Köln – Erstmals seit 15 Jahren ist die Willi-Ostermann-Medaille in Gold wieder verliehen worden. Bei einer großen Gala im Lindner-Hotel am Friesenplatz wurde Jörg P. Weber ausgezeichnet, musikalischer Büttenredner, Jazzgitarrist, Flitschvirtuose, Komponist, Entertainer und nicht zuletzt kölsches Original mit manchmal echt frecher Schnauze. Die Medaille überreichte der Vorsitzende des verleihenden Kuratoriums, Hendrik Biergans, die Laudatio hielt Sänger Ludwig Sebus. Der 97-Jährige ist nicht nur Vorgänger als Preisträger und großes Vorbild von Weber, sondern längst ein guter Freund.
Der Ausgezeichnete jedenfalls freut sich: „Die Willi-Ostermann-Medaille? Was soll ich sagen. Wenn de esu ne Fetz bess wie ich, der planlos durch die Gegend läuft, und angesichts der ganzen Mitkünstler gerade im Fasteleer, dann is dat schon ne joot jemeinte Schlag für die Künstlerseele“, sagt Weber voller Stolz. „Man liest die Namen: Karl Berbuer, Fritz Weber und vor allem Ludwig Sebus, meinen absoluten Liebling, Höhner, Bläck Fööss, und auf einmal steht da Jörg Paul Weber, das ist schon was Besonderes. Ich bedanke mich und versuche, dem gerecht zu werden auch in Zukunft. Mögen wir alle gesund in dieser Welt weiter Blödsinn machen dürfen.“
Jörg P. Weber: Neues Buch 90 Minuten lang eingesprochen
Jörg P. Weber ist speziell, eigenwillig. Gerade hat er ein Buch veröffentlicht, „Wo jeit et he op die Bühn?“ (Marzellen-Verlag, 12,95 Euro, als Hörbuch über Streaming-Dienste). Er habe das Ding eingesprochen, 90 Minuten lang, ohne Pause, erzählt er bei der Vorstellung im Maritim. „Wat soll ich sagen – ich bin Redner.“ Dann habe er seinen Kumpel, den Autor Michael Knipprath, angerufen. „Knippi, mer schrieve e Booch.“ Dä. Ein echter Weber, er denkt einfach anders. „Dat he es de Essenz vun däm, wat üvver 20 Johr jebruch hät, öm JP Weber ze weede“, schreibt Knipprath, mit Herz und Seele. Wenn man verstehen wolle, was in einem Künstler so vorgehe, bevor er auf die Bühne geht, müsse man das Buch lesen.
Der Komponist Hunderter Lieder für sich und andere Interpreten und einer der gefragtesten Musiker der Region hat bereits bei weit mehr als 5000 Konzerten und über 300 CD-Veröffentlichungen mitgespielt, bevor er ab 2014 vermehrt als Solokünstler für Aufmerksamkeit sorgte. Weber liebt das kölsche Krätzjer, verbindet es mit Blues, handgemachtem Rock’n’Roll und Blödsinn in der Tradition kölscher Büttenredner.
Hans Süper schenkt Weber die Süper-Flitsch
Er ist emotional und bescheiden. „Ich bin ja nur Hauptschüler“, stellt er sein Licht unter den Scheffel, um dann im Buch Weisheiten rauszuhauen wie „Die Sproch es et Künne. Ävver wann do nix ze sare häs, nötz Dir de beste Sproch nix.“ Altmeister Hans Süper hat ihm eines seiner Instrumente geschenkt – die Süper-Flitsch als Staffelstab an einen würdigen Nachfolger. Zuletzt ist Weber mit großem Erfolg als Teil des Trios Herrengedeck in Erscheinung getreten, mit Volker Weininger und Martin Schopps.
Die Gala bot einen würdigen Rahmen. Musik von der Hänneschen-Band, King Size Dick und King Loui, ein Grußwort des Kulturdezernenten Stefan Charles, einen historischen Tanz und ein Auftritt des Hänneschen-Ensembles zwischen den Gängen des Dinners, bevor nach Preisverleihung und Dessert Jörg P. Weber und Ludwig Sebus das Finale bestritten.
Der Preis und das Kuratorium
Die Willi-Ostermann-Medaille wurde von dem Verleger Hans Gerig, einem Vertrauten von Willis zweiter Ehefrau Käte Ostermann, gestiftet und ab 1967 in unregelmäßigen Abständen verliehen. Sie galt viele Jahre als wichtigste Ehrung für Künstlerinnen und Künstler, die sich um das Kölsche Liedgut verdient gemacht hatten. So gehörten die Bläck Fööss, die Höhner, Willy Millowitsch, Grete Zimmermann, Ludwig Sebus oder Hans Süper zu den Ausgezeichneten. Der damalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen war 2007 der letzte Medaillenempfänger.
Ralf Bernd Assenmacher, Ehrenpräsident des Festkomitees, hatte für die Einbindung der Preisverleihung in den Ablauf der Prinzenproklamation gesorgt. Er bewahrte die Stiftungsunterlagen über die Jahre und regte jetzt in Absprache mit der Willi-Ostermann-Gesellschaft an, die Verleihung der Medaille wieder aufleben zu lassen. In Zukunft soll ein Kuratorium unabhängig von der Karnevalsgesellschaft die Tradition wieder aufnehmen. Das jetzt eingesetzte Kuratorium strebt an, dafür eine Stiftung zu gründen. Erster Vorsitzender des Kuratoriums ist Hendrik Biergans, Alt-OB Fritz Schramma ist sein Stellvertreter. Die Willi-Ostermann-Gesellschaft wird vertreten durch den jeweiligen Präsidenten, aktuell Ralph Schlegelmilch, und den Senatspräsidenten, aktuell Michael Nücken. Außerdem sind Philharmonie-Intendant Louwrens Langevoort, Isabelle Assenmacher sowie Frauke Kemmerling in dem Gremium vertreten. Schirmherrin ist Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
„Erinnerung, Tradition, Brauchtum, Karneval, all dies ist enorm wichtig für die Menschen unserer Stadt“, sagt Hendrik Biergans. „Diese Komponenten dienen als sozialer Halt, als verlässliche Konstante und fördern stets Neues, um den Menschen einen willkommenen Ausgleich zum belastenden Alltag zu bieten.“ Biergans, beruflich Manager Corporate Affairs & Communications beim Tabakkonzern JTI Deutschland, im Karneval Mitglied der Willi-Ostermann-Gesellschaft und Hospitant bei den Roten Funken, will die Auszeichnung zu alter Bedeutung führen. Er und sein Kuratorium werden sich messen lassen an seinem Satz: „Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.“ Der erste Preisträger unter seiner Ägide ist Jörg P. Weber.