Keine Züge, keine SitzungenMillionenverlust durch Karnevalsabsage in Köln
- Keine Sitzungen, keine Züge, kein Straßenkarneval. Den gewohnten Kölner Karneval wird es in dieser Session nicht geben.
- Das ist ein harter wirtschaftlicher Schlag. In der Session 2017/2018 wurden durch den Karneval 600 Millionen Euro umgesetzt. Ein Großteil wird nun wegfallen.
- Wir haben Kölner Wirtschaftsexperten zu den Folgen befragt.
Köln – Es ist, als würde eine deutsche Stadt mit 15.000 Einwohnern ein ganzes Jahr lang keine wirtschaftliche Leistung erbringen und einfach brach liegen. 600 Millionen Euro werden durch den Karneval in Köln erwirtschaftet – das ergaben Studien der Strategieberatung Boston Consulting Group und der Rheinischen Fachhochschule Köln, die im Auftrag des Festkomitees Kölner Karneval in der Session 2017/ 2018 durchgeführt wurden.
Etwa 6500 Arbeitsplätze hängen direkt am Karneval. Allein die Kölner Hotels verdienten 63 Millionen Euro an den 385.000 Übernachtungen von jecken Gästen. Die Gastronomie setzte 257 Millionen Euro um, so mancher Wirt überlebt nur wegen Karneval.
Schlimme Folgen für Gastronomie
Doch in diesem Jahr fällt der Karneval, wie man ihn kennt, aus. Keine Züge, kein Straßenkarneval, keine Sitzungen, keine vollen Kneipen – ein Millionenverlust für die Stadt. Christoph Becker, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Nordrhein, sagt: „Die Absage des herkömmlichen Karnevals wird schlimme Folgen für die Gastronomie haben. Gerade für die Saalbetriebe und die Kneipen sind die Einnahmen in der Session eine lebenswichtige Grundlage.“ Die Absage sei jedoch eine „schmerzliche Tatsache“, der man sich stellen müsse. Und außerdem im Hinblick auf den Gesundheitsschutz vernünftig. „Feiern in engen Kneipen wäre ohnehin nicht möglich gewesen.“
Auch Ulrich Soénius, stellvertretender Vorsitzender der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln, sieht „enorme Auswirkungen“ auf die Wirtschaft der Stadt. „Das ist ein herber Einschnitt, wenn diese Summen nicht fließen.“ Betroffen seien auch viele mittelständische Unternehmen wie Ordens- und Bonbonhersteller und Taxiunternehmer betroffen. „Da hängen Schicksale und Arbeitsplätze dran.“
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In Abwägung mit dem Schutz der Gesundheit sei die Entscheidung aber verständlich. Man wisse, dass die Ansteckungsgefahr bei Großveranstaltungen und in engen Räumen besonders hoch ist. „Wenn sich da viele Menschen infizieren würden und dann in den Betrieben fehlen, hätte das auch wiederum Folgen für die Wirtschaft. Es könnte zu regionalen Lockdowns kommen.“
Jürgen Amann, Chef von Köln Tourismus, sagt: „Die Entscheidung trifft uns in einem Jahr, das ohnehin schon sehr schwierig war, wirtschaftlich hart.“ Der Karneval sei ein Kölner Alleinstellungsmerkmal und für viele ein Reiseanlass. Nach den Messegästen und den internationalen Besuchern fallen nun auch noch die Karnevalstouristen weg. So ganz überraschend sei die Absage jedoch nicht gekommen und sie sei aus gesamtgesellschaftlichen Gründen auch richtig.
Deiters setzt auf kreative Jecke
Ganz unmittelbar betroffen ist der Kölner Karnevalskostüm-Riese Deiters. Jecke kauften in der Session 2017/18 1,6 Millionen Kostüme – damit verdienten die Händler 110 Millionen Euro. Deiters-Chef Herbert Geiss sagte bereits vor einigen Tagen dem „Express“: „Wir sind auf den Worst Case, also dass wir gar keinen Umsatz mehr machen, gut vorbereitet. Wir sind optimistisch, weil sich jetzt viele Leute, das Festkomitee voraus, über Alternativkonzepte Gedanken machen. Klar ist, dass der Jeck an sich sehr kreativ ist. Nicht nur bei der Kostümauswahl, sondern auch wo und wie gefeiert wird.