnehin schon langer Weg in die Gesamtschule Lindenthal nämlich noch länger geworden.
Wenn Dusan zu Fuß zur Haltestelle geht und dann die Bahn nimmt, ist er für einen Weg zwei Stunden unterwegs, wie seine Mutter Gordana Makic erzählt. „Er muss spätestens um 6 Uhr das Haus verlassen, um pünktlich in der Schule zu sein.“ Vier Stunden sind das täglich, die er auf dem Schulweg verbringt. Vor der Sperrung waren es auch nur 30 Minuten Schulweg weniger – also 90 Minuten für einen Weg. Zumal die Bahnen nie pünktlich seien und die Umstiege nicht funktionieren.
Absage von der Gesamtschule in der Nähe
Dusan wohnt mit seinen Eltern, seiner 19-jährigen Schwester und dem fünfjährigen Bruder in Seeberg. Sein Fall macht deutlich, was es für ein Kind und auch für die gesamte Familie bedeuten kann, in Köln aufgrund des Schulplatzmangels keinen wohnortnahen Gesamtschulplatz zu bekommen.
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Eigentlich hatte die Familie den Jungen in der nächstgelegenen Gesamtschule angemeldet. Dort bekam er wegen Anmeldeüberhangs eine Absage. Auch die Gesamtschulen in den angrenzenden Stadtteilen waren voll. Die einzige, die einen Platz für den angehenden Fünftklässler hatte, war die in Lindenthal.
Die ganze Kölner Familie ist mit ihren Kräften am Ende
Der Preis dafür ist hoch: Die ganze Familie sei nach mehr als zwei Jahren kräftemäßig komplett am Ende, sagt die Mutter. „Unser Sohn ist völlig erschöpft.“ Außerdem zeige er inzwischen depressive Tendenzen. Die Lehrkräfte meldeten zurück, dass der Junge angeschlagen und oft abwesend sei. Manchmal lege er sich einfach mit dem Kopf auf den Tisch. Freunde am Nachmittag treffen und so etwas wie ein Sozialleben als Jugendlicher aufbauen, sei aufgrund des langen Weges auch quasi unmöglich. Inzwischen sei ihr Sohn in Behandlung: „Die Fachärztin im sozialpädiatrischen Zentrum hat uns zum sofortigen Schulwechsel geraten“, sagt Gordana Makic.
Wenn das mal so einfach wäre: Alle drei Monate schreibt Makic wieder alle rundum liegenden Gesamtschulen an, ob sich über Warteliste oder Wegzug eines Kinder nicht doch ein freier Platz in einer 7. Klasse ergibt. Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule, Max-Ernst-Gesamtschule, Heinrich-Böll-Gesamtschule, Gesamtschule Wasseramselweg und Heliosschule: Überall steht Dusan auf der Warteliste, ohne dass sich etwas tut.
90 Minuten Fahrtzeit gelten als zumutbar
Die Bezirksregierung, deren Antwort dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, schrieb der Familie, dass ihr Kind zwar einen Anspruch auf Versorgung mit einem Schulplatz habe, aber nicht an der wohnortnahen Schule. Laut Fahrtkostenverordnung liege die zumutbare Fahrtlänge in der Sekundarstufe 1 bei 90 Minuten pro Weg. Und die Probleme durch die KVB, die den Weg auf zwei Stunden verlängern, seien ja nicht dauerhaft. Daher sei es Aufgabe der Eltern, eine Alternative an einer Schule mit freien Kapazitäten zu finden.
Die Eltern, die beide voll berufstätig sind und neben Dusan auch noch den fünfjährigen Sohn betreuen müssen, sind jetzt dazu übergegangen, ihren Sohn mit dem Auto zumindest ein Stück zu fahren, weil es so nicht mehr weiterging. Jetzt starten sie um 6.35 Uhr und bringen und holen ihn ein Stück des Weges, damit er zumindest bis 5.30 Uhr schlafen kann.
Hoffen auf einen Platz an einer anderen Kölner Gesamtschule
Sie versuchen, ihre Arbeitszeiten danach auszurichten, um ihrem Kind zumindest ein Stück Erleichterung zu verschaffen. Manchmal fühlten sie sich wie ein Logistikunternehmen, zumal die KVB oft nicht verlässlich fahre, so die Mutter: „Über eine installierte Family App verfolgen wir, ob wieder Bahnen umgeleitet werden, damit wir ihm erklären können, wie er von dort weiterkommt oder um ihn direkt dort abzuholen.
Wenn die KVB im Winter wegen schlechten Wetters nicht verlässlich fährt oder gar wegen Streik ausfällt, dann bricht bei uns der komplette Ausnahmezustand aus.“ Aber die größte Sorge machen sie sich über die psychische Verfassung ihres Sohnes. Irgendwie will Familie die Hoffnung aber nicht aufgeben, dass es doch noch irgendwo mit einem Platz klappt. „Für alles bis zu einer Stunde Schulweg wären wir schon sehr dankbar.“