Kölner angeklagtBlitzer-Attrappe im Vorgarten – so hat das Gericht entschieden

Der Blitzer im Vorgarten von Jannik Jung ist eine Attrappe – sie soll Raser verschrecken.
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Köln – Über einen besonderen Fall von so genannter Amtsanmaßung hatte am Montag das Amtsgericht zu befinden. Angeklagt war Jannik Jung (36), ein gelernter Tischler und Baustoffprüfer, der mit zweien seiner vier Kinder in Holweide lebt. Vor etwa einem Jahr hatte er in seinem Vorgarten eine Blitzerattrappe aufgestellt, denn immer wieder hatte er beobachtet, dass sich Auto- und Motorradfahrer in der scharfen S-Kurve vor dem Haus nicht an die Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern hielten. „Meine Kinder hatten Angst, die Straße zu überqueren“, sagte er vor Gericht, außerdem gebe es im Viertel einen Kindergarten und eine Gesamtschule. Der falsche Starenkasten, an einem „Bastelnachmittag“ entstanden, habe die gewünschte „nachhaltige Wirkung“ gehabt. Dass sein Vorgehen illegal sein könne, sei ihm nicht in den Sinn gekommen.
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Im Strafgesetzbuch heißt es: „Wer sich unbefugt mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befasst oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Dem Vernehmen nach zeigte ein Autofahrer den 36-Jährigen an.„Mein Ziel war es, den Leuten in Erinnerung zu rufen, dass dort Tempo 30 gilt“, sagte Jung.
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Von den Behörden sei all die Jahre nicht das Nötige veranlasst worden. Zwar habe die Polizei einmal für 30 Tage ein Messgerät aufgestellt, doch als Durchschnittsgeschwindigkeit seien lediglich 33 Stundenkilometer ermittelt worden – zu wenig, um weitere Maßnahmen zu veranlassen.

Der Angeklagte (r.) mit seinem Verteidiger
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Das Messergebnis sei aber irreführend, sagte Jung, denn darin eingerechnet sei, dass die Autos, wenn Berufsverkehr herrsche, stundenlang im Schritttempo fahren oder im Stau stehen würden. Zu anderen Zeiten würden Auto- und Motorradfahrer durch die Kurve jagen.
Also bastelte er damals jenen Kasten und stellte ihn auf. Um zu unterstreichen, dass er sich nicht staatliche Autorität habe anmaßen wollen, sagte er, er habe den Pseudo-Blitzer „absichtlich nicht so gebaut, dass er wie echt aussieht“. Das mochte die Richterin ihm nicht abnehmen. Schließlich sei sein Ziel gewesen, „auf den Verkehr einzuwirken“. Entscheidend zur Beurteilung des Falls sei, ob er den „Anschein einer Amtshandlung“ habe erwecken wollen.
Attrappe nach Anklage abgebaut
Das sei geschehen. Verteidiger Martin van Bühren hielt dagegen, allein der Aufbau der Attrappe erfülle nicht den Straftatbestand; das wäre nur der Fall, wenn auch geblitzt worden wäre. So oder so, die Richterin, deren Einschätzung die Staatsanwältin folgte, zeigte großes Verständnis für das Vorgehen des 36-Jährigen, der die Attrappe gleich nach Erhalt der Anklage abgebaut hatte.
Es sei zwar „strafbar, aber nachvollziehbar“. Jung habe nicht das Motiv gehabt, „jemandem zu schaden“, sondern in guter Absicht gehandelt und dabei nicht gewusst, dass er eine rechtliche Grenze überschritt. Wegen „geringer Schuld“ stellte sie das Strafverfahren ein.