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Gelungener ErsatzWDR-Film „Pripro op jöck“ ist auch was für Nicht-Karnevalisten

Lesezeit 3 Minuten

Dreigestirn und Kinderdreigestirn mit FK-Präsident Kuckelkorn bei der Andacht vor dem Dreikönigenschrein im Dom.

Köln – Stell dir vor, das Dreigestirn wird proklamiert und keiner darf hin. Eigentlich unvorstellbar, aber Corona macht’s möglich. Deswegen hat das Festkomitee in der Pandemie-Session notgedrungen alles anders gemacht. Statt dem gesellschaftlichen Ereignis des Jahres im Gürzenich vor 1200 Gästen, ist jetzt in Zusammenarbeit mit dem WDR ein 90-minütiger Film entstanden: „Pripro op jöck“.

Der hatte am Sonntagabend seine Premiere im Dritten und konnte durchaus überzeugen, denn im Gegensatz zur herkömmlichen Aufzeichnung des Festes liefert er zahlreiche Informationen über Traditionen und Hintergründe sowie allerlei Geschichten um die Hauptdarsteller. Das macht den Film auch für Menschen interessant, die nicht so viel mit dem kölschen Karneval zu tun haben.

Dreigestirn als Bild der Hoffnung

So begründet gleich zu Anfang der Psychologe und Brauchtumsforscher Wolfgang Oelsner, warum es auch und gerade jetzt ein Dreigestirn geben sollte: „Wenn die Zeiten ungewiss sind, der Alltag wackelt, dann braucht es Zeichen der Beständigkeit.“ Hoffnung brauche ein Gegenbild zur Resignation, und das Dreigestirn sei so ein Gegenbild. „Im Dreigestirn fixiert sich symbolhaft die Idee von Beständigkeit, und damit die Hoffnung auf Zukunft.“ Karneval sei ein verrücktes Fest, so Oelsner: „Es ver-rückt unseren starren Blick nur auf das Jetzt.“ Es kann so viel mehr sein als das Exzesse im Straßenkarneval manchmal suggerieren.

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Das wird auch deutlich beim Zusammenschnitt einiger der sozialen Dreigestirns-Termine vergangener Sessionen, die es üblicherweise nicht ins TV schaffen: Blindensitzung etwa oder Besuche auf einer Palliativstation und im Kinderkrankenhaus. Hier kann man erahnen, welche Ausstrahlung das Dreigestirn auf Menschen haben kann.

Zuschauer können noch was lernen und mitnehmen

Stark und richtig gut gemacht auch die historischen Aufnahmen, die immer wieder eingestreut werden – weitgehend in Schwarz-Weiß. Da können auch viele Kölner Zuschauer noch was lernen und mitnehmen. Vom ersten Rosenmontagszug nach dem Zweiten Weltkrieg, der 1949 durch die Trümmer der Stadt zog und die darauf folgende Entschuttung des Gürzenichs durch das Dreigestirn und viele Karnevalisten, dem eigentlich ein Aprilscherz vorausging.

Von der Wiedereröffnung durch Bundeskanzler Konrad Adenauer 1955, der ersten Proklamation dort 1959 und der ersten TV-Übertragung 1961, bei der der damalige Oberbürgermeister Theo Burauen verriet, dass er dafür eigens „Fernseh-Kölsch“ habe lernen müssen. Gezeigt wurde auch der Skandalauftritt von Jupp Schmitz in Lederhose („Der Hirtenknabe von St. Kathrein“) aus dem Jahr 1964, nach dem sich das Fernsehen für 30 Jahre aus der Pripro-Übertragung ausklinkte.

Aber seit 1994 sind der WDR und seine Zuschauer wieder dabei. Wichtige Eckpfeiler dürfen auch im Film nicht fehlen: der Proklamationsakt durch Oberbürgermeisterin Henriette Reker, launige Reden von Guido Cantz und Martin Schopps sowie kölsche Lieder von Brings, die leise Töne beisteuerten: „Mir singe Alaaf“. Zum Finale dann eine Andacht aus dem Dom und ein Trifolium auf dem Vierungsturm – ein herrliches Bild.